»Ich feiere R. Kelly und nicht Robert Kelly« // Reezy im Interview

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Reezy ist ein Kind der Neunziger. Seine Songs zitieren die Ästhetik der goldenen Ära und übersetzen sie ins Jetzt. Mit der Stimme eines Soulsängers und einem umfassenden Verständnis von kontemporären Soundtrends rappt, produziert und mischt er seine Rap/R’n’B-Hybride selbst. Das vollsouveräne Melodienhandling und der großartige Pop-Appeal waren Grund genug für Bausa und Rin, den Frankfurter ihre Shows eröffnen zu lassen. Reezys Debütalbum und die anstehende Tour sollen ihn jedoch aus dem Status des Lieblingsrapper deines Lieblingsrappers befreien.

Dein Debütalbum heißt »Teenager Forever«. Das weckt unweigerlich Assoziationen zur Hook von Shindys Comeback-Song »DODI«. Zufall?
Zufall war das nicht. Was es damit auf sich hat, müsstest du Herrn Schindler [bürgerlicher Nachname von Shindy; Anm. d. Verf.] fragen. Es ist sein Song, deswegen will ich ihm da jetzt nichts vorwegnehmen. (lacht) Er soll in Zukunft einfach selbst mal erzählen, was es damit auf sich hat. Aber die Leute haben sowieso schon gecheckt, was abgeht.

Es wird gemunkelt, dass du die Hook geschrieben hast.
Belassen wir es erstmal beim Gerücht. Vielleicht kommt es irgendwann zu einer Auflösung, vielleicht auch nicht. Jetzt will ich erstmal nichts dazu sagen. (grinst)

In diesem Zusammenhang fand ich deinen Instagram-Post interessant, in dem du aufstrebende Künstler regelrecht gewarnt hast, sich von etablierten Künstlern nicht »verarschen« zu lassen.
Das hatte auf jeden Fall auch mit der Story zu tun. Junge Rapper sollten sich nicht brainwashen lassen, denn das ist mir passiert. Im Endeffekt hat derjenige aber immer selbst Schuld. Du musst echt aufpassen, wem du vertraust, sonst läuft es wie bei manchen deutschen Rappern, die 14 Rapper gesignt haben, die alle abgehauen sind, und du bist der 15., der denkt, er ändert sich bei dir.

Wie legitim ist Ghostwriting – vor allem im Rap?
Bei mir ist das ein 50/50-Ding. Ich finde es nicht legitim, wenn ein PartyNextDoor mal eben einen Hit für Drake schreibt und niemand, der nicht HipHop-affin ist, mitbekommt, wer PartyNextDoor ist – obwohl er so ein krasser Künstler ist. Ich habe nicht grundsätzlich was dagegen, könnte das aber einfach nicht. Dann müsste ich irgendwelche Emotionen transportieren, die ich in dem Moment selbst gar nicht fühle.

Der Albumtitel klingt, als würdest du nicht erwachsen werden wollen.
Das müssen wir alle, und auch Verantwortung tragen für unsere Aktionen. Aber wenn du Lust hast, irgendwas zu machen, dann mach’s! Natürlich muss man auch auf andere Leute hören, man kann nicht sein Leben lang nur das machen, was man selbst will. Das haben Napoleon und Hitler auch gemacht und man hat ja gesehen, was dann passiert ist. Du solltest ein gesundes Verständnis zum Leben mit der Einstellung »Ich höre auf mich« kombinieren und manchmal auch Risiken eingehen. Wenn man das nicht tut, weiß man auch nicht, was vielleicht auf einen wartet.

Wie behält man sich diese Einstellung bei?
Es ist eine Frage von Mut. Das kann auch bedeuten, zu Hause zu lernen, anstatt rauszugehen, und damit in Kauf zu nehmen, dass man vielleicht nicht der Coolste bei seinen Freunden ist. Es heißt, sich nicht vor bestimmten Entscheidungen zu scheuen und früh anzufangen, Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen.

»Dein Album muss dein Meisterwerk sein!«

Wie wichtig ist dir, dass »Teenager Forever« als Album wahrgenommen wird?
Extrem wichtig. Ich finde es so schade, dass alles in diese Playlist- und Single-Richtung geht. Das hat nichts mit Kreativität zu tun. Dein Album muss dein Meisterwerk sein! In Deutschland juckt das aber keinen mehr. Da werden fünf, sechs Singles gemacht und noch ein paar Songs dazugepackt, die halt grade rumliegen – und das soll dann das Album sein? Ich hab komplett darauf geschissen, in irgendwelchen Playlisten zu landen. Ich bin auch der Meinung, dass Leute immer noch Alben hören wollen. Ich will, dass meine Hörer Titel eins bis 13 hören und sich danach denken: »Fuck, was war das gerade für ein Film?!« Ich wollte ein klassisches Album machen und mich nicht dem Markt anpassen.

Wie schwer ist dir das gefallen?
Natürlich habe ich mir meine Gedanken gemacht. Aber mein Team und ich sind uns sicher, dass du durchkommst, wenn deine Musik krass ist – egal, wie der Markt sich verändert. Nimm Travis Scott als Beispiel: Selbst die Amis haben am Anfang zwar gesagt, dass seine Beats krass sind, haben ihn als Künstler aber nicht gefühlt. Das war zu neu und zu anders. Die kannten Trap damals in Form von T.I. Das ging jahrelang so. Letztens habe ich ein Video gesehen, wo er auf einem Festival vor ein paar Leuten per­formt – jetzt spielt er in Arenen. Mit Geduld und guter Musik wird das schon.

Bei deinem Tape »tropfenemoji« hat jeder Track eine Jahreszahl im Titel. Was hat es damit auf sich?
Die Songskizzen haben mich immer an einen Vibe aus einem bestimmten Jahr, einer bestimmten Ära erinnert. Zwar hörst du bei »lovestory 2002« kein einziges Element raus, das 2002 benutzt wurde, aber es hat mir das Gefühl gegeben: Ey, dieser Song hätte mit anderen Drums auch damals so rauskommen können. »outrun 1980« nutzt auch eine moderne Instrumentierung, könnte aber auch aus den Achtzigern stammen. Und bei »wolken 0000« hatte ich einfach das Gefühl, dass der Song sehr zeitlos ist.

Seite 2: »Ich erwische mich in letzter Zeit immer häufiger, wie ich R. Kellys Songs skippe«

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