Ohne Namen zu nennen: Es nervt. Im zweiten Sommer nach »Palmen aus Plastik« ist Deutschrap überschwemmt von, genau, Plastikimitaten des Sounds, den RAF Camora & Bonez MC mit ihrer ersten Kollabo fast im Alleingang in Deutschland salonfähig machen. Dabei fehlt den meisten Produzenten und MCs, die sich dieser Tage an ihre Interpretation der Karibikklänge wagen, schlichtweg die Basis für eine gelungene Adaption. So wird der Kartoffeldancehall zum Ärgernis, der einem die Laune beim nächsten Besuch in der Shishabar schnurstracks vermiest.
Aber genug Trübsal geblasen, es gibt sie ja noch, jene Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Manchmal muss man dafür auch ein wenig über den schländischen Tellerrand linsen. Wer den Blick Richtung Solothurn richtet, einem beschaulichen Städtchen in der Alpenrepublik Helvetia, dem fällt dort sofort Pronto auf. Der Mittzwanziger verschwurbelt mit seinem basslastigen Organ Mumblerap und Mundart mit einem Mischmasch aus Dancehall, Afrobeats und südstaatlichem Neo-Trap. Das Ergebnis klingt einerseits eigen und anderseits authentisch. Und als ob man so nicht schon genug Realnesspunkte gesammelt hätte, verschlägt es Pronto für den Videodreh zur neuen Single »Bon Bon« in seine zweite Heimat Ghana, wo man die brütende Hitze des Tunes auch auf Bildebene einfangen konnte.
Mehr Infos zu Pronto gibt’s übrigens im Interview in JUICE #187 – jetzt am Kiosk.