Ich stelle mir Blitz the Ambassador als sehr schlauen, respektvollen und eloquenten Menschen vor, der mit seiner achtköpfigen Band ständig von New York aus um die ganze Welt tourt. Den Beinamen hat er sich sehr treffend ausgesucht, sein Sendungsbewusstsein und der Boom-Bap-Afro-Soul des Ghanaers wirken zu jedem Zeitpunkt wie eine ausgestreckte Hand. Und so klingt »Afropolitan Dreams«, Album Nummer drei, in seiner autobiografischen Offenheit auch von Anfang an sympathisch und greifbar – was zugleich das Problem des Albums werden könnte. Denn irgendwann beim dritten, vierten Durchlauf fallen sie doch allzu deutlich auf, die kleinen Phrasen und Klischees, die in Blitz‘ Träumen ein bisschen zu oft auftauchen. Wie er sich als kleiner Junge in seinem Zimmer in Rap verliebt, nach New York zieht und mit Rucksack, ’nem Dollar und ’nem Traum von Mic zu Mic hustlet, wie er mit der »african goddess« in London Highlife-Platten hört, wie sie ihm fehlt, wenn er »on a jet plane« nach Tokyo und Paris muss (»Flown across the continent and sailed the seven seas«!), wie er vom Flughafen aus mit seiner Mutter und seinem Sohn telefoniert, bevor Angelique Kidjo ganz oft »You gotta spread your wings and fly« singt, das kann man schon etwas platt finden. »We are all the same«, »it’s not as easy as it seems«, »don’t forget where you come from« – ihr versteht. Als Produzent vereint Blitz Afrobeat wie auch andere afrikanische Stile ganz hervorragend in seinen warmen Sound, mit Nneka, Kidjo, Oxmo Puccino und sogar Felas Sohn Seun Kuti macht auch die Gästeliste einiges her – aber das Gefährliche, Rebellische, das mit der Bezugsgröße Afrobeat einst untrennbar verbunden schien, vernachlässigt er sträflich. Mit doch eher platten Slogans wie »Africa Is The Future« bleibt davon nur freundliche Diplomatie übrig, und das ist irgendwie schade. Die Platte ist zwar gut bis brillant produziert und einwandfrei gerappt, aber echt ganz schön harmlos.
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