Die 20 meistunterschätzten Deutschrapalben // Feature

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Der Klan – Flashpunks (2000)


(Put Da Needle To Da Records / Universal)

»Flashpunks« ist eine Insel; eine schroffe, kantige Insel, deren Ureinwohner dich zunächst zwar kumpelig bei der Hand zu nehmen scheinen, dir mit seltsamen Klängen, Slangs und Ritualen aber doch nie das Gefühl geben, hier wirklich hinzugehören. Bei Lord Scan, Italo Reno und Germany bist du immer nur Gast auf Zeit. Vielleicht ist es dieses unterschwellige Empfinden, das es dem einzigen Klan-Album vor 18 Jahren so schwergemacht hat, auf breite Gegenliebe zu stoßen. Dabei waren die Umstände denkbar gut: Curse hatte die Mindener Kosengs auf seinem Riesendebüt ­»Feuerwasser« ein halbes Jahr zuvor ordnungsgemäß abgefeiert, Put Da Needle To Da Records war die Untergrundlabel-Instanz der Herzen und das »Katzengold«-DIY-Video flackerte sogar mal im deutschen Musikfernsehen auf. Aber die Einzigartigkeit, die man heute an »Flashpunks« schätzen muss, war schlichtweg zu viel für die nivellierte Deutschrap-Mittelschicht. »Flashpunks« ist voller Sauf- und Raufgeschichten, Battlerap und Flows, deren Verstrahltheit von Lord Scan mit unerreicht abstraktem, elektronischem Funk – nun ja, nicht nur untermalt, sondern mit einer Tonne Plutonium in deine Amygdala geprügelt wurde. Seiner Zeit voraus zu sein, ist oft ein extrem undankbares Kompliment. Scan existierte aber völlig außerhalb jeglicher Zeit und war – als vielleicht einziger Produzent in Deutschland – immer nur sein eigener Kontext. Ob diese Beats das Erbe von »Flashpunks« weitaus mehr bestimmen als die MC-Qualitäten von Reno und Germany? Ja, schon. Ob »Flashpunks« aber als Gesamtpaket aus klar definiertem Asi-Rap, brachialem Sound (sorry, hier sagt man ja »Gaila Sount«) und der übertriebensten Verpackung der Prä-Premiumboxen-Ära absolut unantastbar geworden ist? Unbedingt! Ende 2000 liebte nicht jeder Rap-Fan den Klan. Aber jeder kannte Minden, diese schroffe, kantige Insel und ihre eigenbrötlerischen Rap-Einwohner. »Flashpunks« war eine Konfrontationsmaschine zwischen Psychose und Pogo, die immer kurz vor der Eskalation stand. Und »Flashpunks« war Minden.

Text: Ralf Theil

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