Shindy – N.W.A. 2.0 // Review

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Shindy-NWA-2.0-Cover

(Bushido/Sony Music)

Wertung: Fünf Kronen

Moment bitte. Ich muss mich erst mal eben räuspern. Ist nämlich sauanstrengend, auf 60 Minuten Shindys kratzenden, lässig-langgezogenen Letzte-Silbe-Fetisch zu praktizieren. Ja, Rap hat mir schon lange nicht mehr so viel Spaß gemacht wie auf einigen der Songs von »NWA 2.0«. Was genau das Problem zwischen Shindy und Kay One oder Bushido und Klaus Wowereit ist, sollte jeder mitbekommen haben. Dass Shindy sich lieber von Mama Rührei mit Tomate machen lässt, um danach bis auf seinen Friseurtermin eigentlich nichts ernst zu nehmen, wurde in den dem Release vorangegangenen Interview zur Genüge thematisiert. Aber Shindy hat noch mehr auf Lager, als von seinem dramatischen Peter-Pan-Syndrom und dem Durchschnorren im Hotel Mama zu berichten. Er ist schließlich »Mr. Nice Guy« und »griechischer Vielficker« mit einem Faible für BWL-Studentinnen, die der plastischen Chirurgie ebenso wenig abgeneigt sind wie sündhaft teurem Schuhwerk. Ansonsten geht es meist um Ärsche und Sneakers, manchmal aber auch um Hinterteile und Turnschuhe. Diese hochkomplexen Themenbereiche werden penibel durchdekleniert und bis aufs letzte Worspiel ausgeschlachtet. Shindy steckt seinen Lebenskosmos zwischen Ice Cubes »It Was a Good Day« und Blumentopfs »Kein Zufall« auf gekonnte Weise ab, den Rest erledigen Onkel Djorki und Beatzarre am Beat mit einer Rutsche Twerk- und Trap-Beats, aber auch mit Feelgood-Flamenco im Stile der ersten Cash-Mo­ney-Alben (»Rentner«), herrlichen Dipset-Adaptionen (»Arbeit ist out«), und klassischen HipHop-Hymnen (»Immer immer mehr« mit Sido und Bushido). All das tröstet über die beiden Totalausfälle mit Julian Williams hinweg und schmälert auch den Ärger über das Haftbefehl-Feature auf »Stress mit Grund«. Denn Hafti hat es nicht nötig, sich mit seinem Idol zu verbrüdern, sondern sollte lieber seinen eigenen Status als Big Baba manifestieren. Aber jetzt erst mal: Joggingbutze an, ab zur 24-Stunden-Tanke, Milka Tender, Red Bull Sugarfree sowie eine Marlboro-Big-Box kaufen und sich dieses kleine Meisterwerk gönnen.
Jan Wehn

 

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