Über ein Jahr wurde es angeteast, jetzt ist es endlich draußen: »Peach Panther«, das zweite Studioalbum von RiFF RAFF. Dieser lässt sich weiterhin keineswegs daran behindern zu scheinen und bahnt sich in Jawwdinz mit Husky Jody an der Seite seinen Weg in die Sphären der richtigen Megastars. Um sich der Musik von RiFF RAFF anzunähern, kann man getrost etwas ausholen und das Phänomen beschreiben, das um das musikalische Produkt herum stattfindet. Was macht diesen außergewöhnlichen Charakter aus und lohnt es sich, ein Ohr auf die neue LP zu legen?
»Oh sh*t, look who it is! It’s the white Eddy Murphy!« Im Ohr hat man noch »How To Be The Man« auf minimalistischem Mustard-Instrumental mit dem dazugehörigen menschgewordenen Cartoonstreifen. Oder mindestens das Bronsoliño-Feature »Bird On A Wire« auf dem genialen, nicht tothörbaren Harry-Fraud-Beat. Auf Riffs Twitter-Account werden mit auffällig hoher Dichte Leute retweetet, die Aussagen der Neon-Ikone für ihre High-School-Abschlussbücher verwenden: »Rap game Madonna graduating with Versace honors.« Dieser Tumblr-Account hat es sich zur Aufgabe gemacht, die literarisch wertvollsten Quotes zu posten. Der größtenteils im texanischen Houston aufgewachsene Riff Raff hat sich im Laufe der Jahre unzählige AKAs zugelegt: Neon Icon, Neon Python, Versace Python, Jody HiGHROLLER, Aquaberry Backfist, Neon Knuckles, Kokayne Dawkinz, The Freestyle Scientist, Jody 3 Moons, Iceberg Simpson und eben auch Peach Panther. Das Spannende daran ist, dass all diese Nicknames ein und dieselbe Person beschreiben – und das auch immer irgendwie ziemlich treffend. Was Riff Raffs Künstlerpersona ausmacht, ist, dass er nebst seinen zahllosen, ebenfalls am Mikro utopisch prahlenden Kollegen eine – mittlerweile – recht greifbare Figur ist. Der Typ an sich ist schon ein Happening. Die Musik ist das schmackhafte Add-On. Produktmarketing auf einem sehr hohen Level wird hier zelebriert.
»They don’t know that I’m half dinosaur. I come from the ancient lands, so I have a little more intelligence.«
Klar, in seiner Musik wird unends viel gebraggt und geboastet, Foreigns geridet, die Mall gehittet, Hoops geshootet und Crystal gesippt. Dieses ganze Geriffelraffel ist nunmal der Lifestyle. Aber der bürgerliche Horst Christian Simco mit deutschen und litauischen Wurzeln mütterlicherseits fabriziert das Ganze eben mit einer un-eff-baren Portion Charisma. Wenn er vom »swimming pool in my mouth« erzählt, erkennt auch der letzte Swagrap-Unaffine, dass von Grillz die Rede ist. Und vor allem, dass Grillz eigentlich immernoch swavey sind. Er lebt den amerikanischen Traum, was auch pausenloses DIY bedeutet. Denn er ist eben auch ein Geschäftsmann, der sein Business eiskalt zu berechnen scheint, siehe Zitate verwendende College-Kids. Kürzlich konnte man ihn dabei beobachten, wie er in ein Pro-Wrestling-Match zwischen Kurt Angle und Rey Mysterio in einem pfirsichfarbenen Versace-Anzug eingriff, um Mysterio aus der Patsche zu helfen und anschließend im Ring den Sieg zu feiern. Dann taucht wiederum ein Video auf, das ihn beim Abhängen mit Justin Bieber im Auto zeigt. Bereits mehrfach lud Uncle Snoop ihn in seine YouTube-Show GGN ein. Wiz Khalifa und Amber Rose outeten sich auch mal als Riesenfans. Das war aber zu einer Zeit, als man Riff Raff in Videos Koks konsumierend mit giftigen Schlangen im Arm abhängen sah. Mittlerweile fährt er einen gesünderen Film und trainiert viel. Seine Erscheinung ist eine andere als vor ein paar Jahren. Knallbunt ist alles geblieben. Die monumentalen Tattoos diverser Logos von MTV, BET und Worldstarhiphop sind auch noch vorhanden.
Was passiert also auf der neuen, heiß erwarteten Platte? Er hat u.a. G-Eazy, Problem, Danny Brown und Gucci Mane mit drauf. Auf Produzentenseite konnte man sich an Brettern von Scott Storch, Metro Boomin und der 808 Mafia verköstigen. Die 808 wird in der Tat konsequent durchgezogen, was irgendwo zu erwarten war. Heraus sticht »Syrup Sippin‘ Assassin«, das mit seinen Synthiespielereien an einen Sound aus den 80er-Jahren erinnert, dem sich Riff Raff in der Vergangenheit schon mehrfach angenommen hat. Dass seine frühen Inspirationen von Houston-Heads wie Paul Wall, Devin The Dude, Chamillionaire und Slim Thug herrühren, wird aus seinem Sound wohl nie so ganz verschwinden. Die LP nach dem Debüt ist bekanntlich die Schwierigere. Es ist wahrlich der ein oder andere Singsang-Ausfall dabei, »All I Ever Wanted« beispielsweise. Diese zwölf Songs starke Platte kann man jedoch gewissenlos durchlaufen lassen, ohne größere Ermüdungserscheinungen oder Nervenraub. Denn die Lines sind größtenteils so utopisch swagbehaftet und immer akkurat geflowt, dass das Attribut »feinstes Entertainment« fast schon untertrieben ist. Sein Debüt »Neon Icon« toppt es aber leider nicht.