Kings Of HipHop: Future // Feature

-

Monster

Vom Teufel zur Liebe ist es kein weiter Weg. Und andersherum genauso wenig. Und wenn man die frühen Mixtapes mal kurz als »erste Weichensteller« abhandelt, ist Futures erster Erfolg vor allem damit zu erklären, dass Rap/R’n’B endlich wieder einen Troubadour hatte. Future, das war zu allererst der Autotune-Crooner. Ein hübscher Jüngling, der über Sex und die Liebe sang. Nicht falsch verstehen: Das war keine Soul Music im klassischen Sinne, sondern vor allem charttauglicher R’n’B mit nicht weiter überraschenden Texten, irgendwo zwischen ATLs berühmtem Strip Club Magic City und Wolke 7.

Sein erstes großes Publikum erreichte Future, weil er so etwas wie Banger-Balladen schrieb. Hits. Future kombiniert die Stile von zwei der größten Rap-Aushängeschilder Atlantas: die harte, kalte Straßenschnauze von Gucci Mane und die melodische Weirdness von Outkast. Er inszeniert sich zugleich als Hood- und Loverboy und schießt auf den Geräten von Mike Will und Konsorten in die Charts.

Noch 2014, auf Futures zweitem Major-Album »Honest«, finden sich Zeilen wie »Thinkin’ how you would be thinkin’, I’m feeling you close/I’m dreamin’ how you would be dreamin’ and hoping you over«. Auf demselben Album rappt er gemeinsam mit André gegen sinnentleerten Konsum an. Nichts Weltbewegendes, aber etwas Entscheidendes. Entscheidend, weil es solche Zeilen von Future bald nicht mehr geben wird. Und weil der Future danach der relevantere Future ist. Das Post-Ciara-Monster, die Ausgeburt des Verlustes und der kompletten Abwesenheit von Liebe. »I spent three stacks on these Rick Owens, I try my best to forget it«, ist eine Zeile, die er einige Monate später von sich gibt.

Golden Showers statt Goldener Hochzeit

»#TheBestBirthdayEver« – Ciara ist super glücklich! Im Oktober 2013 twittert sie ihre Freude über einen 15 Karat starken Verlobungsring, den ihr Future geschenkt hat. Die beiden sind total verliebt, lassen sich jeweils die Initialen des anderen auf ihre Hände tätowieren. Future ist auf dem Weg in die Celebrity-Ehe, auf dem Weg nach Hollywood. Doch es wird nicht lange dauern, dann ist er zurück in Atlanta und schreibt Texte über Golden Showers (»Peacoat«).

Auch hier ein kurzer Abriss: Future habe Ciara betrogen, sie will ihn sofort verlassen, er kämpft, dann kämpfen die beiden zusammen für ein paar Monate. Im Dezember 2014 lässt sich Ciara ihr Tattoo entfernen. Es folgt das einzige Kapitel, in dem Future der typische US-amerikanische Superstar ist. Recht öffentliche Schlammschlacht inklusive Sorgerechtsstreit über den gemeinsamen Sohn; Songs, Tweets und Emojis.

Daraufhin verlässt Future den roten Teppich, alles wird wieder lila. Zwischen Oktober 2014 und März 2015 ­entstehen »Monster«, »Beast Mode« und »56 Nights« – drei Mixtapes, die im Juli desselben Jahres in »Dirty Sprite 2« münden, das den Gipfel eines der größten Runs der Rap-Geschichte markiert. Dieses halbe Jahr spielt in einer Liga mit den kreativen Höhepunkten von Lil Wayne und Gucci Mane und deren manischem Output zu ihren Peak-Zeiten.

»Monster« läutet radikal eine neue Ära in Futures Schaffen ein. Das Album ist ein von Metro Boomin produzierter nihilistischer Trip durch Abgründe, im Fallen getragen von Kummer, Selbsthass und Betäubung. Der einstige Herzens- und Himmelsstürmer Future verliert darauf die letzte Illusion. Ein Kollege schrieb mal über das Album, dass es von der Fähigkeit lebe, »selbst die stumpfesten Satzfetzen klingen zu lassen, als hätte Faust zu lange am Double Cup genippt«. Und dieses Zitat fasst nicht nur »Monster« perfekt zusammen. Es beschreibt eine ganze Bewegung. Es beschreibt modernen Rap.

Mumble In The Jungle

Die musikalische Gangart beeinflusst Lil Wayne bereits 2008 mit »Lollipop«. Mehr Autotune, mehr Melodie, weniger Bars. Future intensiviert die Auslegung dieser neuen Spielart von Rap drei Jahre später, als er im Studio vor lauter Lean-Konsum die Gosch nicht aufkriegt. Er rappt »Tony Montana« völlig zugedröhnt ein; nicht in der Lage, seine Zähne auseinanderzubekommen. Als er am nächsten Morgen aufwacht, gefällt ihm das Ergebnis. Seitdem geht es nicht mehr darum, eine Message verständlich zu machen, sondern ein Gefühl zu vermitteln. Hallo, Mumble Rap! Viel Wiederholung, einfache Sätze, einprägsame Melodien. Zur Veranschaulichung: Futures Hook für Lil Waynes »Bitches Love Me« ist direkt inspiriert vom Kinderlied »London Bridge Is Falling Down«.

Das Ergebnis dieser Songs mag einfach klingen. Aber davor klang nichts so, das war neu. Schon mal was gemacht, das es davor so nicht gab? Man darf darüber hinaus nicht vergessen, dass Future mit seinem Stil durchaus in einer Tradition mit solchen Rap-Helden steht, die auch von Golden-Era-Fanatikern gefeiert werden. Dieses Voranschreiten um jeden Preis, das Brechen mit alten Stilen, ist ganz im Sinne seiner Dungeon-Familienmitglieder Outkast.

1 Kommentar

  1. Überblick ist irgendwie etwas karg. Die prägenden letzten Jahre werden komplett ausgelassen. DS 2 nur am Rande erwähnt. Es wird auf seinen Einfluss nicht wirklich eingegangen, und nur seine angebliche Gefühlsebene und seine Zeilen über Drogen thematisiert (was nichts neues für Trap insgesamt ist). Am Ende wird das Ganze dann wieder in Frage gestellt, weil Future dann doch nur die Nachfrage bedient. Was ist denn nun richtig? Der zerrissene, leidende Eskapist, oder der kalkulierende Geschäftsmann?
    Wie sein Style eine Generation beeinflusst hat wird außen vor gelassen (von Medilamentenmissbrauch mal abgesehen).
    Das Ganze Feature liest sich wie eine Textskizze und wird dieser Kategorie nicht. Im Ansatz gerecht.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein