One Nation Under A Groove – die neuen deutschen Beat-Labels // Feature

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Dezi-Belle Records im Interview

»Die Hood ist sehr wichtig für uns«

Dezi-Belle Records und ihr heutiger Betreiber Cmy Flow haben eine organische Entwicklung durchlaufen. In fünf Jahren wuchs aus einer rein digitalen Veröffentlichungsplattform für Beatmaker mit Sample-Traditionsbewusstsein ein Liebhaber-Label mit festangestellten Mitarbeitern, international wachsender Stammhörerschaft und: einer eigenen Vinyl-Schneidemaschine.

Was war die Ursprungsidee hinter Dezi-Belle Records?
Die war simpel: Wir wollten unbekannte Künstler supporten. Das Label trägt bis heute einen starken Nachbarschaftsgedanken in sich. Fast alle Künstler von Dezi Belle wohnen in Berlin-Wedding. Die Hood ist sehr wichtig für uns, wir bewegen uns nach wie vor in einem engen Kreis von Musikern. Ich persönlich bin erst 2014 dazugestoßen. Der Gründer Leander Kirschner hat das Label aber mittlerweile verlassen, daher bin ich nun der Hauptverantwortliche.

Im Gegensatz zu anderen Indie-Labels besitzt ihr eine eigene Vinyl-Schneidemaschine und produziert eure Platten selbst. Wie kommt man auf so eine Idee?
Das war eine rein wirtschaftliche Entscheidung. Wir haben die »Scenes« von Superior damals pressen lassen, die aber nicht so gut lief – auch aufgrund fehlender Vertriebskanäle. Ich habe dann nach Möglichkeiten gesucht, wie wir unsere Vinyls künftig »on demand« produzieren können und nicht immer gezwungen sind, große Auflagen beim Presswerk zu bestellen. Zudem haben Presswerke oft käufliche Auftragsprioritäten und schieben kleinere Anfragen wie uns teilweise über Monate oder vertrösten uns aus völlig unersichtlichen Gründen – dass zum Beispiel die Grafikdaten falsch seien. Darauf hatten wir keine Lust mehr.

Wie produziert ihr eure eigenen Vinyls denn genau?
Im Endeffekt ist jede Kopie ein Unikat. Das kann man mit der Vervielfältigung bei Kassetten vergleichen. Die Vinyl-Rohlinge, auf die ich die Musik überspiele, bekomme ich nach wie vor von dem Typ, der die Maschine gebaut hat – das ist so ein verrückter Tüftler, der in einem Bergdorf hinter Stuttgart wohnt. An die Maschine kann man auch alles anschließen: Laptop, Tablets, Handys, Tapedecks. Eigentlich spricht man bei unseren Platten auch von Dubplates, aber das wird der Sache nicht gerecht. Wir produzieren keine Lack-Dubplates, wie man sie aus dem Reggae kennt, die du nach zwanzig Mal abspielen wegwerfen kannst. Unsere Platten sind Vinyl-Dubplates, die sich von der Lebensdauer und Klangqualität nicht von einer Platte aus einem großen Presswerk unterscheiden.

Nach welchen Kriterien wählt ihr denn ein mögliches Release aus?
Mittlerweile mache ich Dezi-Belle Records alleine. Daher ist das einzige Kriterium: Es muss mir gefallen. Dass wir eher Instrumental-Producer featuren, liegt daran, dass ich viele Rap-Sachen einfach nicht mag. Auch wenn ich mit Künstler A bestimmt wüsste, dass ich in Playlist B komme und damit dann 10.000 Euro monatlich verdiene – wenn es mir nicht taugt, lasse ich es. Bei diesen Playlisten muss man ja auch vorsichtig sein, denn manche nehmen ja auch Geld für die Placements, und dann finde ich die Selection oft nicht rund genug, als dass ich dafür Geld ausgeben möchte.

Diess Feature erschien in JUICE #183 (hier versandkostenfrei nachbestellen).

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