Dendemann im Interview: »Wenn deutscher HipHop ein Eukalyptusbaum ist, bin ich das ätherische Öl« // Titelstory

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Foto: Nils Müller

Fast hatte man die Hoffnung schon aufgegeben, als plötzlich die frohe Kunde die Runde machte, das neue Dendemann-Album sei fertig – acht Jahre nach »Vom Vintage verweht« und zwei Jahre nach Dendes fulminantem TV-Intermezzo bei »Neo Magazin ­Royale«. Stellte sich nur die Frage: Wie wird die neue Platte klingen? Raprock again? Rootsiges Stelldichein mit Band? Oder Arschbombe nach Rückwärtssalto in »Die Pfütze des Eisbergs«? Um es kurz zu machen: nichts von alledem. Dendemann. Neues Album. Großes Kino. Jetzt (bald) und in 3D.

Acht Jahre sind eine lange Zeit. Vor acht Jahren brach der isländische Vulkan Eyjafjallajökull aus und sorgte für Stillstand im europäischen Flugverkehr. Vor acht Jahren gewann Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest mit ihrem Lied »Satellite«. Spanien wurde Fußballweltmeister. Und Dendemann releaste sein letztes Studio­album – bis jetzt.

In diesen acht Jahren war es künstlerisch recht still um Dende. Klar, da war sein zweijähriges Engagement in der TV-Sendung »Neo Magazin Royale« mit Jan Böhmermann, die ihn uns allwöchentlich im Gedächtnis hielt, und in dessen Rahmen er sich mit Songs wie »D.E.N.D.E.U.N.I.T.É.« und »Eine deutsche Rapgeschichte« einmal mehr in sämtliche HipHop-Herzen der Nation (und darüber hinaus) boostete. Aber sonst? Ein Feature auf »Advanced Chemistry« von den Beginnern. Ein Hildegard-Knef-Tribute. Giraffenaffentheater. Eine weiteres Rapalbum aber, das ließ auf sich warten. Aber nun ist es da. Und, so viel sei vorweggenommen: Es ist eine der besten Platten des Jahres geworden. Alles hat ein Dende. Auch das Warten auf ein neues Ende-Album. Oder andersrum.

Die Frage, die dir in den vergangenen Jahren am meisten gestellt wurde, war vermutlich: »Wann kommt ein neues Album?«
Stimmt. (grinst) Aber das härtet ab. Mit der Zeit wird es weniger schlimm.

Irgendwann haben die Leute vermutlich auch aufgegeben, oder?
Die Frage ist ja immer nur so grausam wie der Stand der Dinge. Da ich aber keine Auskunft darüber gegeben habe, wie verheerend oder positiv der auch aussah, ging das. Und in dem Moment, als ich in der Produktion das Gefühl hatte, die Kurve gekriegt zu haben, war’s auch okay.

Wann war das?
Letztes Jahr im Spätsommer. Da gab es Schlüsseltracks und Knoten, die plötzlich aufgingen. Damit ging eine Sicherheit einher, durch die ich gemerkt habe: Wir sind übern Berg.

Dein Vorgängeralbum »Vom Vintage verweht« ist nun acht Jahre her. Hast du in dieser Zeit denn immer mal wieder Anläufe für den nächsten Langspieler genommen?
Auf der zweiten Tour zur »Vintage«-Platte habe ich ganz intensiv angefangen, an Musik fürs nächste Album zu arbeiten. Ich hatte den Plan, dasselbe nochmal zu machen – aber nicht mehr ­inspiriert von den Achtzigern, sondern von den Neunzigern. Ich habe also Skizzen am Computer gebastelt, das machte für mich total Sinn. Aber leider überhaupt keinen Spaß.

Warum nicht?
Ich hatte das Sample-Feeling verloren. Das kam erst zurück, als ich mir mit I.L.L. Will nun für das neue Album wieder ordnerweise Loops hin- und hergeschickt habe, die in unserer alchemistigen Welt als Beat funktionieren. Damit haben wir ewig lange rumgedaddelt – und dann fielen uns die Krauts wieder ein.

Mit denen wolltest du eigentlich schon 2006 für dein Solodebütalbum »Die Pfütze des Eisbergs« arbeiten.
Genau. Damals war gerade das erste und einzige Moabeat-Album »Dringlichkeit besteht immer« erschienen – und das war genau das, was mir immer gefehlt hatte: Sample-basierte Musik, die aber groß klingt. Das war die Zeit von Madlib und Dilla, die ich liebe, aber das war immer Zimmerlautstärkemusik. Die Frage war: Wie kriegt man das so hin, dass das knallt? Dass das Gerumpel Absicht ist? Aus Gründen hat es damals mit den Krauts nicht hingehauen, aber nun für die neue Platte.

Warum ausgerechnet die Krauts, die nun als Executive Producer fungiert haben?
Weil die so krasse Sample-Nerds sind wie ich – auch wenn man das nicht jedem ihrer Beats anhört. Aber wie die rumcollagieren und aus drei vollwertigen Samples ein komplett neues zusammenmatschen – ich hab irgendwann nur noch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gestaunt. Die Jungs betreiben Songwriting mit Rap-Beats, und das war genau das, was ich immer machen wollte!

Wann habt ihr angefangen, daran zu arbeiten?
Das muss 2014 gewesen sein. Wir haben uns gegenseitig Samples und Skizzen an den Kopp geworfen, hatten auch recht schnell acht, neun Tracks in einer Demo­fassung fertig, konnten aber nur phasenweise daran arbeiten, weil die Jungs ja sehr busy sind. Und dann kam Böhmermann dazwischen.

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