RIN: »Yung Hurn ist das Krasseste, was es in den letzten sechs Jahren im Deutschrap gab« // HipHope

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Rins Musik ist ein sprudelnder Zuckerwasserfall aus käsigen Synthies und eingängigem Singsang. Die neueste Entdeckung des umtriebigen Rapkollektivs Live From Earth nimmt mit der vor kurzem erschienen »Genisis«-EP sogar Crack Ignaz und seinem Album »Kirsch« den Titel für das im positiven Sinne kitschigste Raprelease der letzten Jahre ab. Und das ist wichtig, denn neben all der Übermaskulinisierung grimmiger Stumpfnasen bedarf es auf der anderen Seite der totalen Emotionalisierung, um das Gleichgewicht zu halten.

Innovation im Rap kommt aus Bietigheim-Bissingen bei Stuttgart. Die ländliche Kleinstadt mit saftigen Wiesen und sauberer Luft weist eine überdurchschnittlich große Zahl an fähigen Rappern auf. Rin selbst, Shindy, Bausa und Caz kommen von da. Mit Letzterem begann Rin vor vier Jahren Musik aufzunehmen. Zum Spaß, ohne Hintergedanken, als verrauschte Flause im Kopf. Damals ging es noch um Punchlines. Der Weg zum Singsangrapper, der die großen Gefühle so verpackt, dass man zuhört, ohne dabei Regenbogen zu kotzen, war geprägt von Hürden: Nachdem das Video zum verspulten »Ljubav/Beichtstuhl« im Sommer 2015 herauskam, nahm Alles-Oder-Nix-Produzent The Breed erst Kontakt und später eine EP mit Rin auf. Doch die erschien nicht, weil die Vorstellungen der beiden auseinanderdrifteten. Parallel dazu klopfte immer wieder ein gewisser Max von Live From Earth an die virtuelle Tür und konnte Rin schließlich für seine Idee der Ungezwungenheit begeistern.

Auch Yung Hurn hatte dabei seine Hände im Spiel, denn Rin und er hielten schon vorher losen Kontakt. Und Hurn ist für Rin immerhin »das Krasseste, was es in den letzten sechs Jahren im Deutschrap gab«. In der Gruppe fühlt er sich mittlerweile angekommen. »Mir ist wichtig, dass man sich menschlich versteht«, sagt er. »Bei LFE geht es um die Sache, es wurden keine Verträge unterschrieben. Wir sind alle leidenschaftliche Musikfans.« Außerdem, das sagt er mit voller Überzeugung, seien sie im Moment ohnehin die Realsten in Deutschland, obwohl die Alteingesessenen gerne auf dem spacigen Neuen herumhacken würden. Schließlich mache man die Musik ja des Spaßes wegen und verschenke sie einfach. »Wer macht so was sonst?« Jetzt könnte man Rin als arrogant abstempeln. Doch im Gespräch, in dem er Aussagen, die man ihm übelnehmen könnte, meist mit einem schelmischen Grinsen relativiert, erübrigt sich das. Man merkt: Er will niemandem etwas Böses. Und Fan, auch das gibt er zu, sei er ohnehin eher von anderen als von sich selbst. »Ich hasse meine Musik oft«, sagt er und spricht von anhaltender Selbstkritik. Während Yung Hurn im LFE-Roster den performativen Dadaisten mimt, sitzt Rin am Schreibtisch und macht sich Gedanken über die Texte. Gerade waren beide für die gemeinsame EP »Mafia der Liebe« in den Red-Bull-Studios – und schockierten. »Der Engineer war völlig überfordert, als Yung Hurn wirres Zeug über Koks gerappt hat und ich dann auch noch angefangen habe zu singen«, erinnert er sich lachend. »Die Beats hatten wir auch nur als mp3 auf einem USB-Stick dabei.« Noch kitschiger soll die EP werden. Noch mehr Liebe. In Deutschland habe einfach das naiv Emotionale gefehlt.

 
Doch neben all dem Geschmuse kauft Rin sich am Donnerstag Supreme. Da rückt die Liebe in den Hintergrund. Das weiß man aus dem mit Palace- und Acne-Adlibs gespickten Hedo-Mode-Representer »Don’t Like«. Wahrscheinlich ist Rin nicht nur der kitschverliebteste, sondern mit seinen dunklen Rastas und dem ausgewählten Streetwear-Chic auch einer der stilsichersten Rapper in Deutschland. »Hätte ich genug Geld, dann würde A$AP Rocky zu mir kommen und mich fragen, wo mein Scheiß her ist«, sagt er lachend mit Augenzwinkern. Momentan ist alles ein riesengroßer Spaß. Zum Lachen ist das, weil es erfüllt und Druck von außen nicht existiert. Eine neue Solo-EP soll trotzdem schon im Juni nach der Liebelei mit Hurn erscheinen. Dass Rin mehr ist als nur ein Modephänomen für die Hypebeasts von der Kunst-Uni, das steht allerdings jetzt schon fest.

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3 Kommentare

  1. Rastas – so nennt man die Leute mit Dreadlocks die an Haile Selassie glauben, was der Junge hat sind Cornrows. Kann man eigentlich wissen, wenn man bei Juice arbeitet.

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