Die 20 meistunterschätzten Deutschrapalben // Feature

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Kamp & Whizz Vienna – Versager ohne Zukunft (2009)

(Vienna International Records / Hoanzl / Groove Attack)

Okay, Gedankenexperiment: die Verantwortung des Kunstkonsumierenden. Seit nunmehr neun Jahren sitzt man auf »Versager ohne Zukunft«, dem wohl zerbrechlichsten Monument der österreichischen Rapgeschichte, dem Magnum Opus von Kamp und Whizz Vienna. Und ohne die Qualität und Bedeutung von Whizz’ Produktionen irgendwie schmälern zu wollen: »Versager ohne Zukunft« lebt letztlich von der brutalen, hysterischen und selbstverachtenden Offenheit, mit der Kamp uns seine Geschichten vom Kaputtgehen und Verzweifeln auftischt; diese Geschichten, die, wie der Stoli mit jedem randvollen ­Stamperl, mit jedem Verse leichter reingehen, dich aber auch rücksichtslos mit in den Abgrund ziehen – auf Ex, bis am nächsten Tag nur ein dumpfes Brennen bleibt. Bis heute war das Hoffen auf ein Nachfolgealbum vergeblich. Die unangenehme Frage bleibt: Kann man das überhaupt wollen? Wünscht man Kamp eine Neuauflage dieser trümmerigen Lebensphase, aus der ein detailverliebter Klassiker wie »Versager ohne Zukunft« entstehen konnte? Hat man nämlich einen Funken Empathie im Leib, verzichtet man lieber – auch wenn es schweren Herzens geschieht. Es ist gut zu wissen, dass es Kamp besser geht, und wenn das der Grund dafür ist, dass er uns als Rapper nicht mehr viel zu sagen hat, haben wir uns gefälligst zu freuen – für ihn. Solange wir immer noch nicht jede Referenz und Randnotiz auf Vau-oh-Zett entschlüsselt haben, sind wir ohnehin nicht fertig mit diesem »ersten und letzten Album«, das ganz nebenbei für eine nie zuvor gespürte, nachhaltige Akzeptanz von Rap aus Österreich gesorgt hat. Der Kunstkonsumierende bleibt lieber dankbar und demütig. »Ach, Schwanz drüber.«

Text: Ralf Theil

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