$uicideboy$ – I Want Do Die In New Orleans // Review

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Wertung: Drei Kronen

(659)

Interessant zu wissen wäre gewesen, wie viel das Wort »Don’t« am Debüt der $uicideboy$ geändert hätte. Eigentlich sollte die Platte nämlich eine Umkehr der üblichen Erfolgserzählung werden, in deren Rahmen der Ruhm das Umfeld korrumpiert, das Leben auf Tour das Gehirn zersetzt und am Ende alles in Depression untergeht – bis Ruby Da Cherry und $crim realisierten, dass ohnehin vorhandene suizidale Tendenzen eben nicht vor den Schattenseiten des Fames feien. Statt eines Twists liefert das erste Album nach über vierzig Releases also vor allem eine Bestätigung des bislang gestrickten Netzes aus Memphissound, Pop-Punk-Hooks, Emovibe, Aggressionsproblem und sehnsüchtigem Memento-Mori-Talk. Die fingierte Konkurrenz weint da am Anfang des selbstreferenziellen »King Tulip« über die spielverändernden Fähigkeiten des Duos, später darf Hohepriester Bones eine Grabrede halten, dazwischen steckt ein Lebenswerk, mal zurückgelehnt aus der Welt flüchtend, mal aufgelöst aus ihr scheidend. Dem Status quo fügt das wenig Neues hinzu, doch die Posen sitzen: Den übersteuerten Beat in »War Time All The Time« muss man erstmal meistern, ebenso wie die Hooks, die Ruby Da Cherry trotz tonaler Unstimmigkeiten ohne eine Miene zu verziehen in »Long Gone (Safe Me From This Hell)« oder »Nicotine Patches« unterbringt. Zusammen hält all das eine Hand voll Nachrichtensamples, die den desolaten Zustand der Heimat New Orleans betonen und damit zumindest die Ahnung einer gesellschaftlichen Dimension eröffnen. Über dieses Aufflackern kommt die Platte leider kaum hinaus, selbst wenn sich »Carrollton« und »Fuck The Industry« Mühe geben, Haltung anzudeuten. Insgesamt bleiben damit bei aller Geschlossenheit Fragen: Wieso wagen die $uicideboy$ mit ihrer proklamierten Edgyness nicht mehr? Wieso versanden mindestens zwei spannende Ideen als Skizzen im überlangen Closer »I No Longer Fear the Razor Guarding My Heel (IV)«? Und lässt sich die Qualität dieser Gruppe vielleicht gar nicht in einem Album messen, sondern nur als gesamtes Phänomen?

Text: Sebastian Berlich

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