Lange Wege und Monster-Line-up: Das war das Dour Festival 2018 in Belgien // Review

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Auf dem Weg zu den Bühnen kommen wir mental endlich an. Das erste Bier in der Hand, Vorfreude auf US-Mumbler Lil Xan, der an diesem Abend auftritt. Am Bühneneingang der Dämpfer: Riesige Menschenmassen stauen sich vor dem Einlass. Der Grund hierfür wird uns klar, als wir an der Reihe sind: Der Security-Check gleicht dem am Brüsseler Flughafen, vielleicht ist er sogar noch strikter. Jeder Besucher muss seine Wertsachen in eine Plastikschale legen und wird von bewaffneten Sicherheitsleuten abgetastet. Man kann sich vorstellen, wie so ein Prozedere abläuft, wenn der Großteil der Besucher schon drölf Bier intus hat. Die Mitnahme von Wasser ist nicht erlaubt, was aufgrund der Getränkepreise an den Bühnen den Geldbeutel, nun ja, erleichtert. Die Alternative zur Warterei am Einlass stellt den Eingang durch den Pressebereich dar, was einen Fußmarsch von mindestens 30 Minuten erfordert – gehupft wie gesprungen.

Das Dour-Festival mutet ob der spitzen Zelte, der Bierbänke und der Vielzahl an alkoholisierten Jugendlichen an wie eine Kirmes. So richtig können wir uns noch nicht vorstellen, wie GoldLink oder BadBadNotGood die Massen später mit ihrem organischen Feelgood-Sound einlullen wollen. Denn bisher wummert nur der EDM-Schranz von Major Lazer von der Hauptbühne, dem Elektropedia Balzaal. Wenn man hier zwischen monumentalen Speakern und beeindruckenden Lichtinstallationen steht, kann man sich ungefähr vorstellen, wie das Tomorrowland aussehen muss. Allerdings muss man das wollen. Wer am Großraum-Techno von The Jillionaire (»Are you reaaadaayyyy?!!«) oder Boys Noize keinen Gefallen findet, hat mehrere Möglichkeiten: Mit insgesamt sieben Bühnen bietet das Dour tatsächlich den versprochenen Genre-Querschnitt durch Indierock, HipHop, Dub oder Jazz. Für jeden etwas dabei. Das kann zuweilen allerdings überfordernd sein. So stolpern wir recht orientierungslos über das endlos anmutende Gelände, schauen uns hier und da etwas an und lassen horrende Summen für (wirklich leckere) belgische Pommes liegen. Nachdem Lil Xan seine Full-Playback-Show mit schrecklichem Sound hinter sich gebracht hat, lassen wir unsere Seelen bei BadBadNotGood baumeln, die die Bühne La Petite Maison dans la Prairie in einen wohligen Jazz-Club verwandeln und eine beeindruckende Performance abliefern. Auf dem Rückweg zur Hütte verlaufen wir uns noch in den Dub Corner, wo das Tempo etwas runterfährt und exquisite belgische Bierspezialiäten zu hüpfendem Dub-Sound serviert werden. Dour, wir sind angekommen.

Der HipHop-Einschlag im Line-up ist enorm: DJ Premier, Joey Bada$$, Ski Mask The Slump God, Booba und viele weitere Hochkaräter machen die Stimmung auf dem Dour. Und obwohl das Publikum entsprechend der Diversität des Lineups bunt gemischt ist, sieht man viele Hypekids und HipHop-Hände. Rap ist groß, das merkt man auch auf dem Dour. Ob Kanye-Liebling 070 Shake, die mit den »Douuureeehh!«-Zwischenrufen zunächst nicht viel anfangen kann, dann aber fröhlich mit einstimmt, Joey Bada$$, der im Nachmittagsslot vor rund 300 Leuten spielt oder Booba, der die »Last Arena« am Donnerstag voll macht – alle Acts liefern passable bis erstaunliche Performances ab – das Dour scheint auch international ein Standing zu haben. Auch, weil es abseits der Musik mit enorm vielen Programmpunkten und kulinarischen Schmankerln aufwarten kann. Allerdings kriegt man von all dem maximal die Hälfte mit, weil einen so banale Dinge wie Nahrungsbeschaffung, läuferischer Aufwand und Navigation größtenteils einbinden. Diesen Unannehmlichkeiten stehen auf der Pro-Seite die absoluten Highlights gegenüber: belgische Pommes und das hochkarätige Line-up. Zwei Argumente, die im Endeffekt überzeugen können. Tipp: Be prepared, dann klappt das auch mit dem »Douuureeehh!«

Dour im nächsten Jahr: 10. – 14. Juli 2019 – alle Infos auf www.dourfestival.eu.

Fotos: Clémentine Piret, Alex Lermechin, Nicolas Debacker, Tomas Vieira, Boris Görtz

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