Wer sich einmal genauer mit Aubrey Drake Graham beschäftigt hat, der weiß, dass Drizzy auf seinem steinigen Weg Richtung Weltruhm nicht den Werdegang des Durchschnittsrappers hinter sich gebracht hat. Nein, Drake war 15, als er über einen Freund seines Vaters, der seine Brötchen als Schauspielagent verdiente, für die Rolle des Jimmy in der kanadischen Teenie-Soap »Degrassi« gecastet wurde. So spielte der junge Drake in 138 Folgen einen Schüler, der als Star des High-School-Basketballteams von einem Mitschüler angeschossen wird und fortan querschnittsgelähmt an den Rollstuhl gefesselt ist. Dieser Fun Fact sorgte vor allem zu Beginn seiner Rapkarriere für gelegentlichen Hohn. Die Wahrscheinlichkeit, als Soap-Darsteller den Aufstieg zum Rapstar zu schaffen, schien schließlich nicht gerade groß. Wer sich die vergangenen Jahre nicht in einer einsamen Höhle im Wald versteckt hat, wird jedoch wissen, dass Herrn Graham dieses Kunststück mit Bravour geglückt ist.
Warum das an dieser Stelle etwas zur Sache tut? Nun, für den Kurzfilm »Jungle« besinnt sich Drizzy auf seine schauspielerischen Wurzeln und lässt uns in die Gedanken- und Traumwelt des vielleicht verletzlichsten Rapstars aller Zeiten (#noemo) eintauchen. Der knapp viertelstündige Drakebuster ist gespickt mit Home-Video-Aufnahmen aus vergangenen Tagen, Slowmo-Shots reizender weiblicher Salzsäulen und natürlich ganz vielen Einstellungen des nachdenklichen Drake. Gäbe es eine deutsche Fassung, der Film würde wohl »Keiner kommt klar mit mir« heißen, auch wenn das bereits Frank White seine Idee [sic!] war. Auf musikalischer Ebene ist der Film an zwei Stellen interessant: im Abspann, aber vor allem ab Minute sechs, wenn der Hauptdarsteller mit seinen OVO-Woadies streunenderweise auf einen eiskalten Glockenbeat sein verschneites Home Turf (»The 6«, wie er Toronto nennt) markiert. Konkrete Rückschlüsse lässt das Filmchen jedoch nicht zu. Weder darauf, ob das gemunkelte Mixtape nun bald droppt noch ob Sadboy Drizzy dieses Jahr seinen Seelenfrieden finden wird. So oder so: Drizzy Season has officially started.
UPDATE (13.02.): Die Anzeichen hatten sich verdichtet. Nun ist das o.g. Mixtape da und trägt den Titel »If You’re Reading This It’s Too Late«. Mittlerweile gibt’s das gute Stück auch im deutschen iTunes-Store oder im Stream via Livemixtapes (s. unten). Den Großteil der Produktion übernehmen Boi-1da und OVO-Soundvisionär Noah »40« Shebib. Das Tape erscheint genau sechs Jahre nach der ersten »So Far Gone«-Version, die im Februar 2009 den Siegeszug des Aubrey Graham einläutete.