Hanybal – Haramstufe Rot // Review

-

hany-haramstufe-rot

(Azzlackz / Groove Attack)

Wertung: Vier Kronen

Hanybal ruft »Haramstufe Rot« aus – und wenn das brachiale Organ des Halbägypters ertönt, geht nicht nur FFM in Deckung. Mit unbändiger Energie und einer unverwechselbaren Stimme folgt der Hesse auf seinem zweiten Album der erfolgverspre­chenden Rezeptur seines Mentors Haft­befehl: Die Produktionen von Lucry, m3, Undercover Molotow & Co. tragen das Gütesiegel Azzlack – von der mitreißenden Dynamik des von Bläsern, Glockenschlägen und tiefen Bässen getragenen »Kiffen koksen alken ficken«, über das hereinbrechende Synthie-Sirenengewitter in »Rakete«, bis zum Streicherteppich, der in »Kopfgefickt« ausgelegt wird und auch einem jungen Bushido einen adäquat gewebten Untergrund geboten hätte. Und inhaltlich? Alles beim Alten, oder? Über weite Strecken schielt Hany in Richtung »vieler bunter Scheine« und verteilt hauptberuf­lich Rausch­gift und Rippenbrüche. Bis der Frankfurter in »Realität« plötzlich den Asphalt aufreißt und sich unter der harschen Oberfläche ein sensibles Gemüt offenbart: Während seiner Kindheit habe Hany länger getrauert, als »ein kleines Herz« vertragen könne. Seine Verzweiflung darüber, möglicherweise nicht das seinem Vater gegebene Versprechen einhalten zu können, trotz »aller Schwierig­keiten Liebe zu zeigen«, zeigt schließlich einen Rapper, der seit seinem Debüt gelernt hat, in Songs zu differenzieren. So wagt sich Hanybal zum Ende von »Haramstufe Rot« mit »Fick die Welt« und »Schöne neue Welt« letztlich auch noch aus der inhaltlichen Komfortzone namens Gewaltschilderungen und richtet seinen Fokus stattdessen auf die strukturelle Gewalt hierzulande, die in der Welt vor allem Perspektivlosigkeit bereithält und bereits den Nachwuchs zu Geldgier und Konsumsucht verführt. Im vergangenen Jahr ging es Hany noch darum, die Erfolgsfahrbahn von eventuellen Barrieren zu säubern. Scheint ihm geglückt zu sein: Mit »Haramstufe Rot« ist Hanybal nun voll in der Spur.

Text: Dominik Lippe

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein