Muso – Amarena // Review

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Muso

 

(Muso / Believe Digital / Soulfood)

Wertung: Viereinhalb Kronen

Was wird man sich bei Chimperator die Hände gerieben haben, als man Muso 2012 unter Vertrag nahm. Das Album »Stracciatella Now« schien inhaltliche Variabilität zu garantieren, mit den Produzenten Markus Ganter und Konstantin Gropper machte man sich auf, musikalische Sphären außerhalb der engen Rapwelt zu erschließen. Alles schien auf das nächste große Ding hinzudeuten. Doch während Ganter und Gropper noch im selben Jahr mit ihrem Wirken an »Hinterland« von Casper genau dieses Ziel erreichten, blieb der angekündigte Erfolg bei Muso aus. Zurück blieb nur die Frage, warum neben Cro und Casper kein Platz in der Welt war, in der das Pop-Rap-Amalgam die Massen begeisterte? Die Antwort liegt wohl irgendwo zwischen zu großen Vorschusslorbeeren, einem nicht immer ganz umgänglichen Auftritt in der Öffentlichkeit von Muso selbst, aber auch in kryptischen Texten und Abstraktionen in Flow und Delivery, die den Hörer herausfordern. Die Zeilen des Heidelbergers waren nie als Vorlage für »nachdenkliche« Tattoos gemacht, sondern bedurften einer tiefergehenden Auseinandersetzung. Mit »Amarena« führt Muso den angebrochenen Weg ohne Chimperator, ohne Ganter, ohne Gropper, aber mit beeindruckender Konsequenz fort. Denn all die Merkmale, die Musos Musik damals schon originell machten, sind noch immer da: Pointierte Flows und Texte, die den Zweck gerne mal dem Reim vorziehen, werden auf elektronischen Flächen, die sich langsam ausbreiten wie eine zähe Flüssigkeit und gelegentlich durch Samples aufgebrochen werden, zu kleinen Märchen. Und die sind im Kern so persönlich, dass man sich mit Muso beim Waldspaziergang wähnt. Man muss diese Person nicht mögen, um zu sehen, dass Songs wie »Two Step Further« oder »Regen« aus dem Kopf eines empfindsamen Künstlers entspringen, der ganz zu Unrecht in Vergessenheit geriet. »Amarena« liefert emotionale Volltreffer, die in ihrer ruhigen Erzählweise alles andere sind als Flowmassaker. Doch Muso erzählt mit seiner modernen Mär sehr viel mehr über die Generation Y, als andere Rapper mit doppelt so vielen Silben und Songs.

Text: Arne Lehrke

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