Rap, Beats & Fashion Brands: Die Geschichte von HipHop und Marken // Feature

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In der Popkultur ist die offensichtliche Bewerbung für Marken immer verächtlich gesehen worden. Warum sollte das im HipHop anders sein? In einem Genre, in dem der Begriff »Sellout« gefürchtet ist wie kein zweiter? In seinem Buch »The Tanning Of America« beschreibt Steve Stoute, ehemaliger Manager von Größen wie Nas und Eminem, den Unterschied. Das Stichwort dabei: Authentizität. Bis heute gilt: In der Regel rappen die Künstler über die Marken, ohne irgendetwas dafür zu bekommen. Die Träume sind real, das Verlangen nach den Produkten authen­tisch. Wenn jemand mit nichts beginnt, gönnt man es ihm eher, wenn er ­alles kriegt. Das Droppen von Marken­namen hat aber noch eine zweite Komponente. Ahzumjot: »Namen zu nennen ist die kürzeste Form, um Identifikation möglich zu machen. Und es ist eine Verbildlichung. Wenn du sagst, dass du mit deinen Nikes durch die Stadt läufst, hat jeder sofort ein Bild im Kopf. Jeder weiß: Der hat diese möglichst weißen Sneaker an.«

Bis heute gilt: In der Regel rappen die Künstler über die Marken, ohne irgendetwas dafür zu bekommen. Die Träume sind real, das Verlangen nach den Produkten authen­tisch.

Der Deal zwischen Adidas und Run DMC war der erste seiner Art. Er zeigte, was möglich war. Dennoch folgte erst einmal wenig. Die Angst vor dem Image der Rapper verschreckte viele Marken. Doch Rap drängte in die Öffentlichkeit, und alles, was ihre Protagonisten trugen, kam unweigerlich mit. Die legendäre Fernsehsendung »Yo! MTV Raps« war damals nicht nur Live-Rap, sondern auch Modenschau, wo man stets abcheckte: Was ist gerade der heiße Scheiß? So auch 1993. Grand Puba performte zusammen mit Mary J. Blige, gekleidet in Nike, einen farbigen Sweater von Polo und Jeans von Girbaud. Doch Puba rappte in dem Text: »Well I be Puba on this here/The ni**a from last year/Girbauds hanging baggy/Tommy Hilfiger top gear.« Die nächste Phase war eingeläutet.

Tommy hilft

Der Auftritt spricht sich rum. Kurze Zeit später lernen sich Grand Puba und die Hilfiger-Brüder Tommy und Andy kennen – inklusive Einkleidung des Rappers im Wert von rund 20.000 Dollar. Plötzlich war da jemand, der bereit war, Rapper im großen Stil als Werbeplattform zu nutzen. Es dauerte nicht lange, und Künstler wie der Wu-Tang Clan und A Tribe Called Quest trugen ebenfalls Hilfiger. Für einen Auftritt bei »Saturday Night Live« ließ Snoop Dogg 1994 spontan Andy Hilfiger mit den neuesten Sachen zu ihm kommen – am nächsten Tag waren sie ausverkauft. Tommy Hilfiger erzählte Steve Stoute: »Die Kids auf den Straßen waren meine Reklametafeln. Du hast meine Logos so oft gesehen wie Straßen- oder Stoppschilder!« Doch viele der Luxusmarken verzichteten nach wie vor auf zu engen Kontakt mit dieser Zielgruppe. Die HipHop-Kultur erstreckte sich derweil längst nicht mehr nur auf seine vier Elemente. Der kreative Output erreichte alle künstlerischen Ebenen. Und schon Dapper Dan wusste: Wenn keiner geile Sachen für dich machen will, dann musst du das selbst tun.

For us by us

Marken wie Karl Kani (1989), Cross Colours (1990), Russell Simmons’ Phat Farm (1992) und FUBU (1992) veränderten das Game. Der Slogan von Cross Colours war »Kleidung ohne Vorurteile«, FUBU steht für For Us, By Us – von uns, für uns. Man spürte den Drang der afro­amerikanisch geprägten HipHop-Kultur nach Anerkennung. Diese Designer verstanden die Kultur und förderten sie aktiv. So sah Karl Kani, dass in der HipHop-Szene seit Jahren gerne Baggypants getragen wurden. Er machte daraufhin größere Hosen als der Rest, aber mit engerer Hüfte, damit sie zum Style passten und besser saßen. Es entstand eine loyale Szene. JUICE erzählte Kani, wie er 1995 Tupac traf: Ohne großes Budget zu haben, hoffte der Designer, ihn irgendwie für eine Werbekampagne zu kriegen, zumal Tupac bereits vorher öffentlich dessen Sachen getragen hatte. Als Karl Kani in einem Hotel auf den Rapper trifft, sitzt dieser die ganze Zeit an seinem Laptop und schreibt ein Drehbuch. Sie unterhalten sich. Tupac sei höflich gewesen, aber habe nicht ein einziges Mal aufgeschaut, sondern kontinuierlich an dem Skript gearbeitet. Bis zu dem Moment, als Kani ihn fragt, was er für einen Werbespot haben will. Kani: »Tupac hörte auf zu tippen und sah mich an: ‚Du bist schwarz. Ich berechne dir nichts.’« Und so war es dann auch. Karl Kani schafft es mit seiner Mode dadurch in die großen amerikanischen Malls. Plötzlich hängen die Sachen in denselben Läden wie Kleidung von Ralph Lauren und Konsorten. Ein Riesenschritt.

1 Kommentar

  1. Toller Artikel!
    Bezüglich Grand Pubas Part, muss ich aber sagen, dass die Wiedergabe der Lyrics in dem Fall nicht korrekt ist. Grand Puba rappt auf dem Albumtrack zwar „Tommy Hilfiger top gear“, bei Yo!MTV Raps, rappt er allerdings „Polo the top gear“.

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