»Viele hier wissen nicht mal, was in anderen Teilen von Belgien passiert« // Woodie Smalls im Interview

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März 2020. Für einen Monat soll ich in Brüssel für einen Radiosender als Korrespondent arbeiten. Viel Vorfreude. Vor Ort legt sich das schnell. Der Grund: Tägliche und zunehmende Besorgnis wegen der Ausbreitung des Corona-Virus. Die bereitet auch Woodie Smalls Sorge. Seit Jahren geistert der Name durch die Szene der Newcomer, mit einigen Achtungserfolgen. Doch nach seinem Album »Soft Parade« aus dem Jahr 2015 kam von dem damals 19-jährigen, der auch schon auf dem splash! Festival aufgetreten ist, kein weiteres Release. Jetzt aber: Am Freitag, den 20. März, erscheint »In Between Spaces«. Ein Moment, auf den Woodie seit Jahren wartet. Als wir in der Lobby eines Hotels in Brüssel sprechen, weiß ich noch nicht, das Belgien in der Nacht die Schließung aller Restaurants und Cafes verkündet – und ich noch am selben Tag Brüssel vorzeitig verlasse.

Dein Album kommt raus. Und trotzdem – oder gerade deswegen: Wir müssen über Corona reden. Du wartest seit Jahren darauf, dein Album zu releasen. Jetzt steht es kurz bevor und das Covid-19-Virus breitet sich in Europa und überall auf der Welt aus.
Das ist total beschissen. Ich habe mich drauf gefreut, zu performen. Jetzt werden überall Shows gecancelt. Ich weiß nicht, ich hoffe, dass es für mich irgendwie alles trotzdem funktioniert. Toon [Woodies Manager, Anm. d. Verf.] sagt, es wird sich positiv auf die Streams niederschlagen (aus dem Hintergrund schreit jemand: »Digital Marketing!«). Ja genau, der digitale Aspekt wiegt dann schwerer. Es ist verrückt. Meine Konzerte wurden noch nicht gecancelt, aber es ist möglich. Ich will das Album nicht verschieben. Es ist sowieso schon im System, also hilft alles nichts, es kommt raus.

Und heißt »In Between Spaces«, zwischen den Räumen quasi. Zwischen welchen Räumen befindest du dich denn?
Ich habe keine Ahnung. Ich war zum Beispiel an vielen Orten während der Albumproduktion. Einige Songs haben wir in Antwerpen aufgenommen, andere in der Schweiz, in Deutschland oder in Los Angeles. Ich fühle mich so, als wäre ich irgendwo zwischen all diesen Orten, aber nicht von diesen Orten. Darüber hinaus bin ich irgendwie inmitten von allen möglichen Sachen gerade. Und ich frage mich: Von all diesen Dingen und Orten – wo passe ich rein? Deswegen habe ich es so genannt.

Dein Debüt ist 2015 erschienen. Warum hat es so lange gedauert bis ein Nachfolger fertig war?
Du willst gar nicht wissen, was wir alles durchgemacht haben. Ich habe mein altes Label verlassen, habe versucht Musik zu releasen. Ich habe Songs auf dem Album, die von 2018 oder 2017 sind. Ich habe einen Song, auf dem ich sage, dass ich 22 Jahre alt bin. Ich werde diesen Sommer 24. Es ist verrückt, aber endlich kommt es raus.

»Ich hatte eine Releaseparty, Aber keinen Release. Das war seltsam.«

Du hast seit Jahren einen ordentlichen Untergrundhype. 2015 hast du mit 18 Jahren dein Debütalbum »Soft Parade« veröffentlicht, dann immer mal wieder Singles. Du hattest auch einen Song auf dem »NBA2K18«-Soundtrack. Andere Künstler nutzen in frühen Jahren kleine Hypes für viele Releases. Was ist da bei dir passiert?
Ich wollte eigentlich schon Ende Dezember 2018 ein Album rausbringen. Wir hatten sogar schon eine Releaseparty! Und dann wurde das Album gecancelt. Wir hatten, wie gesagt, Probleme mit dem Label. Ich hab mir nur gedacht: »Mir ist das doch alles egal, ich will nur Musik rausbringen!« Ich musste dann bei der Releaseparty auftreten, obwohl es keinen Release gab. Das war so seltsam. Es sind trotzdem Leute gekommen, aber die haben sich auch gefragt: »Warum genau sind wir hier?« Jetzt will ich demnächst endlich mal richtig feiern, dass wir es geschafft haben. Auf dem Album sind jetzt auch nicht nur alte Songs drauf. Auch viele neue Sachen.

Auf dem Album sind auch bekanntere amerikanische Rapper wie AK the Savior von The Underachievers oder Isaiah Rashad. Du warst inzwischen auch bei einigen größeren Künstlern auf Tour mit dabei. Wie hast du entschieden, wer auf deinem Album mit dabei ist?
Es war nicht schwer. Ich hatte auf einigen Songs schon die Verses fertig und habe überlegt, wen ich da draufhole. Ich war schon mit AK und Isaiah befreundet. Mit AK ging es ganz schnell. Ich habe ihm einen Track geschickt, er fand den cool und hat ein paar Tage später den Part zurückgeschickt. Bei Isaiah war es anders. Wir haben uns in Chicago kennengelernt und sind dann dort ins Studio gegangen. Aber eigentlich kannten wir ihn schon vorher. Kennst du die Story?

Nein.
Okay, also eigentlich haben wir Isaiah nämlich drei Jahre vorher in Brüssel kennengelernt. Wir sind zu seinem Konzert gefahren, mit einer Tüte voll Gras. Wir wollten einfach mit dem abhängen, irgendwie schauen, dass wir was mitkriegen, weil wir seine Musik gefeiert haben.

Aus dem Hintergrund mischt sich Woodies bester Freund Mounsiff ein und erzählt die Geschichte, wie sie es an dem Abend schaffen, Kontakt aufzunehmen und er plötzlich mit Isaiah im Tourbus abhängt. Sie fangen an zu rauchen, Mounsiff zeigt Isaiah Musik von Woodie Smalls. Drei Jahre später stehen Woodie Smalls und Isaiah Rashad plötzlich zusammen im Studio in Chicago.

Isaiah meinte zu mir: »Du bist der große Ni**a von damals?« (lacht). Wir feiern seine Musik schon solange, es ist verrückt, jetzt einen Song mit ihm zu haben. Das ging auch so schnell. Er hat den Song gepickt. Er wollte unbedingt den Song. Er hat seinen Verse super schnell geschrieben. Das war gar nichts für ihn.

»Belgien ist verdammt grau, verdammt regnerisch, das zerstört deine Stimmung.« – weiter geht es auf Seite 2.

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