»Statt Boombap jetzt Trap? Man, verkauf dich doch nicht!« // Johnny Rakete im Interview

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Auf »Seit Schumi weg ist« rappst du auch: »Deutsche Rapper reden über deutsche Rapper so als wären sie selber keine deutschen Rapper/ Ich bin ein deutscher Rapper/ Der Begriff wird wieder positiv besetzt nachdem ich euch zerfetzt hab«. Was genau stört dich an dieser Haltung?
Das hat sich im deutschen Rap irgendwie so ergeben. Dieses ironische, dieses »Deutschrap ist zwar Scheiße, aber ich mach’s auch, aber dafür cool«. Es stehen sich zwei Äpfel gegenüber, die exakt gleich aussehen und der eine sagt: ‚Du Scheißapfel, Alter‘.« Das ist total dumm. Diese Art, sich abzuheben, ist voll der Unsinn. Man, du bist Teil von Deutschrap, stell dich nicht so an. Und anstatt es schlecht zu reden, mach doch lieber etwas dafür, dass du dich nicht mehr schämen musst. Ich meine, mache ich deutschen Rap? Ja. Ist es mir manchmal peinlich? Ja, aber ich gehöre halt auch dazu.

Ist es dir denn manchmal peinlich?
Natürlich! Klar, ist es mir peinlich. Ich glaube, es gibt keinen deutschen Rapper, dem das nicht manchmal peinlich ist. Daher wächst diese Art, sich zu äußern ja auch. Aber… Nein, Alter! (lacht) Diese Versuche, sich so krampfhaft auszuschließen, um sich eine Insel zu bauen. Deutschrap ist mir aber auch wegen vielen Akteuren peinlich und wegen dem, was sie machen und sagen. Und wegen seiner Uneigenständigkeit. Weil wir immer noch am Zipfel Frankreich und den USA hängen und das machen, was da vor drei Jahren cool war.

»Alles, was man an Klischees über Kiffer und Rap haben kann, erfülle ich in gewisser Weise«

Aber lässt sich das ändern? Rap hat ja nun mal auch seine Ursprünge.
Für mich ist das eher das offensichtliche Fehlen von eigener Kreativität. Ich würde mir dumm dabei vorkommen, zu sagen: »Jo, mach mir mal einen Future-Type-Beat«. Das würde mir selbst nicht gerecht werden. Aber da haben viele einfach wohl ganz andere Ansprüche an das, was sie machen.

Würdest du dich heute eigentlich noch als Klischeekiffer bezeichnen wie damals beim BR?
In gewisser Weise schon. Alles, was man an Klischees über Kiffer und Rap haben kann, erfülle ich in gewisser Weise. Wobei: In meinen Augen sind Klischee-Kiffer Leute mit Reggae-Fahnen und so, in der Ecke bin ich ja nicht. Aber ich glaube, ich entspreche schon dem Klischee eines kiffenden Rappers. Aber die Beschränkung meiner Person darauf kann ich nur teilweise nachvollziehen, weil es inhaltlich ja nicht der einzige Schwerpunkt ist. Bei mir ist das in den meisten Fällen eher Teil des Ganzen. Menschen brauchen aber einfach Schubladen und Einordnungen. Drum habe ich mich in diese Doku gesetzt und dieses Bild damit ein wenig ausgebaut. Und wenn die Leute meine Musik auch noch gerne beim Kiffen hören, bin ich halt Kiffer-Rapper. Was soll’s.

Und es kann dich als Künstler für die Hörer natürlich auch greifbarer machen. Viele Rapper scheitern ja eben auch an einer gewissen Profillosigkeit.
Klar hat mir das auch geholfen! Ich habe mal von einem Musik-Business-Menschen folgende Sache gehört: Wenn du einen Künstler nicht in drei Worten beschreiben kannst,
ist er uninteressant. Ich habe auch durch meine Haare, meine Mütze und generell durch meine Optik einen Wiedererkennungswert. Und wenn mir diese Kiffer-Schublade dabei hilft, bei mehr Leuten in den Köpfen zu bleiben, dann soll mir das recht sein, da profitiere ich ja von.

Du hast zuletzt aber auch mal ein halbes Jahr nicht geraucht, oder?
Genau. Zu 98 % habe ich pausiert. Erst in den letzten Wochen wurde es wieder mehr. Ich habe aber Pause gemacht, weil viel anstand. Uni-Bewerbungen, Album – es gab viel zu tun. Zu viel, als dass ich zeitgleich in meinem Kopf Platz für Gras gehabt hätte. Ich habe das diesjährige splash! fast komplett ohne Gras verbracht, ich habe nicht eine Tüte selber gebaut. Ich bin jetzt auch 28, ich kiffe seit über zehn Jahren. Dieses halbe Jahr war die längste Pause, die ich seitdem gemacht habe. Und es war super! Es war wirklich gut, zu sehen, dass es auch ohne funktioniert. Die ersten zwei Wochen sind natürlich hart, weil auch viel von deiner Routine verloren geht. Was macht man, wenn man zuhause sitzt und normalerweise eine Tüte raucht? Ich habe erstmal doppelt so viele Zigaretten geraucht wie sonst. Und irgendwann merkst du, dass es easy geht. Jetzt, wo alles geklärt ist und alles wieder geregelt läuft, kann ich daran auch wieder mehr Spaß haben.

Interview: Louis Richter
Fotos: Paul von Heymann

3 Kommentare

  1. Mal unabhängig von Inhalt des Interviews: Hr. Richter warum gendern sie in diesem Artikel nicht und schreiben stattdessen nur von Rappern und Hörern? Es gibt mittlerweile echt eine große weibliche Hip-Hop Community, diese fallen bei ihrer Art der Formulierung absolut unter den Tisch. Das erscheint mir als Rap-HörerIN leider sehr schwach.^^

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