Schoolboy Q: »Ich habe seit 2013 nicht mehr mit Kendrick aufgenommen« // Titelstory

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Wie wahrscheinlich ist es, dass wir noch in den Genuss eines Black-Hippy-Albums kommen?
Das ist vorbei, Bro. Ich weiß wirklich nicht, woher die Leute die Hoffnung nehmen, dieses Album könne irgendwann noch erscheinen. Dass mich Leute immer noch fragen, ist absurd. (lacht) Wir sind erwachsene Männer. Wir werden jetzt nicht zusammen ins Studio gehen für so was. Wir arbeiten nicht mal zusammen, Dude. Wir sind zwar zusammen im Studio, aber wenn wir schreiben, sitzt jeder von uns in einem separaten Raum. Ich liebe es, Weed zu rauchen – Kendrick raucht nicht. Vielleicht arbeiten wir am selben Song, trotzdem bin ich ganz woanders. Ab-Soul bringt gerne seine Homies mit, da chillen eine Menge Leute. Ich mache das nie, also will ich auch nicht von Leuten genervt werden. Jay Rock chillt mit seinen Leuten. Wir viben musikalisch gar nicht mehr zusammen. Natürlich haben wir kreativen Einfluss auf die Sachen der jeweils anderen, aber musikalisch macht jeder sein eigenes Ding. Ich glaube, niemand von uns hat Bock, noch gemeinsam zu rappen. Wenn dem so wäre, wäre Kendrick auf meinem neuen Album oder auf »Blank Face« gewesen. Ich habe seit sechs Jahren keinen Song mehr mit ihm, Jay Rock oder Ab-Soul aufgenommen. (lacht)

HipHop dieser Tage ist geprägt von Musik, die Depression und seelische Gesundheit im Allgemeinen thematisiert.
Diese Internet-Kids sind depressiv und wollen nur depressive Musik hören. Ich verstehe das nicht. Sie wollen nur über ihr Elend reden, sich förmlich darin suhlen. Als ob man andere hineinziehen wollen würde. Wenn du etwas nicht machst, um deine Probleme zu überwinden, dann hör damit auf! Geh nach draußen, hol dir Hilfe. Wir müssen aufhören, Leute wie Babys zu behandeln, und sie stattdessen zur Verantwortung ziehen. Du kannst die Leute in eine Rehaklinik oder zum Psychiater schleifen, aber der Wille, sich seinen Problemen zu stellen, muss vom betroffenen Menschen selbst kommen. Mittlerweile sind Depressionen so hip, dass Leute daraus Profit schlagen und sich auf Social Media entsprechend zur Schau stellen. Ich verstehe nicht, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, sein Smartphone herauszuholen und sich dabei zu filmen, wie man weint, weil jemand gestorben ist. Das hat doch keinen Sinn. Social Media ist in der Hinsicht ein Fluch. Anstatt sich ihrer Depression zu stellen, wollen die Leute nur Aufmerksamkeit. Menschen sind corny. Mir schreiben immer wieder Leute: Dein Song hat mir das Leben gerettet. Das ist doch Bullshit – du hast dich selbst gerettet!

Aber ein Song oder Kunstwerk kann einem doch eine andere Perspektive eröffnen.
Ja, aber zwei Minuten von irgendwas können dich nicht heilen. Vielleicht hast du einen Bruder oder ein Familienmitglied, die dir jeden Tag Gutes tun, ohne dass du es bemerkst. Stattdessen denkst du, dass dir irgendein Promi, eine Kunstfigur bei deinen Problemen helfen kann.

»Es wird zeit das Feld zu räumen für die nächste Generation«

Menschen fällt es schwer, einen Prominenten als Kunstfigur wahrzunehmen.
Ich merke das immer wieder, wenn Fans mich im Supermarkt erkennen. Die denken erst mal, dass ich dieser Rap Character bin. Was denkst du denn, wie ich reagiere, wenn du mir als wildfremder Mensch auf die Schulter tippst? Natürlich ist meine erste Reaktion nicht, »Whatup, my n**ga?!« zu rufen und dich zu umarmen.

Wie gehst du mit solchen Situationen um?
Ich verhalte mich wie ein normaler Mensch: »Oh, hi, wie geht’s dir?« Wenn jemand nach einem Foto fragt, bekommt er das natürlich. Ich habe kein Bedürfnis, mich in einer solchen Situation zu verstellen. Ich mache Musik für mich selbst – wenn sie dir gefällt, ist das dope. Versteh mich nicht falsch: Ich liebe meine Fans, sie ermöglichen mir einen gewissen Lebensstandard und dass ich für meine Tochter sorgen kann. Ohne sie bin ich nichts. Aber das, was ich für sie darstelle, gebe ich ihnen, solange der Song läuft. Wenn ihnen das Freude bringt: cool. Aber was sie machen, nachdem der Track vorbei ist, ist ihre Sache.

Deine Musik hat auch eine düstere Seite.
Das stimmt. Wenn ich depressiv bin, möchte ich keine traurige Musik hören. Wenn einer meiner Jungs stirbt, möchte ich einfach keinen Song hören, in dem es um den Tod geht. Andere Menschen machen das aber! Ich verstehe nicht, wieso Leute ihre Depression nicht überwinden möchten. Es scheint gesellschaftlich irgendwie normal geworden zu sein, dass man in seinen Gefühlen stagnieren möchte. Lächle, sei nett zu deinen Freunden, verbring Zeit mit ihnen. Und wenn du professionelle Hilfe brauchst, dann hol sie dir.

Es gibt Statistiken, die besagen, dass Afroamerikaner weitaus anfälliger für Depressionen sind als weiße US-Bürger. Wenn sie unterhalb der Armutsgrenze leben, steigt das Risiko nochmals. Woher glaubst du kommt das?
Das sind die Folgen der Sklaverei. Wir sind entsprechend konditioniert, unsere Psyche ist abgefuckt. Ich fühle mich in der Gegenwart von Weißen sicherer. Wenn ich mit bestimmten Schwarzen herumhänge, habe ich das Gefühl, wachsam sein zu müssen. Das ist traurig. Ich versuche mir das abzugewöhnen. Aber so wurden wir programmiert: Wir sind faul, wir himmeln einen weißen Jesus an. Das sind alles Dinge, die Schwarze nicht tun sollten. Ich verstehe nicht, wie man als Schwarzer dem christlichen Glauben folgen kann.

Verstehst du dich als Atheist?
(lacht) Fuck no! Ich verstehe nur nicht, wie man sich von einem Haufen weißer Christen verschleppen lassen und dann am Ende deren Religion annehmen kann. Das klingt nach einem House N***er, wenn du mich fragst. (lacht) Es ist mir scheißegal, ob jemand diese Aussage in den falschen Hals bekommt. Ich zensiere mich nicht mehr selbst, ich sage, was ich denke. Ich glaube einfach, dass wir Schwarzen uns mehr Mühe geben müssen. Und das fängt in unserem direkten Umfeld an. Gangbanging, Vergewaltigungen, Serienmörder – all das wird nie aufhören, solange wir uns nicht in unserem Umfeld umsehen und solche Tendenzen unterbinden. Es gibt in der Hood jeden Tag Ganggewalt, die Menschenleben fordert. Wieso marschieren die Menschen nicht in ihrer eigenen Hood? Stattdessen geht man irgendwo anders hin, um zu protestieren. Ich wäre sogar bereit, gegen meine eigenen Leute zu marschieren, wenn es das Problem löst. Wir alle müssen Verantwortung in unserem Freundes- und Bekanntenkreis übernehmen. Niemand bringt einfach so jemanden um oder vergeht sich an einem 9-Jährigen. Es gibt immer Anzeichen. Die gilt es zu erkennen.

Ist die Ansicht etwas, das du irgendwann in deiner Musik ausdrücken würdest?
Es gibt Songs wie »Crash«, wo ich solche Dinge anspreche, aber eben auch Tracks wie »Die Wit Em« oder »Gang Gang«, die die andere Seite meiner Persönlichkeit zeigen. Wenn ich Mord glorifizieren würde, würde ich keine Songs wie »Attention« oder »Crash« machen. Ich finde es wichtig, dass Künstler eine gewisse Message in ihren Texten verpacken, aber gleichzeitig wäre es Quatsch, das von allen Künstlern zu erwarten. Wenn du im Sommer mit deinen Jungs zum Strand fährst, willst du doch keinen »Fight For Your Rights«-Rap hören.

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