Mit gerade mal 17 Jahren hat der Junge aus New Jersey zwei nennenswerte Mixtapes im Kasten. »Nehruvia« bot lyrischen Tiefgang mit dem Mindstate eines Mitt-Dreißigers, auf klassischem Beat-Material von Madlib, Dilla und Primo. »Strictly Flowz« legte mit eigenen Produktionen und einem Flow, der on point ist wie kein zweiter, noch eine Schippe Professionalität oben drauf. Mittlerweile muss sich Bishop Nehru mit Joey Bada$$ und Earl Sweatshirt vergleichen lassen. Doch wer sein Vinyl-Debüt zusammen mit MF Doom releast und von Disclosure ans Mic gebeten wird, braucht sich davor kaum zu scheuen.
Shady-Records-Co-Founder Paul Rosenberg zeigte sich von Bishops Skills so beeindruckt, dass er umgehend sein zweites Tape präsentierte. Ein erster Status in den Staaten schien gesichert. Doch die eigentliche Erfolgsgeschichte des Jungen nimmt im vereinten Königreich an Fahrt auf, als Bishops Manager dort ein paar Opening-Gigs für Wu-Tang und MF Doom klar macht. Zwei unsterbliche Idole, auch für einen, der in den Nullerjahren großgeworden ist. »Meinen ersten Rap – ich glaube, da war ich acht Jahre alt – habe ich auf ›Guillotine‹ von Reakwon geschrieben«, erzählt Bishop im Gespräch. »Und den zweiten auf ›All Caps‹ von Doom.« Wie es der Zufall so will, treffen Bishop und Doom an ihrem gemeinsamen Abend nicht einfach nur aufeinander, sondern verstehen sich gleich so prächtig, dass der Mann mit der eisernen Maske noch in London eine gemeinsame Studio-Session einberuft. Gleich mehrere Tracks seien dabei herausgekommen; weil die Chemie stimmte, entschied man sich glatt für eine gemeinsame EP. »Doom ist wirklich cool, ein sehr bescheidener Typ. Er ist ähnlich wie ich, es geht ihm vor allem um die Kreativität. Er lässt mich einfach meine Ideen umsetzen, im Anschluss feilen wir gemeinsam daran«, erzählt Bishop über die Kollabo. Das daraus entstandene Projekt hört auf den Namen »NehruvianDoom« und soll Anfang dieses Jahres über Lex Records erscheinen – inklusive Limited Edition-Vinyl und allen Features, die ein Nerd-gerechtes Paket so bereithält.
Bei all den Geschichten, die den Puls eines jeden halbsterblichen Hobby-Rappers auf lebensgefährliche Werte treiben würden, bleibt der Junge aus New Jersey so gelassen, dass man sich fragt, was Bishop Nehru denn nun wirklich bewegt. Als ich im Verlauf unseres Gesprächs bei seinen beiden Mixtapes nachhake und schließlich anmerke, dass zwischen den beiden Frühwerken doch eine hörbare Entwicklung bestehe, ist er aus der Reserve gelockt: »Nein, da muss ich widersprechen«, entgegnet er entschlossen und holt zum impulsiven Monolog aus: »›Nehruvia‹ ist um Längen besser als ›Strictly Flowz‹! Der einzige Grund, warum die Leute das zweite Tape immer wieder hervorheben, ist die beschissene Sound-Qualität. Ich liebe beide Projekte, aber ›Nehruvia‹ hat mindestens zehnmal so viel Tiefe und Emotion. Bei ›Strictly Flowz‹ ging es nur darum, dem ganzen Gelaber über mich mit ein paar humorvollen Lyrics und unschlagbaren Flows zu entgegnen.« Und was wird so gelabert über Bishop? »Ich werde ständig verglichen, mit Joey, Earl, Chance The Rapper und so weiter. Warum Leute ständig vergleichen müssen, weiß ich nicht, schließlich stecke ich nicht in ihren Köpfen«, bekundet Bishop sein Unverständnis. »Jedenfalls werde ich in Zukunft nicht im Schatten dieser Jungs stehen. Es liegt jetzt an mir zu zeigen, dass ich anders bin.« Word up, son!
Dieser Artikel ist erschienen in JUICE #157 (hier versandkostenfrei nachbestellen).