Kollegah: »Ich habe etwas Einzigartiges geschaffen« // Interview

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Von Headset zu Jetset

Knappe zehn Jahre ist es her, dass Felix Antoine Blume zum ersten Mal zum Stift griff, um Reime zu schreiben. Dass er erst Mitte der Nullerjahre mit dem Rappen beginnt, wird er in seinen Anfangs­jahren nicht müde zu betonen. Auch heute noch, lange nachdem das einstige Internetphänomen zum veritablen Superstar samt Goldschallplatten und einer guten Million Facebook-Fans geworden ist, beharrt er darauf: »Ich habe Deutschrap von Anfang an revolutioniert.« Ende April ernennt sich der Boss nun auch selbst zum »King«. Traditionalisten fragen sich: Wie konnte es soweit kommen, dass ein solch absurder Typ die Szene mit seinem Silbengemetzel komplett unterwandert? Deutsch-­Kanadier, Moslem, Fitnessfanatiker, Jurastudent, Malwettbewerbschampion: Eine Spurensuche im Leben von Kollegah, dem widersprüchlichsten Künstler der hiesigen Raplandschaft.

Geboren in der Nähe von Frankfurt am Main, wächst Blume im beschaulichen Städtchen Simmern im Hunsrück auf. Als Scheidungskind geschieht dies, wie er im Gespräch versichert, für deutsche Verhältnisse in Armut. »Ein gängiges Vorurteil ist ja: Der ist in einer deutschen Familie groß geworden, dem ging es immer gut.« Früh weckt die Dorftristesse und Mittellosigkeit seiner Mutter, die sich zwischenzeitlich als Putzfrau über Wasser halten muss, den Unternehmergeist des Jungen: »Ich wusste schon zu Schulzeiten, dass das alles nichts bringt. Am Ende sitze ich dann in irgendeinem Büro oder stehe am Fließband.« Okay, so weit, so nachvollziehbar. Aber jetzt bitte nicht wieder die ausgeschmückte Geschichte vom Leben als Drogenbaron und Lude. Nein, Kollegah erzählt seine Geschichte heute anders: Als 15-Jähriger hört er, dass es in Vietnamesen-Märkten hinter der tschechischen Grenze für kleines Geld gefälschte Designerkleidung gäbe. Von nun an verbringt er seine Wochenenden mit Busreisen nach Tschechien: »Ich saß als einziger Jugendlicher in Bussen voller Rentnerinnen. Dafür kam ich mit vier oder fünf Sporttaschen voller gefälschter Kleidung zurück.« Die Ware wird er bei Online-Auktionen los, die Gewinnspanne ist ­enorm. Mit 18 leistet er sich eine eigene Wohnung und einen Wagen, fährt wöchentlich Richtung Osten: »Ich hatte irgendwann ein eigenes Zimmer voller gefälschter Klamotten. Die ganze Stadt und die umliegenden Dörfer wurden von mir mit 2Pac– und Ruff Ryders-Plastikanzügen versorgt.« Gleichzeitig entdeckt er die große Nachfrage nach billigem Glitzer-Modeschmuck: »Als einer der ersten hier habe ich gefälschtes Bling-Bling-Zeug aus China importiert. Richtige Scheißuhren, auf denen nur ein paar Zirkonia­steine gefunkelt haben. Die kosteten pro Stück vier Euro plus Zoll. Auf eBay waren die Dinger zwischen 50 und 60 Euro wert.«

Powerseller statt Puder-Ticker? Nach ein paar Jahren dann das böse Erwachen: Ein Designer und zwei Sportartikelhersteller schicken Abmahnungen wegen des Handels mit gefälschter Ware. Die eBay-Konten werden gesperrt, nach außergerichtlicher Einigung zahlt der junge Boss insgesamt 13.000 Euro an die drei Unternehmen. Fast zeitgleich trifft eine Schmucklieferung im Wert von 5.000 Euro ein. Aufgrund der Sperrung seiner Konten fehlen jedoch Abnehmer für die Ware. Zusammen mit ­Waldemar Baierle, einem Schulfreund, den er als geschäftstüchtig ausgemacht hat, macht er von nun an gemeinsame Sache. Später wird Baierle erfolgreicher Online-Unternehmer: »Die Webseite, die Waldemar damals aufgebaut hat, gibt es bis heute. Er ist der deutschlandweit größte Anbieter, heute verkauft er auch echtes Gold und Platin.« Baierle selbst gibt sich am Telefon bescheiden: »Ja, es läuft ganz okay.« Das mit dem Schmuck hätten er und sein Kumpel Felix anfangs gemeinsam mit ein paar anderen Freunden gemacht, später wäre man getrennte Wege gegangen. Die Anfänge von Kollegahs Karriere als Drogendealer hätte er nur noch am Rande mitbekommen.

Dann am Ende also doch nicht Felix the Jeweler, sondern Toni the Hustler? Wieso eigentlich Drogen, wenn man mit Pseudo-Bling halbwegs legal recht gut verdient? »Ich war der festen Überzeugung, dass das einfach der nächste Schritt ist.« Auch seine vermeintlich fehlende Glaubwürdigkeit als Dealer weiß er zu kontern: »Es heißt oft, ich würde Scheiße labern, wenn ich behaupte, irgendwelche krummen Dinger gedreht zu haben. Ich war auf keinen Fall der krasseste Gee, aber ich habe schon in meiner Jugend immer versucht, Kohle ranzuschaffen.« Nach kurzer Eingewöhnungsphase inklusive erstem Marihuanakonsum (»Beim ersten Mal habe ich nichts gemerkt. Beim zweiten Mal war ich dann richtig platt und habe beschlossen, dass das nichts für mich ist.«) steigt er ins Ticker-Business ein. Zuerst Haschischplatten, später importiert er in Eigenregie Gras aus Maastricht. »Gleichzeitig habe ich angefangen, am Flughafen Frankfurt-Hahn bei einem Busreisen-Anbieter zu arbeiten. In der Zeit habe ich den Flughafen als Umschlagplatz genutzt. Die Waren­übergabe fand immer auf der Toilette unter der Tür statt.« Doch als die Rapkarriere binnen kürzester Zeit erste ­Früchte trägt, wittert er die Chance, zum ersten Mal auf ehrliche Art gutes Geld zu verdienen. Bei Selfmade nimmt ihn Labelchef Elvir Omerbegovic bereits nach einer E-Mail unter Vertrag: »Ich habe Elvir damals geschrieben: ›Hör dir das Zuhältertape an. Wenn du’s feierst, dann sign’ mich, wenn nicht, dann fick dich!‹« Mit dem Umzug nach Düsseldorf folgt 2007 der Entschluss zu einem kompletten Neuanfang. »Ich habe ein sehr ausgeprägtes Empfinden für richtig und falsch, gut und böse. Mit meinem Charakter konnte ich die Arbeit als Dealer nie vereinbaren.«

Was anschließend passiert, ist sowohl auf Tonträger als auch in den einschlägigen Medien bestens dokumentiert: Kollegahs Bekanntheitsgrad steigt von Release zu Release, neben den Soloalben »Alphagene« (2007), »Kollegah« (2008) und »Bossaura« (2011) bildet vor allem die »Zuhältertape«-Reihe die Basis seines musikalischen Erfolgs. Spätestens nachdem »Jung, brutal, gutaussehend 2« mit Farid Bang Anfang vergangenen Jahres mit mehr als 80.000 abgesetzten Einheiten in der ersten Verkaufswoche Heino von Platz 1 der Albumcharts verdrängt, kann es sich niemand mehr erlauben, den Boss zu ignorieren. Bei all dem Hype um Chartplatzierungen und Verkaufsrekorde fällt auf: Nicht nur das fleißige Doubletime-Geflexe, die Doppel-, Trippel- und Quadrupelreime und ein schier unendlicher Vorrat an Vergleichen straight outta Absurdistan haben es der stetig wachsenden Fangemeinde angetan. Die Kunstfigur Kollegah besticht auch abseits der Gesangskabine durch die Vermischung von Fitnesswahn, Angeberei und abstrusem Humor. So gehört die »Kollegah unterwegs«-Reihe auf dem Selfmade-Kanal zu den Lichtblicken moderner YouTube-Unterhaltung, die Interview-Antics des Bosses samt »Freunde, …«-Weisheiten werden auf den Schulhöfen der Nation rezitiert. Kolle ist bigger than rap – auf zu gleichen Teilen erfrischende, bescheuerte und unverkrampfte Art.

Ein Jahr nach »JBG2« steht nun das vierte Kollegah-Soloalbum an. Grund genug, der Zukunft gelassen entgegenzusehen. Hart ist es dennoch, dieses Lebens eines Bosses. Und so muss Kollegah während des ­Interviewtermins bei einem Nobelitaliener an einem sonnigen Januartag erst einmal auf Betriebstemperatur kommen. Frisch vom Videodreh mit den Kollegen Bushido und Farid Bang, der erst in den frühen Morgenstunden zu Ende geht, kommt er alleine und zu Fuß zum Treffen. Die harte Arbeit des Vorabends steckt Ihrer Bosshaftigkeit noch in den Knochen. Zum Aufwachen wird Nachmittags um halb drei schwarzer Kaffee und Cola Light bestellt – eine Getränkeauswahl, von der der bekennende Koffeinjunkie während der nächsten zweieinhalb Stunden nicht abweicht. Nach Lammcarré mit Rosmarinkartoffeln scheint sich Kollegahs Laune zu bessern. Später wird er mir sagen, dies sei das ehrlichste Interview gewesen, das er je gegeben hätte.

Wenn du wirklich erst zu RBA-Zeiten mit dem Rappen begonnen hast, was hat dich dann in deiner Jugend musikalisch geprägt?
Ich habe 1996 oder 1997 angefangen, Rap zu hören. Da gab’s noch keinen Deutschrap, also habe ich alles aus Amerika gehört, was ich in die Finger kriegen konnte. Dann kam die Deutschrap-Zeit, da habe ich viele deutsche Sachen gehört. Ich konnte alles auswendig mitrappen. Scheißegal, ob es von Freundeskreis oder MOR war. Ich habe einfach alles gefeiert. Beeinflusst hat mich trotzdem nichts davon. Obwohl, der einzige, der mich vielleicht ein bisschen beeinflusst hat, ist Dendemann. Also in der Art, die Reime zu schreiben. Ich höre heute noch ab und an die alten Eins Zwo-Sachen.

Wie siehst du mittlerweile deine Relevanz? Was hast du bisher zu deutschem Rap beigetragen?
Ich sage das in der ersten Single zu »King« ganz gut: »Ich habe Battle-Rap revolutioniert, ich habe Doubletime-Rap revolutioniert, ich habe Deutschrap an sich revolutioniert.« Das ist eine Hommage an eine meiner ersten RBA-Runden, das Battle gegen BOZ, in der ich etwas ähnliches schon mal gesagt habe. Ich habe damals schon nach wenigen Wochen, als ich mit meinem 15-Euro-Mic die krassesten RBA-Runden aller Zeiten aufgenommen habe, Deutschrap revolutioniert. Damals haben das noch nicht so viele Leute gecheckt. Aber mein ganzer Style war etwas komplett Neues. Ich habe etwas Einzigartiges geschaffen, an dem sich viele orientiert haben und viele auch weiterhin orientieren, auch wenn sie nie an mich herankommen werden.

War die Anfangszeit nach deinem Umzug nach Düsseldorf nicht sehr ernüchternd?
Total. Am Anfang kam ja keine Kohle rein. Ich war es gewohnt, immer Geld zu haben. Dann kam ich nach Düsseldorf, kannte keine Sau und hatte kein geregeltes Einkommen mehr. Ich war gezwungen, hier und da leider wieder ein paar illegale Dinge zu machen, um mich über Wasser zu halten. Trotzdem habe ich meine ganze Energie in Rap gesteckt. Aber ich kam zu einer Zeit, in der Deutschrap in einem totalen Tief steckte. Für einen Newcomer wie mich war es beinahe unmöglich, damit Geld zu verdienen. Erst 2010 ist so wirklich der Knoten geplatzt, weil dann der neue HipHop-Boom begann. Ich habe drei oder vier Jahre lang von vergoldeten Privatjets gerappt, musste aber gleichzeitig schauen, wie ich genug Kohle zusammenkriege, um den Monat zu überleben. »Fake it ’til you make it« eben.

Wenn ich deine alten Interviews mit neueren vergleiche, kommt heute die Komponente Humor wesentlich mehr zum Tragen.
Klar. Man ist ja neu im Game und weiß noch nicht genau, wie man sich verhalten soll. Irgendwann dachte ich mir: »Scheiß drauf, dann bist du halt so, wie du bist.« Mittler­weile mache ich mir überhaupt keine Gedanken mehr darüber, wie irgendwas ankommen könnte. Auch die Herangehensweise an Alben hat sich völlig verändert. Speziell bei »Alphagene« hab ich mir damals total den Kopf zerbrochen.

Wie lief die Albumproduktion denn diesmal ab?
Ich habe viel ausgetauscht, es war ein richtig langer Arbeitsprozess. Schon während der Promophase zu »JBG2« fing ich mit dem Schreiben an, nicht viel später mit den ersten Aufnahmen. Im letzten Sommer war bereits die erste Version des Albums komplett im Kasten. Danach wurden kontinuier­lich Songs ausgetauscht und ein paar Features hinzugeholt. So lange habe ich noch nie an einem Album gearbeitet.

Du bist jetzt an einem enorm wichtigen Punkt in deiner Karriere: Du bist so bekannt wie nie zuvor, Deutschrap so populär wie nie zuvor. Da muss natürlich auch was kommen.
Jaja, da muss was kommen. Aber ich habe mir keinen Druck gemacht. Weil ich glaube, dass ich so oder so gut ver­kaufe. Zum ersten Mal seit langem hat das Texte schreiben und Rappen wieder richtig Spaß gemacht. Seit »JBG2« haben wir ein gewisses Standing und wir haben auch zum ersten Mal richtig ordentlich Kohle gemacht. Das befreit einen. Das ist, als würdest du in ’nem Fußballspiel direkt in den ersten zehn ­Minuten ein geiles Fallrückziehertor schießen. Danach hast du einfach einen Lauf. So habe ich jetzt mein krassestes Album gemacht. Da sind mehr Punchlines und Wortspiele drauf als auf meinen ganzen Alben zuvor zusammengefasst.

Gibt’s in Sachen Features Überraschungen?
Ich habe Casper drauf, was mich sehr gefreut hat. Das war schon für »Bossaura« geplant, aber es hat dann auch nicht zum Thema des Albums gepasst.

Weil Casper die Bossaura nicht hat?
Nee, Casper wollte das gerne machen. Aber ich habe dann gesagt, wir heben uns das auf. Jetzt hat es geklappt, obwohl Casper mit den ganzen Festivals und »Hinterland« extrem busy war. Er hat während dieser Phase noch in irgendeinem Radiostudio die Zeit gefunden, seine Strophe einzurappen. Ich glaube, dass er sich auch gefreut hat, mal wieder richtig auf ’nem etwas härteren Beat abgehen zu können. Das hört man. Außerdem habe ich endlich was mit Genetikk gemacht. Und Favorite habe ich mal wieder aus der Spielo gezerrt und ihm gesagt, »mach doch mal wieder nen Sechzehner, das wirst du doch hinkriegen«. Dann hat er sogar nen Zwanziger abgeliefert. So haben wir die ganzen Selfmade-Leute drauf. Außerdem natürlich Farid. Und ein Feature mit The Game.

Wie kam das zustande?
Ich habe immer wieder überlegt, einen Ami zu featuren. Aber wenn man keinen richtig großen Ami hat, dann ballert das nicht genug. Da gab’s immer mal wieder Leute in Deutschland, die z.B. irgendeinen aus der B-Liga von Dipset hatten. Es gab auch gute Sachen, aber niemand hatte ein Top-Feature wie z.B. 50 Cent oder Rick Ross. Oft wirkt so ein Feature auf dem Album wie ein Fremdkörper. Für mich war immer klar: wenn überhaupt, dann mit Game. Seit der am Start ist, feier’ ich den übertrieben.

Wie hat die Kontaktaufnahme funktioniert?
Game war ja schon öfter in Deutschland. Elvir hat ihn mal im Club getroffen und mit Pusher eingekleidet. Er hat einfach gewartet, bis er so besoffen war, dass er sich nicht mehr wehren konnte und ihm dann den Anzug angezogen. (lacht) Nein, das ist natürlich übertrieben. Die sind damals ins Gespräch gekommen. Jetzt haben wir den Sack eben zugemacht. Wobei Game darauf bestanden hat, den Track erst mal zu hören. Er fand’s geil und hat dann seinen Part recordet. Er achtet natürlich darauf, dass er nicht auf irgendeinem Scheiß gefeaturet ist.

Lass uns nochmal über das Casper-Feature sprechen. Mit deinem Gastauftritt auf ­seiner Splash-Show bahnte sich das auch an. Wie hast du den Auftritt selbst erlebt?
Mittlerweile habe ich bestimmt 500 Auftritte auf dem Buckel. Da war alles dabei, von vor 30 Leuten in irgendwelchen kleinen Diskotheken bis hin zu großen Festivals. Irgendwann geht die Aufregung vor dem Auftritt verloren. Aber beim Splash!-Auftritt hatte ich zum ersten Mal wieder ein mulmiges Gefühl, weil ich nicht wusste, ob die Crowd mich überhaupt feiert. Das Casper-Publikum hätte ich so eingeschätzt, dass die nichts mit mir anfangen können. Aber es haben sich alle gefreut, mich zu sehen. Das war einer der Momente, in denen ich gespürt habe, dass ich doch noch nicht alles erlebt habe.

Ich musste auch sehr schmunzeln, als mir vor dem Auftritt ein Kollege erzählt hat, dass ihr gleich »Mittelfinger hoch« zusammen performt.
Ich kenne Casper ja schon ewig. Er hat damals zu meiner RBA-Zeit auch zwei Battles gemacht und war schon auf meinem ersten Tape drauf. Damals habe ich ihm noch gesagt: »Du bist nach mir der beste Rapper Deutschlands«. Wir hatten immer Kontakt. Auf meinem Album hat er endlich auch mal wieder gerappt wie ein richtiger Mann. (lacht)

Mit Bushido hattest du über die Jahre auch immer wieder Kontakt. Bleibt das Feature trotzdem erst mal ein einmaliges Ding?
Bei mir zumindest schon. Zum Thema Kontakt: wir hatten ja vor Jahren auch ein Feature geplant, das dann nicht zustande kam.

Meinst du, Fler ärgert sich jetzt gerade sehr?
Boah, keine Ahnung, was der Junge darüber denkt. Ich kenne den ja nicht und kann das deswegen schwer einschätzen. Glaubst du denn, dass er sich ärgert?

Ich glaube schon. Wird denn auf deinem neuen Album gegen irgendjemand geschossen?
Von meiner Seite aus? Gar nicht. Ich wüsste auch nicht, wen ich dissen sollte. Ich habe gar keinen Grund. Was vielen gar nicht bewusst ist: Das letzte Mal, dass ich was gegen Fler gesagt habe, war auf »Fanpost«. Seitdem sind fünf Jahre vergangen. Außenstehende mögen das Gefühl haben, dass da die ganze Zeit Beef ist. Aber das kam alles nur von Flers Seite. Auf jedem Album, in jedem Interview hat er mich mehrfach erwähnt. Das grenzt fast an eine Obsession. Seit »Fanpost« war mir das alles völlig egal.

Wobei Farid auf »JBG2« viel gepöbelt hat und du damit assoziiert wurdest. Gab’s denn zwischen dir und Bushido eine Zeit, in der ihr euch nicht ganz grün wart?
Nein. Er hat damals noch zum ersten Teil von »JBG« gesagt, dass wir niemals an ihn rankommen werden. Wir haben uns gestern zum ersten Mal überhaupt getroffen.

Da »Gangsta Rap Kings« mit dir und Farid auf »Sonny Black« zu finden sein wird, ging die Zusammenarbeit von ihm aus. Ein gut kalkulierter Move, ein paar Monate nach: »Farid Bang wird in Berlin geschlachtet wie ein Rindvieh«, eine Kollabo mit euch zu präsentieren.
Wobei diese Line auf dem Konzert ja auch von Shindy gerappt wurde. Das wurde im Anschluss auch klargestellt. Zu der Zeit hat er mich gefragt, wie es mit unserem Feature aussieht. Ich habe ihm dann deutlich gemacht, dass er zuerst diese Geschichte mit Farid klären muss. Er hat mir dann erklärt, dass die Line zu einer Zeit entstanden ist, als Kay mit Farid rumhing. Von daher war das sowieso verjährt. Ab da gab es dann grünes Licht für die Zusammenarbeit. Ich hätte aber nicht mit ihm zusammengearbeitet, wenn er Farid weiterhin beleidigt hätte.

Du hast im Vorfeld erklärt, dass das neue Album den Sound der »Zuhältertapes« wieder aufgreifen wird. Trotzdem nennst du das Album »King«, um noch ein bisschen gegen Savas zu schießen.
Ja, genau. Der ist bestimmt angepisst. Er will ja unbedingt der King of Rap sein, aber das toleriere ich jetzt nicht mehr. Er behauptet ja auch, ich würde den Takt nicht treffen. Das muss man sich mal vorstellen: Das ist ein übergewichtiger Asthmatiker, der im Studio aufgrund seines Flows fast kollabiert. Der wechselt vom Freestyle ins Schreien und will uns das als Rap-Offenbarung verkaufen. Da braucht er sich auch nicht zu wundern, wenn ich mein Album »King« nenne. Mit dem Album stelle ich endgültig klar, dass es nicht mehr so weitergeht.

Hast du nicht gerade gesagt, dass es keine Disses auf dem Album geben wird?
Das ist ja auch kein Diss, sondern nur eine Klarstellung der Fakten.

Wo wir schon bei Savas sind: was ist denn mit Laas?
Laas hat ein Battle gemacht. Gegen Drob Dynamic. Das hab ich mir angeguckt. Fand ich gut. Bei aller Feindschaft zwischen uns, die ich ja noch nie so ernst genommen habe, muss ich sagen: Da hat er echt gut ausgepackt. Das wird ihm zwar die Karriere nicht mehr retten, aber für diese Aktion kriegt er Props von mir. Er hat ihn zerstört, den Fettsack.

Laas war letztens auch bei uns in der Redaktion und hat sein neues Album vorgespielt. Er rappt auch viel darüber, dass er am Boden war und ihn dieses Battle wieder zurückgebracht hat.
Ehrlich jetzt? Das ist genau das, was er nicht machen sollte. Da finde ich in der Selbstinszenierung einfach zu viele Fehler. Alles zu verkrampft. Einfach machen, nicht darüber reden. Wenn ich jemanden im Battle ficke und danach wieder in jedem Interview darüber rede, dann verpufft dieser ganze Effekt. Er rappt solide, ist aber ein absolut unsympathischer Typ. Genau wie Fler. Als Person mit gesundem Menschenverstand kann man diese Leute nicht feiern, weil es einfach die übelsten Unsympathen sind. Verkrampfe Spastis. Ekelhaft. Wenn ich mir deren Interviews anschaue, schüttele ich die ganze Zeit nur mit dem Kopf. Die merken nicht, wie behindert sie sind. Aber für das Battle trotzdem Props. Auch wenn es von »8 Mile« inspiriert war, war es geil umgesetzt. Große Props, Laas, aber du bleibst trotzdem ein Spasti.

Trotzdem meinte Laas zu uns, dass er dir im Zweifelsfall auch verzeihen würde.
Natürlich würde er das. Wenn ich jetzt ein Feature mit ihm machen würden, wäre das seine einzige Chance, in dieser Szene wieder Fuß zu fassen. Aber das wird nicht passieren. Er soll noch ein paar Mal Drob Dynamic battlen und sich dann mit den Twitter-Props zur Ruhe setzen.

Nochmal zurück zum Album: Prinz Pi sagte in unserer letzten Ausgabe, dass ihn »JBG2« zwar sehr gut unterhalten hätte, es aber so langsam Zeit für die richtig perfekte Kollegah-Platte wäre.
Pi ist einer, den ich sehr mag und immer supporte. Auch wenn ich die Mucke mittlerweile nicht mehr so feiere, ist dieser Typ für mich menschlich gesehen korrekt. Ich habe meine erste Tour zusammen mit ihm ge­spielt. Er hat nie ein schlechtes Wort über mich verloren, ganz egal, was die Leute in seinem Umfeld vielleicht über mich gesagt haben. Die Berliner sind ja immer alle Anti-Kollegah. Ich bin ihm auch heute noch dankbar, dass er mir damals kurz nach diesem Splash!-Auftritt die Chance gegeben hat, zu zeigen, dass ich live doch etwas draufhabe. Und wenn er das sagt, dann hat er auch recht. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass ich das jetzt perfekt umgesetzt habe.

Das bedeutet aber auch, dass deinen bisherigen Releases immer etwas gefehlt hat.
Absolut. Ich bin aber mittlerweile so gefestigt, dass ich weiß: »King« ist nicht nur das perfekte Deutschrap-Album, sondern das krasseste Rap-Album überhaupt. Natürlich werden es viele auch haten. Es wird nie so sein, dass etwas uneingeschränkt von allen gefeiert wird. Aber die breite Masse wird es als raptechnische Offenbarung anerkennen.

Findest du es eigentlich schwieriger, langsam zu rappen?
Nee. Wie kommst du denn jetzt auf die Frage?

Weil du oft Doubletime rappst.
Ich finde langsam rappen einfacher. Viel einfacher. Das war auch mal so eine Phase im Deutschrap, vor nem Jahr oder so. Da kam Fler mit irgendwelchen 60- oder 70-BPM-Beats und meinte, langsam rappen wäre extrem schwierig. Und dann rappt der in einem Flow, den ein Kindergartenkind perfekt nachahmen könnte und will uns das als krassen Style verkaufen. Schließlich würden es die Amis ja auch so machen. Dabei können diese Amis aber größtenteils gar nicht anders rappen. Würden die uns verstehen, würden sie sich an uns orientieren. Deutsche Rapper gestehen sich nicht ein, auf was für einem Niveau wir hier eigentlich rappen. Mit der deutschen Sprache kann man wesentlich mehr anstellen als mit der französischen oder der englischen. Die Lyrics in Deutschland sind Weltklasse. Damit meine ich nicht mich selbst, sondern den breiten Durchschnitt.

Was wäre denn eine Kategorie, in der Deutschrap amerikanischen Rap aussticht?
In allem. Die Amis haben uns nur in Sachen Delivery etwas voraus. Die wissen sich zu inszenieren, sind cooler, bringen es anders rüber. In Deutschland sind die meisten leider zu verkrampft. Wenn sich deutsche Rapper lockerer machen würden, wären wir raptechnisch die Nummer 1 weltweit. Wenn Deutsch jetzt noch die Weltsprache wäre, wären wir allesamt Rap-Millionäre. Wir haben einfach die facettenreichste Szene. Schau dir an, was ein Casper macht: Diesen Style macht keiner auf der ganzen Welt so geil wie er. Sogar Savas ist ein hervor­ragender Rapper. Ich möchte nur klarstellen, dass er in Deutschland nicht der beste ist. Er ist kein schlechter Rapper, nur einer, der sich selbst überschätzt und das Volk geblendet hat, indem er sich jahrelang als König inszeniert hat. So lange, bis es die Leute geschluckt haben.

Deine Deutschrap-Theorie würde zumindest den aktuellen Boom erklären.
Wir sollten einfach stolzer sein. Nicht nur auf unsere Rap-Szene, sondern auch auf unser Land. Ich bin für mehr Patriotismus. Und wir müssen aufhören, uns an anderen zu orientieren. Das funktioniert nicht, das haben schon viele probiert. Nachdem es alle probiert haben, kam Fler noch mal an und hat uns ein Jahr lang was von Miami erzählt. Dabei haben wir hier einen ganz eigenen Style. So behindert ich Fler finde, der war in einer Ära am Start, in der mit Sonny Black und Frank White etwas ganz neues erschaffen wurde. Dafür muss man Props geben. Das gab’s vorher weder in China, noch in Amerika, noch in Frankreich, auch wenn sie sicherlich ein Stück weit von denen inspiriert waren. Stattdessen will er nun unbedingt French Montana kopieren, den schlechtesten Rapper der Welt. Noch schlimmer ist 2Chainz. Grauenvoll. Der stellt sich im Rock auf die Bühne, trifft den Takt nicht, hat die schlechtesten Lines und rappt mit ner Kermit-Stimme. Da geht Fler hin und sagt sich: »Geil, das mach ich jetzt mal nach. Und scheiß mal auf Technik, denn Technik ist ja schwul, das ist was für Streber.«

Das muss man 2Chainz lassen: Jahrelang erfolgloses Anhängsel von Ludacris. Nach dem kräht jetzt aber kein Hahn mehr.
Aber Ludacris hat sich das auch erarbeitet, indem er geil gerappt hat und dafür gefeiert wurde. 2Chainz wurde künstlich gepusht. Der war auf einmal überall. Wie er das geschafft hat, weiß ich nicht. Zum Glück kann man in Deutschland keine künstlichen Hypes erschaffen.

Dafür spricht ja auch die große, erfolgreiche Indie-Struktur, die wir hier haben.
Wir sind nicht so einfach zu beeinflussen. Entgegen der Amis sind wir nicht einfach eine große Schafherde, der man irgendetwas vorsetzt und sagen kann: »Feiert das!« Nein, wir entscheiden selber, was wir cool finden. Deswegen kann auch ein »JBG2« die krassesten Verkaufszahlen in der ersten Woche vorweisen, obwohl es ein absolutes Anti-Mainstream-Produkt ist. In Amerika ist nicht immer alles besser, das darf man nicht pauschalisieren. Natürlich gibt es gute Künstler in Amerika, aber objektiv gesehen sind wir besser.

Thema Patriotismus: Du hast oft erwähnt, dass du Halbkanadier bist. Inwiefern hat dich dein kanadischer Vater beeinflusst?
Kaum. Meine Eltern haben sich früh scheiden lassen, da war ich gerade mal sechs. Ich möchte aber auch nicht schlecht über meinen Vater reden. Das ist mir auch ein bisschen zu privat. Den Hauptteil meiner Erziehung, meiner Kindheit und meiner Jugend hat meine Mutter geprägt. Als Kind war ich mal zu Besuch in Kanada, in den letzten Jahren nicht mehr. Ich habe sowieso seit drei Jahren keinen Urlaub mehr gemacht.

Wobei du ja schon oft und viel unterwegs bist, auch in anderen Ländern.
Das ist aber kein richtiger Urlaub, sondern immer mit dem Job verbunden. Da dreht man dann z.B. ein Video. Einen Urlaub ohne Kamera habe ich ewig nicht gemacht.

Apropos Kamera: Deine Karriere als You­Tuber treibst du ja sehr voran.
Ach, da steckt gar nicht so viel Plan dahinter. Ich habe einfach einen YouTube-Channel aufgemacht, weil ich sowieso immer ein bisschen mitfilme, wenn ich unterwegs bin. Aber es läuft sehr gut. Innerhalb der ersten sieben Wochen habe ich die 300.000-Abonnenten-Grenze geknackt.

Verfolgst du YouTube denn sonst auch? Zum Beispiel das Juliensblog Battle? Stichwort »Spongebozz«.
Ja, natürlich. Ich kenne Spongebozz ja auch. Wir haben ja mal ein Album zusammen gemacht, »Bossaura«. Finde ich geil, diese Runden waren richtig killer. Blöd finde ich nur, dass er nicht langsam mal sagt: »Okay, ich bin’s, SunDiego. Ich wollte euch nur mal zeigen, dass ich nicht nur die Autotune-Schwuchtel bin, sondern auch richtig gut rappen kann. Und jetzt mach ich euch ein geiles Rapalbum, das ihr alle kauft.« Das wäre der logische Move gewesen. Stattdessen wird abgestritten, dass er Sponge­bozz ist. Soll ich die Karriere­beratung für ganz Deutschland übernehmen, oder was? Der arme SunDiego: Er könnte einfach diese Autotune-Scheiße weglassen, geilen Battlerap machen und noch dazu mal zwei Monate pumpen gehen, damit er nach dem aussieht, über was er rappt. Stattdessen zieht er sich ein Spongebozz-Kostüm an, dreht teure Videos, rappt krass, aber für was? Für nix. Er kriegt Props von der ganzen Szene, macht aber wieder nix daraus. Ist doch scheißegal, ob das alles abgesprochen ist. Das ändert nichts an der Tatsache, dass die alle außer Spongebozz scheiße gerappt haben.

Du warst damals während der kompletten »Bossaura«-Aufnahmephase in Osnabrück. Wie hat sich die Freundschaft zwischen euch entwickelt? Gab’s da einen Bruch?
Ja, den gab es. Aber das ist zu privat. Er weiß selbst, was er für Aktionen gebracht hat. Das muss ich hier nicht ausbreiten. Das geht auch keinen außer uns etwas an. Irgendwann wird er verstehen, dass er Scheiße gebaut hat. Ich bin auch nicht nachtragend. Ich verstehe, dass er keine Ahnung vom Business hat und damals ganz neu war. Persönlich mag ich ihn sehr, wir waren Freunde. Von daher möchte ich auch kein schlechtes Wort über ihn verlieren. Aber er hat Business-Moves gebracht, die unser Verhältnis gefickt haben.

Es gab zur Veröffentlichung viele Leute, die sich über seine Beiträge zu »Bossaura« aufgeregt haben. Das war aber nicht ausschlaggebend dafür, wie sich euer Verhältnis entwickelt hat?
Nein, überhaupt nicht. Das Album ist trotzdem super angekommen. Und es kommt auch drauf an, wen du fragst. Wenn ich heute Tracks aus dem Album spiele, dann ­gehen die Leute ab. »Flex, Sluts, Rock’n’Roll« ist der krasseste Live-Banger. Klar gibt es auch Songs, hinter denen ich heute nicht mehr stehe, aber es war einfach eine Phase. Ich will das Album oder Sun­Diego überhaupt nicht schlecht reden. Es kam im Großen und Ganzen gut an und hat sich super verkauft. Deswegen würde ich nie behaupten, er hätte mich in die Scheiße geritten. Ich weiß, was ich will. Und ich wusste, dass ich meine Vorstellung mit SunDiego umsetzen kann.

Themenwechsel: lass uns über deinen Glauben sprechen. Du hast in einem Interview mal gesagt, dass es da in der Vergangenheit Hoch- und Tiefphasen gab. Wie verhält es sich denn aktuell?
Ich verpasse seit August kein Gebet mehr. Das war auch das letzte Mal, dass ich Alkohol getrunken habe.

Du betest also fünfmal am Tag.
Genau. Das erste Gebet findet vor Sonnenaufgang statt, also stehe ich immer früh auf. Man betet außerdem mittags, nachmittags, bei Sonnenuntergang und nachts. Ein Gebet verändert viel. Völlig egal, ob man sich Moslem, Christ oder Hindu nennt, ein Gebet gibt einem inneres Glück. Bist du denn gläubig?

Ich glaube schon an eine höhere Macht, aber mit der katholischen Kirche kann ich relativ wenig anfangen, auch wenn ich römisch-katholisch getauft bin.
Ich kann auch mit keiner der Weltreligionen etwas anfangen – auch nicht mit dem Islam, so wie er heute repräsentiert wird. Und dieses schlechte Image liegt nicht nur an der Darstellung in den westlichen Medien, sondern auch daran, dass viele Moslems den Islam einfach völlig falsch repräsentieren. Jedes Land lebt den Glauben anders aus und begeht dabei den Fehler der Vermischung von Religionsregeln mit kulturellen Traditionen. Dadurch entsteht ein Hybrid, der nichts mit der eigentlichen Botschaft des Korans zu tun hat. Ich lese nur den Koran. Darin heißt es, dass jeder ins Paradies kommt, der gläubig ist und die höhere Macht anerkennt, die uns alle erschaffen hat, sowie sich dessen bewusst ist, dass man eine Verantwortung trägt und zur Rechenschaft gezogen werden wird. Egal, ob er sich Christ, Jude oder sonst irgendwas nennt. Islam bedeutet einfach nur die Akzeptanz und Unterwerfung gegenüber einem göttlichen Wesen.

Ein anderer Gesprächspunkt würde mich noch interessieren: Reichtum. Macht Geld glücklich?
Überhaupt nicht. Ich bin mittlerweile der am wenigsten materialistische Mensch der ganzen Rapszene. Ich fahre nur einen neuen BMW 5er, damit ich auf der Straße nicht blöd angequatscht werde. Das ist mir alles scheißegal. Ich will eigentlich nur ein cooles Haus. Und ich will Geld wegen der Freiheit verdienen, die man damit gewinnt. Keinen teuren Schmuck, nur Freiheit. Und ich will aus diesem blöden Hamsterrad der modernen Sklaverei raus. Das stiehlt dir deine Lebenszeit.

Wie weit bist du denn in Sachen Immobilien-Business? Ich habe mir vorhin die Preise beim Immobilienmakler nebenan angesehen. Die sind recht stattlich.
Ich könnte mir locker etwas leisten, aber ich will schon auch einen kleinen Palast. Und ja, hier in der Gegend ist es megateuer. Da kann man locker ein paar Milliönchen loswerden. Mir geht es hier gut. Aber Geld alleine macht nicht glücklich. Das Gefühl hingegen, als ich meiner Mutter zum ersten Mal einen Koffer mit 10.000 Euro schenken konnte, das war befreiend. Als sie das Geld gesehen hat, hat sie vor Glück geheult. Das macht glücklich.

Würdest du dich denn in Düsseldorf niederlassen? Fühlst du dich hier zuhause?
Ich glaube schon. Wenn irgendwo, dann hier. Ich fühle mich sehr wohl in Düsseldorf. Mit einem Zwischenstopp in Mainz bin ich jetzt seit fast sieben Jahren hier. Hier habe ich meine Ruhe. In meinem Viertel leben viele wohlhabende Menschen, viele Geschäftsleute und generell ältere Menschen. Die Jüngeren, denen ich hier auf der Straße begegne, kommen meistens aus gutem Hause und sind sehr zurückhaltend und höflich. Ich kann hier zum Teil sogar einkaufen, ohne dass ich angequatscht werde. Das ist sonst eigentlich kaum mehr möglich. Und ich habe ein Haus mit großem Garten, in dem man schön grillen kann. Da stelle ich mir zwei Kurzhanteln in den Garten und trainiere, während ich grille. Das ist mein Lifestyle.

Diesen Körperkult und Fitnesswahn im Rap hast du auch entschieden vorangetrieben. Bist du darauf stolz?
Auf jeden Fall. Auf zwei Sachen bin ich stolz: Zum einen, dass ich der Jugend die deutsche Sprache näher bringe. Man sieht ja an den YouTube-Kommentaren, wie sie alle versuchen, den Sprachstil des Bosses zu imitieren und ein wenig hochgestochen daherschwafeln. Gerade, nachdem es lange Zeit modern war, wie der größte Asi oder ein kompletter Hinterwäldler zu klingen, bringe ich die Schönheit der deutschen Sprache zurück. Andererseits bin ich auch sehr stolz darauf, dass ich der Jugend zeige, dass man auch körperlich fit sein sollte. Denn man sollte sowohl Geist als auch Physis in Form halten. Es geht ja auch ums Wohlbefinden. In einem gesunden, trainierten Körper ist man wesentlich selbstbewusster.

Gibt es eigentlich in Sachen Bodybuilding ein Vorbild, nach dem du dich richtest? Bist du sehr in dieser Szene drin?
Ja, ich kenne mich gut aus. Ein neuer Trend sind die sogenannten Fitness-Models, die nicht breit, sondern total »shredded« sein wollen. Lazar Angelov, ein Bulgare, ist auf dem Gebiet die absolute Koryphäe. Von ihm sagt man, er hätte den ästhetischsten Körper der Welt. Wir kennen uns, er feiert meine Musik. Wir tauschen uns auch übers Training aus. Für das neue Album war es mir wichtig, wirklich krass auszusehen. Ich habe ja immer mit einem Augenzwinkern behauptet, ich hätte den dicksten Bizeps, würde aber die Beine nicht trainieren. Dieses Mal habe ich das alles zum ersten Mal so richtig ernst genommen. Ich habe mit Ärzten, Sportwissenschaftlern und Fitnessexperten einen dreimonatigen Trainings- und Ernährungsplan erstellt, um einen geilen Body zu bekommen. Ich habe sogar Essen abgewogen und meine Gewichtssteigerung genau überwacht. Meine genetischen ­Voraussetzungen sind sehr gut, aber ich habe sie nie ausgereizt. Früher habe ich einfach ein bisschen Freestyle-Hanteltraining gemacht und anschließend einen Eiweiß­shake getrunken. Leute, die mit einem Trainingsplan durchs Studio gelaufen sind und dort Zahlen eingetragen haben, habe ich damals belächelt. Dieses Mal habe ich mir in drei Monaten den besten Body erarbeitet, den ich je hatte.

Bei der Menge an oberkörperfreien Bildern, die du so postest, musst du doch auch Fanpost von Schwulen bekommen.
Sicher. Das sieht man auch auf Facebook. Hin und wieder fragt mal ein Florian oder ein Hannes: »Kann ich dir einen blasen?« Das ist in letzter Zeit schon vermehrt vorgekommen.

Du hast das aber natürlich auch auch knallhart provoziert.
Ja. Ich würde aber auch nie zu einem Schwulen, der mich anflirtet, sagen, dass er sich verpissen soll. Ich sehe das als Kompliment.

Foto: Laion

Dieser Artikel ist erschienen in JUICE #157 (hier versandkostenfrei nachbestellen).

 

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