Alles real: »Familiye« ist echtes Straßenkino aus Berlin // Feature

-

Soundtrack von Xatar und Haftbefehl: Check. Co-Produktion von Moritz Bleibtreu: Check. Klingt nach großem Kino? Ist es auch. Mit »Familiye« erfüllen sich Sedat Kirtan und Kubilay Sarikaya – Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler des Films – einen Traum.

Rauchschwaden ziehen durch die Frühlingsluft. Wir sitzen in Sedats und Kubilays Heimatbezirk Spandau. Wasserpfeifen stehen vor uns, während wir über ihr neues Werk sprechen. »In ‚Familiye‘ geht es um die Zerrissenheit der Familie und den Schmerz der Brüder«, fasst Kubilay zusammen. Im Film spielt er Danyal, den ältesten von drei Brüdern, die als Waisen im Spandauer Lynar-Kiez leben – inmitten von Gewalt und Drogen. Als Danyal nach abgesessener Haftstrafe auf freien Fuß kommt, scheint die Existenz seiner Brüder aus den Fugen geraten: Miko ist der Spielsucht verfallen. Er hat einen Berg Schulden angehäuft und vernachlässigt es völlig, sich angemessen um den dritten Bruder zu kümmern – Muhammed mit Down-Syndrom. Mikos Schulden sind fällig. Das Sozialamt droht, Muhammed in eine Einrichtung einzuweisen. Danyal muss kämpfen, um den Familienverbund zusammenzuhalten. Es entspinnt sich eine ergreifende, ungeschönte und trotz allem humorvolle Geschichte. Einerseits ist »Familiye« filmgewordene Sozialkritik und setzt sich mit Problemen wie gescheiterter Integration, Spielsucht und Beschaffungskriminalität auseinander, andererseits vermittelt der Film eine grundpositive Botschaft und dient der Inspiration. »Wie viele Rückschläge du auch erfährst, du darfst nie aufgeben. Bei unzähligen Produzenten sind wir abgeblitzt. Nun hat Moritz Bleibtreu den Film co-produziert«, bilanziert Kubilay. »Einmal mehr bestätigt sich die alte Regel: Das Beste kommt zum Schluss. Dass ‚Familiye‘ nun in den Kinos gezeigt wird, erfüllt uns mit Genugtuung.« Sedat ergänzt mit einem Strahlen: »Nach der Premiere auf dem Filmfest in Oldenburg sagten Leute zu uns: ‚Euer Film hat unser Herz berührt.‘ Da wussten wir: Wir haben etwas erreicht.« Schon bei der Kurzfilm-Trilogie »Der Holland Job« (2016) von Xatar und Haftbefehl führten die beiden Regie. Xatar war es schließlich auch, der den Draht zu Bleibtreu herstellte: »Ihm haben wir zu verdanken, dass wir jetzt hier sind. Er hat an uns geglaubt und uns Moritz vorgestellt. Xatar hat alles ins Rollen gebracht«, meint Sedat. So logisch die Konsequenz, dass Xatars Musik Teil des Films ist, so überraschend der Auftritt des Rappers als demütiger Bäcker, der ihn von einer neuen Seite zeigt. Bleibtreu mag Co-Produzent sein, Xatar und Haftbefehl mögen für den Soundtrack verantwortlich sein. Für Kubilay besteht dennoch kein Zweifel daran, dass der Held des Films ein anderer ist: Muhammed, der einer von Sedats zehn leiblichen Brüdern ist. »Er ist fürs Filmemachen geboren. Die Kameramänner und Tontechniker haben ihre Münder am Set vor Staunen nicht mehr zubekommen: Muhammed ist der Star des Films. Er verdient jeden Erfolg.«

Ab 3. Mai 2018 ist »Familiye« bundesweit im Kino zu sehen.

Foto: Miko Silla

Dieses Feature erschien erstmals in JUICE #186. Die aktuelle Ausgabe versandkostenfrei im Shop bestellen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein