Walk it, Talk it – Anekdoten aus 22 Jahren JUICE // Feature

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Warten auf Fler

In meiner Zeit bei der JUICE (2016 bis 2019) ist eine ganze Menge passiert. Neben grauen Haaren und Sorgenfalten haben wir dabei vor allem viele kleinere und größere Geschichten gesammelt, mit denen man einschlägige HipHop-Stammtischabende locker über Stunden unterhalten könnte. Unvergessen ist sicher mein Telefonat mit Fler, der not amused war, als wir im Zuge eines Aprilscherzes mal ein Cover mit ihm als Titelhelden veröffentlichten. Als sein Vokabular zunehmend Worte beinhaltete, nach denen ihm der Mund mit Kernseife ausgewaschen gehört hätte, sagte ich ihm, dass ich nun auflegen würde. Er schwor auf seine Freundin und seinen Hund, dass er vorbeikommen und mir aufs Maul hauen würde, wenn ich das täte. Ich legte auf. Und wartete. Fler kam nicht. Ich erinnere mich an eine geplatzte Titelgeschichte mit Capital Bra, der nach durchfeierter Nacht zu spät, müde und lustlos zum Fotoshooting erschien und, welch Wunder, anschließend seine Fotos scheiße fand. Gleichzeitig werde ich nie die vor Dankbarkeit leuchtenden Augen von Mädness & Döll vergessen, die voller Stolz und Demut in die Redaktion kamen, um im Zuge ihrer unverhofften Titelgeschichte ein paar Hefte zu unterzeichnen. Ich weiß noch, wie uns eine geplatzte Coverstory dazu zwang, innerhalb eines Wochenendes eine vollkommen neue aus dem Boden zu stampfen – was uns tatsächlich irgendwie geglückt ist. Ich kann mich auch noch lebhaft daran erinnern, wie einmal die Polizei mit gezogenen Waffen in die Redaktion gestürmt ist und zwei meiner Kollegen ans Treppengeländer gefesselt hat, weil aus unerfindlichen Gründen der Alarm ausgelöst wurde. Man kann wohl mit Fug und Recht sagen, es war ein stetiges Auf und Ab. Stolz und Trauer, Freude und Wut, Bauchschmerzen und Herzklopfen – es war alles dabei. Und ich will die Zeit nicht missen. Aber bin froh, dass sie vorbei ist.
Text: Daniel Schieferdecker
Foto: Murat Aslan

Rap’s Next Generation

Nachdem ich schon seit gut drei Jahren Demotapes von bis dato meist unbekannten Künstlern im MK ZWO Magazin besprochen hatte, fragte mich der Chefredakteur der JUICE, Chris Maruhn, ob ich eine ähnliche Rubrik nicht auch für deren Magazin machen wollte. Lange überreden musste er mich nicht, und so startete im Jahr 2000 Rap’s Next Generation. Der Deutschrap-Boom erreichte damals einen seiner ersten Höhepunkte, und dementsprechend proportional wuchs auch die Anzahl der eingeschickten Tapes. Wobei, das muss man ehrlicherweise auch sagen, ein Großteil von denen nicht wirklich hörenswert war und auch einiges an Durchhaltevermögen und starken Nerven abverlangte. Wirklich hängen geblieben sind mir aus dieser Zeit nicht viele Namen oder Künstler. Und auch wenn das eine oder andere Tape Lust auf mehr machte, hörte man von den meisten Musikern danach nie wieder was. An einen, bei dem das alles nur der Anfang von etwas viel Größerem werden sollte, erinnere ich mich aber noch. Leider hatte die JUICE-Redaktion nach gut zwei Jahren keine Lust mehr, die 15 bis 20 Tapes jeden Monat zu verschicken, weshalb beschlossen wurde, dass die Rubrik zukünftig Marc Leopoldseder von München aus machen sollte. Und just in dieser Übergangszeit erreichte mich damals ein Tape (ich vermute mal, es war »King Of Kingz«) eines jungen Berliner Rappers namens Bushido, von dem ich auch schon die eine oder andere Geschichte gehört hatte. Da ich zu der damaligen Zeit übersättigt von Rap-Musik war, wanderte das Tape jedoch ungehört erst mal in eine große Kiste. Ein Jahr später, als dann »Vom Bordstein bis zur Skyline« erschien, erinnerte ich mich wieder an das Tape, konnte es aber nicht mehr finden. Von Zeit zu Zeit, wenn ich daran denken muss, frage ich mich schon, wie meine Besprechung wohl damals ausgefallen wäre? Hätte ich den Songs und dem Künstler damals eine große Zukunft vorausgesagt, oder wäre das Tape bei mir, der ich bis heute nicht der größte Bushido-Fan bin, gnadenlos durchgefallen? Ich weiß es nicht, und inzwischen haben seine zahlreichen Fans auch eindeutig, entschieden wohin die Reise anschließend gehen sollte.
Text: Stefan Huelsmann

Der Alptraum

Bei der nächsten Geschichte kann ich mich beim besten Willen zwar nicht mehr hundertprozentig an meinen Gesprächspartner, dafür aber ganz genau an meine Panikattacke während der Fragerunde erinnern. Ich hatte damals noch so ein analoges Kassettenaufnahmegerät, auf dem ich die Interviews auf 60-Minuten-Tapes dokumentierte. Ich saß also, ich glaube es war Plattenpapzt, gegenüber und wir unterhielten uns prächtig. Als ich nach guten 20 Minuten zufällig auf mein Aufnahmegerät schaute, bemerkte ich, dass ich das Teil zwar gestartet, aber vergessen hatte, auf Aufnahme zu drücken. In der Hoffnung, dass mein Gegenüber meine aufkommende Panik nicht mitbekommen hatte, versuchte ich mir, bis das Tape stoppen und ich es auf die zweite Seite wechseln würde, jedes einzelne Wort zu merken, um später noch genug Material für den Text bereit zu haben. Und dass einen Text aus dem Gedächtnis zu schreiben nicht gerade ohne ist, weiß jeder, der mal Ärger bekommen hat, weil er seinen Interviewpartner falsch zitiert oder ihm Worte in den Mund gelegt hat.
Text: Stefan Huelsmann

3 Kommentare

  1. Macht jetzt endlich den Laden zu und das Licht vorher noch aus.
    Eure peinlichen Anekdoten, sind doch der aller letzte Nagel im Sarg eurer ewiggestrigen Haltung zu Deutschem Rap.

    Niemand wird euch vermissen!

    • Doch, ich schon ein bisschen. War sicher nicht alles gut, aber zumindest noch halbwegs ambitionierter Journalismus. Ab sofort wird halt nur noch gelutscht von den Arias und Roozes der Welt. Aber die Klientel heute ist ja auch grenzdebil.

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