When keeping it real goes right: Ohne jegliche musikalische Scheuklappen trat Tim Tschentscher im Oktober sein Praktikum in den heiligen Redaktionshallen unseres geliebten Saftladens an. Ob er seinen Klanghorizont seitdem erweitern konnte, ist uns zwar nicht bekannt. Davon auszugehen ist allerdings, dass ihn die Interviews mit u.a. Keno, Ivan Ave und Tami in seiner journalistischen Laufbahn ein kleines Stück vorangebracht haben sollten. Für unsere Autorencharts gräbt der Paderborner nicht nur im eigenen Plattenschrank, sondern auch in seinem Youtube- und Soundcloud-Feed und erinnert sich zurück an äußerst exklusive Abendgestaltung mit Gen-Y-Cool-Kids-Feeling.
10. Live From Earth x HVNUSCH PLVTZ FLXW (YouTube-Kanäle)
Ich habe es relativ zeitig gelassen, mich gegen die Produkte der Generation-Ypsilon-Beta-Nullpunktneun zu wehren. Als orientierungsloser Mittzwanziger mit fast abgeschlossenem Irgendwas-mit-Medien-Studium meine ich mich ständig im Spagat zu sehen, genau zu wissen, was diese kreativen Knilche und Knaben in ihrer aggressiven Trash-Sucht antreibt, obwohl ich nicht mehr fünfzehn bin, einem halbwegs geregelten Tagesablauf folge, diesen Satz also nicht ohne Schachtelsätze beenden werde und einfach nicht mehr wissen kann, was nun der heiße Scheiß bei den Heranwachsenden ist. Während ich mich daran erinnere, wie ich mit besagtem Teenager-Alter noch löffelweise Kakaopulver in meinen Gucci-Belly hineinschaufelte, erfahre ich die YouTube-Kanäle Live From Earth und HVNUSCH PLVTZ FLXW als zentralen Anlaufpunkt für Menschen mit dem etwas anderen Pulver im Löffel. Das sei an dieser Stelle durchaus positiv gemeint. Die in neue Extreme ausartende Lust, Minimalismus in Hypermaximalismus krachen zu lassen, ruft in mir derart voyeuristische Züge hervor, dass ich dabei nur all zu gerne auf den Abonnieren-Button boxe. Meine Realkeeper-Akkus lade ich als kulturoffener Mensch derweil andernorts auf. Dort, wo es Sinn macht. Best of all worlds!
09. Temp Affairs Festival 2015 (Konzert)
Den implizierten Spiegel ließ ich mir Mitte Oktober im Osten Berlins vorhalten. Als sich wesentlich mehr Swag-Queens und -Lords in einem ausrangierten Fabrikgebäude einfinden wollten als möglich, erzeugte das überforderte Sicherheitspersonal für die wenigen glücklichen Hypebiester, die das Gelände betreten durften, ein unfreiwilliges Gefühl der Exklusivität. Während die Shermans, Goons, Hurns und andere Helden des Internets bis in den darauffolgenden Mittag ihre catchy Wavyness entluden und das mehr als spezielle Publikum von einer Ekstase in die nächste glitt, wollte irgendein Teil in mir sich dem Serotonin-Haushalt ruinierenden Mob eigentlich abwenden, nachdem der Pflichtteil abgegolten war. Als sich der am Eingang kleben gebliebene Großteil des Publikums derweil mit eigens kuratierten Money-Boy-Tweets gegenseitig auf den Sack ging, wollte der andere Teil von mir nicht aufhören, sich der Mini-Fusion hinzugeben. Ich lernte zu akzeptieren, dass die Movement-Familie selbst für freiberufliche Kulturkritik-Fuzzis wie mich einen Platz hat. Puh, swagger on a zillion. Ich war nochmal Teil der coolen Kids. An jenem Wochenende entstand vermutlich auch das Video zu »Opernsänger«.
Eigentlich schöne Liste, aber wieso wird Yung Hurn als „E-Musik“ abgestempelt? Ich persönlich finde schon, dass man diese Musik feiern kann, weil sie einfach gut klingt, und nicht weil sie lustig ist. Oder habe ich da was falsch verstanden?