Die 20 meistunterschätzten Deutschrapalben // Feature

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Mädness – Unikat (2007)

(Kehlkopf Aufnahmen / Groove Attack)

Ein Sympathieträger war Mädness schon immer. Dafür brauchte es gar nicht seinen brillanten Hochgeschwindigkeits-Flow, den unvergessenen Job als splash!-Host in der Prä-Ferropolis-Ära und schon gar nicht die ironische Distanz als mehr oder weniger ge­scheiterten Rapper-Existenz beim Mini-Comeback 2014. Überhäuft mit Olli-Banjo-Verglei­chen, den er damals noch backte, erschien das Debüt »Unikat« in einem Deutschrap-Umfeld, das dank finsterer Aggro-Epigonen und der allgemeinen Filesharing-Depression seine Leichtigkeit und seinen Humor vergessen hatte. »Unikat« war anders, denn Mädness’ hessische Battlerap-Kalauer und die damals unheimlich wichtige Triple-Reimpräzision versprühten den unwiderstehlichen Charme eines sprücheklopfenden Lausbuben, der sich seine Liebe zu HipHop nicht von ­rappenden Türstehern, aber auch nicht von der kulturkritischen SPD-Politikerin Monika Griefhahn ausreden lassen wollte. Lieber feiert de Gude mit Seelenverwandten wie Patrick mit Absicht, Baggefudda und Marteria die eigene Freakness bei Leberkäsebrötchen oder zur Afterhour in der Eckkneipe. In einer Zeit, in der sich auch mittelstandsdeutsche Rapper krampfhaft Ghettoromantik in die Sechzehner sponnen, zelebrierte Mädness das Alman-Sein, bevor man es so nannte. Herzblut-Statements wie »Nein, ich bin kein Krimineller/Doch ich reim kriminell seit Freestyle-Zeiten im Keller« offenbarten dazu, wie tief Mädness mit Hip­Hop verbunden war. Doch gerade durch die reflektierte, ironische Distanz zum damaligen Betonbombast, und weil sich seine Producer Phonk D, Iron, Rockko und Tesk auch an technoiden Electro-Synthies versuchten, war »Unikat« das zwingende LP-Bekenntnis, das die deutsche HipHop-Kultur damals brauchte. Denn die Zeit war reif für einen Szenenwechsel. Nur die Szene offenbar noch nicht.

Text: Fionn Birr

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