Crack Ignaz & Wandl – Geld Leben (2016)
(Melting Pot Music / Groove Attack)
Damit wir uns nicht falsch verstehen: »Kirsch« war der Wahnsinn, überzuckerter Schmäh, rosa Brille, großes Fressen. »Kirsch« hätte für Crack Ignaz aber auch schon das Ende der Fahnenstange sein können; der Punkt, an dem irgendein beliebiger Zeitgeist-Pop-Höhenflug seine kurze Bahnkurve beginnt, an dem der Künstler vom Bandcamp-Hustler zur unerwarteten Neo-Isaac-Hayes-Sleazyness alles durchdekliniert hat und danach in jede Richtung nur hätte stolpern können. »Geld Leben« mit Wandl war dann gewissermaßen ein Rückzug ins Konservative, die komplette Antithese zur zwischendurch gedroppten LGoony-Kollabo »Aurora«, ein komplexer Gegenspieler zu »Kirsch« und die Absage an all die diffusen Erwartungen, die man zu diesem Zeitpunkt an den releasewütigen Ignaz haben konnte. Dass Produktionspartner Wandl gerade dabei war, sich endgültig vom treffsicheren Type-Beats-Lieferanten zum musikalischen Vordenker zu emanzipieren, tat ein Übriges: Ignaz konnte wieder so kryptisch, ignorant und sprunghaft sein, wie er wollte. Er verschwand im hüfttiefen Soul und tauchte zu jedem Atemzug mit depperten Vergleichen, Ansagen und Mundart-Punchlines wieder auf. Irgendwo zwischen »Dare Iz A Darkside«, dem erklärten Vorbild »Piñata« und lässiger »Donuts«-Schnipsel-Ästhetik ballert »Geld Leben« in 42 Minuten so verschwenderisch mit denkwürdigen Momenten, dass man sich nie wieder Gedanken um das künstlerische Wohl des Crack Ignaz machen musste. Dass »Kirsch« das wichtigste österreichische Rapalbum seit »Versager ohne Zukunft« sei, habe ich in JUICE #169 behauptet. Dass »Geld Leben« noch weitaus besser altern wird als sein Vorgänger, kann man spätestens jetzt in Stein meißeln.
Text: Ralf Theil
Dieses Feature erschien erstmals in JUICE #187. Aktuelle und ältere Ausgaben könnt ihr versandkostenfrei im Online-Shop bestellen.
