Es war einmal vor geraumer Zeit: Massiv hieß noch Wasīm Taha, »Wedding« stand höchstens in seinem Englischvokabelheft, und der Deutsch-Palästinenser wohnte im Südwesten der Republik, unweit der französischen Grenze. Aber: wenn King MAS sich dieser Tage für sein neues Album »M10« in Stellung bringt, ist dies der Tatsache geschuldet, dass er Mitte der Neunziger in Pirmasens, teilweise durch die örtlich stationierten GIs, teilweise durch die auch hierzulande steigende mediale Aufmerksamkeit, zu HipHop fand. Wie auf viele Rapfans seiner Generation übte eine der charismatischsten Figuren, die die Popmusik je hervorgebracht hat, eine ganz besondere Faszination auf den jungen Wasīm aus: Tupac Shakur. Denn Pac war mehr als nur der Gangstarap-Prolet, der Schläger und Gesetzesbrecher, als den ihn die amerikanischen Mainstream-Medien zu Lebzeiten gerne darstellten. Und so ist »All Eyez On Me«, 2Pacs erstes von zwei auf Death Row Records veröffentlichten Alben, bis heute die wichtigste Scheibe in Massivs Plattenschrank. Für JUICE erinnert er sich an ein paar Anekdoten rund um Tupacs Magnum Opus zurück.
»Die wichtigste Platte für mich ist 2Pacs ‚All Eyez On Me‘ von 1996. Pac kam damals gerade frisch aus dem Knast; er wurde ja von Suge Knight und Jimmy Iovine freigekauft. Und um ihn herrschte ein riesiger Hype – und zwar zu Recht! Bei dem Album stimmt einfach alles: Die Produktion sucht heute noch ihresgleichen, die Songideen sind der Wahnsinn und die Emotionen, die er darauf rüberbringt, lassen dich nicht mehr los. Die Lyrics sind unfassbar, auch wie er sie rappt; die Strophen und die Hooks – absolut erstklassig. Selbst heute kann man kaum glauben, dass eine Aneinanderreihung solch perfekter Songs auf einem einzigen Album überhaupt möglich ist. In Pirmasens gab es zu der Zeit eine amerikanische Militär-Basis und jeder Ami hat damals darauf gewartet, dass diese Platte rauskommt. Jeder. Also war klar, dass ich die auch haben musste. Ich bin dann in den Army-Shop gegangen und habe die CD dort geklaut – nur die beiden CDs, nicht die Hülle. Das war sogar die amerikanische Version, auf der noch zwei exklusive Remixe drauf waren. Leider hat mein CD-Player die Discs immer irgendwann zerkratzt, sodass ich mir alle halbe Jahre das Album aufs Neue klauen musste. Mit 18 habe ich dann endlich angefangen, mir die CDs zu kaufen, weil ich auch die Hülle haben wollte. Und ohne Witz: Im Verlauf meines Lebens habe ich mir das ‚All Eyez On Me‘-Album bestimmt schon zwanzig Mal gekauft; entweder, weil es zerkratzt war oder es sich irgendwer von mir ausgeliehen und dann nicht mehr zurückgegeben hatte. Und das Krasse ist: Mein Englisch ist ja echt schlecht, aber ich konnte damals bestimmt hundert Lieder von 2Pac auswendig. Auf dem Computer im Jugendhaus habe ich mir damals die Texte ausgedruckt und auswendig gelernt. Ich konnte die perfekt nachrappen, hatte aber keine Ahnung, was ich da rappe. (lacht) Mittlerweile habe ich die Übersetzungen natürlich alle im Internet gecheckt, aber so oder so: ‚All Eyez On Me‘ ist mit Abstand die wichtigste Platte meines Lebens.«
Foto: Can Ovalioglu