»Was wir hier machen, ist schon Rap über Rap, aber nicht ganz so langweilig« // Man Of Booom im Interview

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Figub Brazlevic ist ein vielbeschäftigter Mann: Wenn er nicht gerade Remixe für Celo & Abdi schraubt oder via Sichtexot eigene Instrumental-Releases an den Mann bringt, versorgt der Wahlberliner derzeit alles, was Rang, Namen und Geschmack hat, mit seinem Trademark-Bummtschack. Zuletzt konnte man seine klassischen Sample-Geschosse auf Ssios »BB.U.M.SS.N« hören, gerüchtehalber haben auch ­Schwesta Ewa und Olexesh Beats bei Figub geordert. Nun steht jedoch erst mal das Album seiner international besetzten Crew Man Of Booom an – zwei MCs, ein Producer und jede Menge, nun ja, Booombap eben.

Wer ist Man Of Booom?
Teknical Development: Mein Name ist Teknical Development, ich komme aus London und habe vor 15 Jahren angefangen zu rappen. Zusammen mit Hey!zeus hab ich eine Crew namens Obba Supa, unser erstes Album haben wir 2009 rausgebracht. Auf einer meiner Reisen nach Berlin traf ich Figub. Ich war drei Tage bei ihm, und in dieser Zeit wurden wir gute Freunde. 2011 haben wir mit einem gemeinsamen Projekt begonnen – und seitdem arbeiten wir konstant mit­einander. Eines Tages, als ich wieder mal in Berlin war, gingen wir zusammen zum »Beatgeeks«-Clubabend, wo mir Figub dann JuJu vorgestellt hat. Figub meinte: »Lass doch was gemeinsam machen.« Und genau das ist dann auch passiert.

Was ist Man Of Booom eurer Meinung nach – ein Projekt oder eine Gruppe?
Teknical Development: Nein, das ist kein Projekt – it’s a group thing, definitely. Auch wenn es als »Projekt« angefangen hat, ist es mittlerweile auf jeden Fall mehr. Und so wird es auch bleiben, wir werden sogar noch stärker. Wir haben nur vergleichsweise kurz zusammen gearbeitet, aber trotzdem in meinen Augen direkt unfickbare Ergebnisse geschaffen. Von mir aus kann das gerne so weitergehen. (lacht)
JuJu Rogers: Mein Name ist JuJu Rogers, ich bin in Schweinfurt geboren und aufgewachsen. Mein Vater ist aus New Orleans, meine Mutter ist Deutsche. Ich mache seit zehn Jahren HipHop-Musik, angefangen hab ich mit 14. Veröffentlicht habe ich bisher noch gar nichts. Ich habe drei ­Semester lang in Bamberg studiert, aber das irgendwann abgebrochen, um nach Berlin zu ziehen. Figub lernte ich bei einem Gig in Nürnberg kennen. Als ich dann nach Berlin kam, habe ich ihn bei Facebook angehauen, dann Teknical Development bei »Beatgeeks« getroffen und direkt am nächsten Tag waren wir zusammen im Studio.

Was hat es mit dem Namen »Man Of Booom« auf sich?
Figub Brazlevic: Viele Leute nennen meinen Beat-Style ja Boombap, also wollte ich für das Projekt einen Namen, der das irgendwie reflektiert, wie ein Ordenstitel. Außerdem ist das an den »Masters of the Universe«-­Charakter Man-at-Arms angelehnt. Den Namen mochte ich schon immer. Wir haben auch darüber diskutiert, ob wir das hier nun »Men Of Booom« oder »Man Of Booom« nennen sollten, entschieden uns dann aber doch für den Singular. Jeder kann ein Man Of Boom sein, wir sind nur die ersten.
JuJu Rogers: Anfangs musste ich mich erst an den Namen gewöhnen, aber mittlerweile gefällt er mir sehr. Er unterstreicht den Unity-Gedanken hinter der ganzen Sache. Wir sind zwar Individuen, aber Man Of Booom ist eine große Kraft. Wenn man sich das Album anhört, wird man das auch merken: Es ist aus einem Guss, ganz natürlich, eine Energie.

Was sagt ihr dazu, wenn Leute eure Musik »retro« nennen?
JuJu Rogers: Ich verwende da immer gerne den Vergleich mit einem Baum: HipHop ist ja gerade riesengroß, vor allem in Deutschland – der Baum HipHop hat also sehr, sehr viele Zweige. Es kommt aber nicht darauf an, auf welchem Zweig du sitzt, denn die Wurzeln sind es, die uns alle verbinden. Es ist vielleicht kein neuer Style, aber es ist der originale Style. Und die Wurzeln kann man nicht leugnen. Selbst die Azzlack-Jungs können nicht verstecken, woher sie musikalisch kommen – und die fühlen diese Musik ja auch. Ob das nun alt oder neu ist, das ist mir egal.
Figub Brazlevic: Diese Musik ist 20 Jahre alt, also kannste das ruhig retro nennen. Aber zum einen beinhaltet jede Musik, jede Mode, jeder Lifestyle Retro-Elemente. Und zum anderen haben die Leute diesen Style vergessen, obwohl ihn viele Beatmaker über die Jahre permanent weiterentwickelt haben. In dem Sinne ist unser Sound für viele auch etwas ganz Neues. Letztendlich ist »retro« nur eine gedankliche Schublade für Menschen, die nicht wissen, wo sie das einsortieren sollen. Die gleiche Frage stellt sich ja bei dem Begriff »Old School«: Wann fängt die Old School an, wann hört sie auf? Für mich bezeichnet das den Zeitraum von 1979 bis 1989, aber trotzdem wird meine Musik oft so bezeichnet, obwohl sie ­zeitgenössisch ist.

Wie würdet ihr denn Figubs Beats ­beschreiben?
Teknical Development: Slammin’ Beats. Ich als HipHop-Fan fühle mich dadurch zurückversetzt in die Zeit, in der ich zum ersten Mal Rap hörte. Es erinnert mich daran, dass diese Musik noch nicht tot ist. Sie existiert noch immer und das macht mich stolz. Für jüngere Leute funktioniert seine Musik wie eine offene Tür. Klar könnten sich die jungen Leute auch über die Geschichte dieses Sounds informieren, aber die beschäftigen sich eben nicht gerne mit etwas Vergangenem. Also ist es aus meiner Perspektive super, dass es jemanden gibt, der diese Musik ins Jetzt bringt.

Wovon handelt die Platte eigentlich ­inhaltlich?
JuJu Rogers: Eigentlich ist es ganz simpel: Ich spitte das, was mir in den Kopf kommt. Dabei ist es völlig gleich, ob das Sachen sind, die mich gerade stören oder glücklich machen. Ich rappe über alles, was mich prägt. Ich suche mir eigentlich nie ein bestimmtes Thema. Die Platte ist jetzt nicht übertrieben sozialkritisch, Figub hat einfach Beats gebaut und ich habe geschrieben. So einfach ist das.
Teknical Development: Es war quasi offenes Schreiben. Ich weiß nicht, ob du schon mal in einer Gruppe von Leuten gearbeitet hast, wo man auch mal eineinhalb Stunden konzentriert und still sein kann, aber hinterher immer noch auf demselben Film ist. So hat das bei uns funktioniert. Wir haben geschrieben und dann direkt unsere Strophen eingerappt.
Figub Brazlevic: Was wir hier machen, ist schon Rap über Rap, aber nicht ganz so langweilig. Die Texte üben auch Kritik, aber nie mit erhobenem Zeigefinger. Häufig geht es einfach auch um Patterns, darum, seinen Weg durch den Loop-Dschungel zu finden. Oft findet man rhythmische Elemente aus den Beats auch in den Flows wieder – manchmal habe ich nachträglich auch noch Breaks in die Beats gebaut, um bestimmte Flow-Elemente hervorzuheben. Und das, obwohl die Songs in so kurzer Zeit entstanden. Wir hatten nicht die Möglichkeit, an einem Tag zu schreiben und erst am nächsten aufzunehmen. Und ich kann das, was Teknical gesagt hat, bestätigen: Die beiden haben sich nie abgesprochen, wenn sie ihre Texte schrieben. Das Ergebnis war trotzdem immer dope.
JuJu Rogers: Die Themen, die auf der Platte zur Sprache kommen, sind ­eigentlich genau die, über die wir uns jeden Tag ­unterhalten, etwa beim Essen.
Figub Brazlevic: Die beiden haben ja auch viel zu reden: JuJu ist viel jünger als Tek, Tek kommt aus London und ist Vater zweier Kinder – die zwei sind sehr unterschiedlich, und das schlägt sich in den Texten nieder.

Tek, wie fühlt es sich für dich an, ins Ausland zu fahren und dort Musik ­aufzunehmen?
Teknical Development: Musik funktioniert universell, deswegen fühlt sich das für mich ganz natürlich an. Dort, wohin mich die Musik führt, werde ich hingehen, ganz egal ob das nun meint, dass ich nach Berlin oder nach Istanbul muss. Ich sehe das so: Musik gibt mir die Möglichkeit, zu reisen. Und ich nutze sie. Außerdem ist Berlin eine so multikulturelle Stadt, dass man hier kaum Anpassungsschwierigkeiten hat.
Figub Brazlevic: Obwohl er eigentlich nur bei mir im Studio rumhängt, wenn er in Berlin ist. (Gelächter)

Foto: Presse

Dieses Interview erschien in JUICE #155 (hier nachbestellen).

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