Wenn diese Review erscheint, ist »Hurra die Welt geht unter« im hiesigen Feuilleton bereits in voller Breite gelobpreist worden, der Schock über das überraschende Weniger an Ironie im K.I.Z-Universum von Fans überwunden und der Kater nach der Freudenfeier über das erste Nummer-1-Album der Band längst verebbt. Was hingegen bleibt, ist diese Platte; eine Platte, die ohne Frage den bisherigen Höhepunkt im mit Höhepunkten nicht gerade geizenden Œuvre von K.I.Z. darstellt. Erstmals gelingt der Band der Spagat zwischen Beständigkeit und Weiterentwicklung auf dem Boden geballter Brillanz dermaßen souverän, dass man ihnen ihre verdichtete Göttlichkeit aus dem Opener »Wir« beinahe als Real Talk abkauft. Das größte Plus und Alleinstellungsmerkmal im hiesigen Game stellen dabei die gewachsenen Songwriting-Skills, das Mehr an lyrischer Tightness sowie der Umstand dar, das K.I.Z altbekannte Themen neu und spannend verpacken können – zuzüglich der Fähigkeit, aus vermeintlich unbequemen Sujets einzigartige Tracks zu zimmern. Bestes Beispiel dafür ist die Audio88-&-Yassin-Kollabo »Was würde Many Marc tun«. Darauf gelingt es den Beteiligten nicht nur, Themen wie Kindesmissbrauch, Altenpflege, Fremdenhass und den Umgang mit der Behinderung des eigenen Nachwuchses in einen Song zu packen, unpeinlich zu verhandeln und damit unzählige Denkanstöße über das gemeinsame Miteinander zu geben. Die Jungs kombinieren das Ganze auch noch mit einer »Rummelbumms-Disko«-Hook von Ober-Atze Manny Marc, die der K.I.Z-Hörerschaft schonungslos die Abstrusität dieser untergehenden Welt vorhält, in der die gesellschaftlichen Probleme lieber am Ballermann weggesoffen statt gelöst werden. Ein weiterer Anspieltipp ist der Track »AMG Mercedes«: Ausgestattet mit einem Refrain, gegen dessen bemerkenswerte Ohrwurmigkeit jedes noch so starke Anthelminthikum machtlos wäre, verhandeln Nico, Tarek und Maxim ihr unfreiwilliges Außenseitertum früherer Jahre und öffnen damit ein bisher mit Ironie vernageltes Sichtfenster, das einen vollkommen neuen Blick auf die Menschen hinter den Rap-Alter-Egos freilegt. Kurzum: Wenn sich so der Soundtrack zum bevorstehenden Weltuntergang anhört, dann darf man sich getrost auf die nächste Apokalypse freuen.
(Vertigo/Universal)
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