Was man über das neue Frank Ocean-Album »Endless« wissen muss // Albumstream

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Frank Ocean 2

»Endless« ist nicht »Boys Don’t Cry« – aber immerhin ein neues, extrem facettenreiches Frank Ocean-Album. Erschienen ist es urplötzlich, begleitet wird es wie schon Beyonces »Lemonade« von einem Film. Der erzählt allerdings keine konkrete Story, sondern ist abstrakter gehalten, wirkt statisch und distanziert. Man könnte es eine Performance nennen. Während Frank also eine Wendeltreppe aufbaut, erklingen im Hintergrund neue Tracks. Wir haben zusammengetragen, was man über »Endless« wissen muss, was im Vorfeld passiert ist und was am Wochenende noch alles passieren soll. Denn »Endless« scheint nicht das einzige Frank Ocean-Projekt zu sein, das diese Woche im Internet auftauchen wird.

Das ist bisher passiert

In bester Action-Thriller-Manier hielt Frank Ocean seine Fans und die gesamte Musikwelt über die letzten Wochen in Atem. Grund war das Gerücht, der Release des »Channel Orange«-Nachfolgers »Boys Don’t Cry« stünde bevor. Zumindest zahlreiche Insider und Blogs streuten die Information. Frank selber hielt sich hingegen bedeckt. Zu keinem Zeitpunkt bestätigte er einen konkreten Releasetermin im Jahr 2016. Das ultimative Troll-Spiel wurde am ersten August weiter auf die Spitze getrieben, als plötzlich ein Stream mit vermeintlich neuer Musik von ihm ins Netz gestellt wurde. In Wahrheit aber gab es bloß Frank beim Sägen und Werkeln einer Treppe im Loop zu sehen. Die skurrile Szenerie war unterlegt von leisen Pianomelodien. Mehr passierte nicht. Doch die Hysterie war da schon nicht mehr zu stoppen: selten war der Hype um ein Album so groß. Sogar ein von Fans betriebener Benachrichtigungsdienst wurde ins Leben gerufen, der im Falle eines Veröffentlichung von »Boys Don’t Cry« per SMS Alarm schlagen sollte. Nach all den Tumulten wird der heutige 19. August 2016 abschließend in die Geschichte als der Tag der Ocean-Erlösung eingehen. Ohne jegliche Vorwarnung erschien das neue Album »Endless«.

Das ist »Endless«

Die als Visual-Album konzipierten 45 Minuten sind exklusiv im Apple-Browser Safari auf boysdontcry.co im Stream zu sehen und zu hören. Alle Nicht-Apfel-Sympathisanten können sich unterdessen noch an der Aufzeichnung durch den unteren Link erfreuen. Jenes zuvor gezeigte Bildmaterial vom Treppenbau wird jetzt durch die neuen Tracks musikalisch untermalt. Über die genaue Anzahl der Lieder, inklusive diverser Skits, herrscht zurzeit noch keine Einigung. »Endless« beginnt mit »At Your Best (You Are Luhh)«, einem im Ocean-Falsett gesungenen Cover des gleichnamigen Songs von Aaliyah.

Die neuen Songs klingen ruhiger und gehen inniger ineinander über als auf dem mit einem Grammy ausgezeichneten Vorgänger. Nachdenklichkeit und Beklemmung sind allgegenwärtig, springen auf den Hörer über, werden aber durch die sanften Instrumentale nicht zur Belastung. Würde man in nächster Zeit einen Selbstfindungs-Roadtrip anpeilen, wäre »Endless« der ideale Begleiter für einsame Stunden auf der Landstraße. Eine Auflockerung erfolgt durch zwischenzeitliche Rap-Einlagen wie auf »U-N-I-T-Y«, courtesy of Franky himself. »Device Control« ist das abrupte Ende der Endlosigkeit. Das Tempo beschleunigt und die vorherige Ruhe wird zu hippeliger Ruhelosigkeit, die an Italo Disco erinnert. Frank besingt unterdessen iPhone-, Samsung- und Sony-Handykameras und lässt »Endless« zu einem absurden Abschluss kommen. Das passt zum vorherigen Ocean-Wahnsinn.

Das sind die Beteiligen

Schaut man auf die Credits von »Endless« fällt auf: Frank Ocean hat vieles selbst gemacht. Neben Vocals und Lyrics spielte er an vielen Stellen die Piano-Passagen ein. Der aus Austin stammende und mittlerweile in LA ansässige Rapper und Produzent TROY NōKA ist zudem auf einem Großteil der Tracks vertreten und hatte einen erheblichen Einfluss auf den flächigen, gleichzeitig verwinkelten »Endless«-Sound. Auch in seinem eigenen Schaffen und Produktionen für unter anderem Miguel, Chris Brown und Tyga schlägt er die Brücke zwischen Pop und experimenteller Musik. Zum Kreis der Executive Producer zählt außerdem der Londoner Musiker und DJ Joe Thornalley.

Komplementiert wird der kreative Zirkel der an »Endless« Beteiligten durch etwa ein Dutzend weitere Produzenten, Sänger und Instrumentalisten. Der britische Ausnahmesänger James Blake spielte auf »At Your Best (You Are Love)« die Synthesizer ein, Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood ist am selben Track beteiligt. Der venezolanische Beat-Avantgardist Arca, der auch schon zu Sessions mit Kanye geladen wurde, werkelte währenddessen an »Mine« mit. Auch Sampha war auf »T.L.O.P« vertreten und gehört neben Frank Ocean, The Weeknd und Sängern wie A.Chal zu den Reformern des modernen R&B. Auf »Alabama« hört man seine Stimme im Hintergrund neben der von Jazmine Sullivan, deren Karriere einst durch Stevie Wonder losgetreten wurde.

Das soll noch kommen

Wie Apple bestätigte, ist das ominöse »Boys Don’t Cry«-Album unterdessen vom Tisch. Stattdessen soll an diesem Wochenende zusätzlich zu »Endless« ein weiterer Langspieler erscheinen. Der Name ist derzeitig noch unbekannt. Nach der mehrjährigen Wartezeit und einer scheinbar endlos brodelnden Gerüchteküche werden die Fans also gleich doppelt beglückt.