Kings Of HipHop: The Neptunes // Feature

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Denn wie eingangs erwähnt kennen sehr viele Leute die Neptunes beziehungsweise Pharrell, der ja immer das Gesicht des Duos war. Und jeder verbindet etwas anderes mit ihm. Einige kennen ihn halt für sein großes Comeback Triplet 2013. Drei Songs, die aus Pharrell einen größeren Popstar machten, als er es zuvor je war.

Es fängt an mit dem großen Return der französischen Robo-Helden Daft Punk. Pharrell produziert deren ­Single »Get Lucky« und singt auch darauf. Das Ganze wird ein riesiger, yep, Hit – und zieht den nächsten gleich nach sich. Die Steigerung von Hit ist Epidemie, und genau das war »Happy«. Auf dem ganzen Globus tanzten Menschen, die Klangkarussell für Techno und Mumford & Sons für Folk halten, zu diesem inoffiziellen Soundtrack des Neoliberalismus. Gut, Geschmackssache.

Womit wir wieder beim Sex wären, beim roten Fädchen also, und doch weist der vorliegende Artikel an dieser Stelle einen Bruch auf. Es soll nicht einfach so irgendjemandem das Zepter in die Hand gedrückt werden, ohne dass zumindest auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, dass am Stecken, den er zuvor in der Hand hielt, durchaus etwas Dreck hing. Zu viele Harvey Weinsteins, zu viele Louis C.K.s, zu viel #MeToo, zu viele eigentlich klare Linien, aus denen Männer »blurred lines« machten (Pharrells dritter Chartstürmer), um sie daraufhin zu überschreiten. Es ist nicht die Zeit – und es war eigentlich nie die Zeit – blind irgendwelche Könige zu krönen.

Bevor Pharrell mit »Happy« den Gute-Laune-Blödi gab, präsentierte er gemeinsam mit Robin Thicke und T.I. ein fatales Frauenbild – und zwar auf Blockbuster-Niveau. Über das Video lässt sich streiten. Über die Lyrics, zum Großteil geschrieben von Pharrell, hingegen darf es keine zwei Meinungen geben. Wie hier die Wichtigkeit von Einvernehmlichkeit in Sexfragen ignoriert wird, ist falsch und bei der Reichweite des Songs schlicht schädlich. Alleine das »I know you want it« aus dem Refrain ist unangenehm, um nicht zu sagen widerlich. Pharrell scheint ohnehin sehr gut zu wissen, was Frauen wollen. Für Fans dürfte das jetzt sein wie Zahnarzt, aber muss halt – eine kleine Textanalyse: »Okay, now he was close/Tried to domesticate you/But you’re an animal/Baby, it’s in your nature/Just let me liberate you«, singt da Robin Thicke, der a) die Frau anscheinend besser kennt als die Frau sich selbst und b) die Macht hat, die Frau zu befreien. Wie unfassbar chauvinistisch das ist, muss wohl kaum erklärt werden. Pharrell hat dieses Bevormundende schon immer drauf. Bereits auf »She Wants To Move« wusste er, was die Frau will, was die Frau liebt, die natürlich nicht zu Wort kommt. Muss sie ja auch gar nicht: »I can see it in her eyes.« Über seine Zusammenarbeit mit Britney Spears sagte er, er habe das Potenzial in ihr gesehen, das natürlich nur er freisetzen konnte. Auf »Hypnotize You« säuselt Pharrell seinem Gegenüber vor, was sie sich alles vorstellen solle und schließt die Hypnose mit »If I’m not beside you/I’m inside you«. Pharrell selbst bezeichnet sich als Feminist, Frauen als seine Musen. Die Textzeile »I know you want it« aus dem Song »Blurred Lines« verteidigt er, sie sei einfach das Aussprechen einer »korrekten Vermutung«. Das klingt in etwa wie die, gelinde gesagt, holprige Entschuldigung von US-Comedian Louis C.K., er habe nachgefragt, bevor er sich vor einer Frau einen runtergeholt hat, was unlängst an die Öffentlichkeit kam.

Klar, die Jungs sagen: Hey, nehmt’s locker, das ist alles Jux und Dollerei. Und es geht hier auch gar nicht darum, Pharrell unter Generalverdacht zu stellen. Aber es wird Zeit, dass die Jungs ihren Jux und ihre Dollerei anders gestalten als mit (hier: verbaler) sexueller Übergriffigkeit.

Unsexy Ende für einen Artikel über Produzenten, deren Musik immer vor allem sexy war. Das alles ändert nichts daran, dass sich Pharrell Williams und Chad Hugo ihren Status als Kings Of HipHop verdient zusammenproduziert haben. Aber da HipHop nicht nur Musik ist, sondern ebenso auch Kultur (mit großer Strahlkraft), kommt man nicht drum herum, der vorliegenden Geschichte das Geschmäckle zu verleihen, das sie jetzt hat. »Sex macht Spaß. Und Probleme« – so steht es auf der Rückseite von Margarete Stokowskis hervorragendem »Untenrum frei«. Auf Neptunes-Produktionen ging es immer viel um Sex.

Text: Philipp Kunze
Illustration: Dan Evans for Noisey

Dieses Feature erschien erstmals in JUICE #184. Aktuelle und ältere Ausgaben könnt ihr versandkostenfrei im Onlineshop bestellen.

2 Kommentare

  1. Vorab:
    Diese Rubrik ist die Beste, die ihr habt, Juice.
    Mit Abstand.
    Normalerweise gleichermaßen Geschichtsunterricht wie Lehrstunde für jeden Anhänger unserer geliebten Kultur… hier kann auch jeder Oldschooler noch was lernen.

    Dieses Mal habt ihr aber schwer ins Klo gegriffen.
    Nur 3 lächerliche Seiten für jemand dermaßen einflussreichen wie die Neptunes?!?
    Ne halbe Seite davon verschwendet mit albernem Gibberish über diesen Pseudoskandal wegen „blurred lines“?!?
    Und dann auch noch mit nem Zitat von Margarete Stokowski, der Genderpropagandaministerin der Herzen… unfassbar.
    Suffragetten der ersten Stunde würden im Grab rotieren wie ein Bboy beim Powermove, wenn die wüssten, was Damen wie Frau Stokowski heute als Feminismus… nun ja… verkaufen („…in ihrem Buch…“). 😉

    Das Thema hätte man in einem Halbsatz abhandeln können, damit wäre der Sache genüge getan gewesen.
    Frauen haben mit weitaus ernsteren Probleme zu kämpfen, als mit beschissenen Lines in Popmusik.
    Schön, dass ihr Stellung bezieht, aber so doch nicht, Leute…

    Vielleicht hört sich mal jemand ein gewisses Album namens „N*gga pls“ von einem unbedeutenden Undergroundkünstler namens ODB an… übrigens auch von den Neptunes produziert, und zwar grandios. 😉
    Vielleicht da mal das Frauenbild unter die Lupe nehmen, und dann mit dem skandalösen Blurred Lines vergleichen. 😉

    Nebenbei:
    Meiner Freundin gefällt beides, und wer die Neptunes sind, weiß sie nicht mal. 😉

    Ich les euch seit 20 Jahren, aber der Artikel war nix.
    Werd euch trotzdem treu bleiben.

    Nächste Mal bissl mehr Mühe geben bitte… vielleicht ja bei nem KOHH über 36 Mafia…?

  2. Ich kommentiere eigentlich nie, aaaaber muss mir einfach diese 2 Minuten meines Lebens nehmen und es loswerden. Ich hatte mich sehr auf diesen Artikel gefreut aber er wird den Neptunes einfach NULL gerecht… :-(.
    Anstatt über „sexistische“ Songtexte, die wahrscheinlich keine Frau auf der Welt stören (mich als Frau auch nicht) hätte viel mehr auf den Sound, Inspirationen der beiden, Vorbilder und Einflüsse und eine persönliche Note eingegangen werden können.
    Oder mehr auf das Album „Neptunes present clones“. Jeder weiß, dass Songs wie Hot in herre von Nelly oder aus dem Justified Album von Justin T. produziert wurden, aber nicht dass die Neptunes auch mit vielen non Pop/Hip Hop Künstlern wie Rolling Stones (Sympathy for the Devils- Remix) oder mit Bands wie Papa Roach zusammengearbeitet haben. Die beiden waren der Musik und auch Fashion Szene, wie auch Aaliyah zu ihrer Zeit um Jahre (wenn nicht Jahrzehnte) voraus. Trotzdem Danke für die Aufmerksamkeit und den Artikel, habe das Gefühl, dass die Neptunes in Vergessenheit geraten sind, was wirklich sehr schade ist vor allem wenn man sich die ganzen Trash Producer von heute anschaut.

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