»Es ist hart, den Leuten so viel von dir zu zeigen« // SiR im Interview

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Sir Darryl Farris hat sein Handwerk erst studiert, bevor er sich als SiR einen Namen in der US-amerikanischen Musikszene gemacht hat. Nach seinem Abschluss in der Kunst des Recordings folgten Projekte mit unter anderem Anita Baker und Anderson .Paak sowie eine eigenständig releaste EP, die auch seine Fähigkeiten als Soul- und R’n’B-Sänger herausstellten. Der Kalifornier verpackt gefühlvolle Lyrics in detailverliebte Tunes, die regelmäßig von Featuregästen wie Lil Wayne, Rapsody oder Labelmates wie Kendrick und Schoolboy ergänzt werden. Wir haben mit SiR über sein aktuelles Album »Chasing Summer«, seine Religion und seine Heimat Inglewood gesprochen.

Vor knapp drei Jahren hast du bei TDE unterschrieben. Was hat das für dich und deine Musik bedeutet?
Es bedeutet so viel, bei einem Label zu sein, für das man so viel Respekt hat. Es ist verrückt, denn es fühlt sich wie eine richtig lange Zeit an, obwohl es nur ungefähr drei Jahre sind. Ich habe in dieser Zeit bereits so viel gelernt, ich konnte an meinen Labelpartnern und als Mensch generell wachsen. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Entscheidung getroffen habe, weil ich in eine komplett andere Richtung hätte gehen können und dann bei einem anderen Label gelandet wäre. Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott das zusammengebracht hat, weil ich das selbst gar nicht hingekriegt hätte.

Deine Gläubigkeit findet sich auch in deinen Texten wieder. Welche Rolle spielt Gott in deinem Leben?
Ich lebe zwei Seiten eines Lebens. Das Leben eines Heiligen und das eines Sünders. Immer wenn ich meine liebsten Menschen im Leben betrachte, fühle ich mich einfach gesegnet, dass ich Leute und Situationen habe und erlebe, die mir eine zweite Chance ermöglichen. Es ist mir schon so oft passiert, dass sich Situation von selbst klären, selbst wenn das unmöglich schien. Auch mit Blick auf die Musik und die Dinge, die ich auf meinem Weg als Künstler gelernt habe, hatte ich so viele Möglichkeiten, gute Entscheidungen zu treffen. Über die Jahre habe ich immer bessere Entscheidungen getroffen und selbst wenn ich Fehler gemacht habe, konnte ich daraus lernen. Es ist einfach ein Segen, zu erkennen, was richtig und was falsch ist und so durch das Leben zu steuern. Ich habe viel Anerkennung für meine Eltern und die Art, wie sie mich großgezogen haben. Als gottesfürchtiger Mensch erzogen zu werden, beeinflusst wie ich Songs schreibe, beeinflusst wie ich rede und wie ich handle. Eine lange Zeit in meinem Leben bin ich davongelaufen, zwar nicht vor Gott, aber vor der Kirche und der Gemeinschaft mit anderen Christen. Das war eine der härtesten Zeiten in meinem Leben. Da war ich wirklich verloren, als ich Dingen, die mir gut tun, meinen Rücken zugekehrt habe. Ich danke Gott für alles, womit er mich gesegnet hat, und ich weiß, ich wäre nichts ohne ihn.

Dein aktuelles Album »Chasing Summer« ist wie eine Reise aufgebaut. Du startest und endest in einem Flugzeug, in dem ein Pilot spricht. Trotzdem spielt der Großteil der Handlungen in deiner Heimatstadt Inglewood in Los Angeles. Wie passt das zusammen?
In meinem Kopf ist es definitiv eine Reise. Wir starten in Inglewood, verlassen es und sind auf einer Mission, um etwas zu finden, was wir davor bereits hatten. Das Hauptthema meiner Musik ist Liebe, aber ich suche immer nach Wegen, um verschiedene Seiten zu zeigen, denn Liebe ist nicht nur schwarz-weiß. Einen Liebessong zu schreiben, ist immer die größte Angst von Songwritern, denn alle wollen eine andere Art von Liebeslied schreiben. Wir haben die Aufgabe aber sehr gut gemeistert, die verschiedenen Seiten dieser Person zu beschreiben, die sich auf die Reise macht und am Ende wieder nach L.A. zurückkommt. In meinem Kopf landen wir mit »Hairdown« in L.A. und tauchen zu Hause auf. Dann verlassen wir die Stadt wieder mit »New Sky«, machen das durch, was wir eben durchmachen, und kommen mit dem Song »L.A.« dann doch wieder nach Hause. Das Album ist auf jeden Fall eine Reise und die meisten Songs habe ich unterwegs auf Tour und in Flugzeugen geschrieben.

Wie leicht fällt es dir, intime und schwierige Momente in Songtexten zu verarbeiten?
Jeder Song, bei dem du so ehrlich bist, wie ich es versuche, ist schwierig zu schreiben. Ich bin nicht die Art von Person, die viel weint, ich vergieße nicht zu viele Tränen. Aber es ist hart, so ehrlich zu sein, verletzlich zu sein und den Leuten so viel von dir zu zeigen. Es gibt ein paar Tracks, bei denen es mir schwerfällt sie zu performen, weil man daran denkt, wie man ihn geschrieben hat und woran man dabei gedacht hat. Die zu singen, nimmt mich immer noch mit. Aber ich mag diese Emotionen. Manchmal spiele ich große Shows und fühle nichts. Ich performe, sage »Danke« und gehe. Aber bei diesen Songs ist eine echte emotionale Verbindung da und das fühlt sich gut an. Es fühlt sich gut an, überhaupt etwas zu spüren. Ich habe dabei Spaß und kann mehr über mich selbst lernen, wenn ich diese Art von Musik spiele.

»Ich bin nicht die Art von Person, die viel weint, ich vergieße nicht zu viele Tränen.«

Du hast einen Song auf dem Album nach John Redcorn benannt, einem Charakter aus der Comicserie »King Of The Hill«. Woher kommt dieser Bezug?
Ich habe diese Serie jeden Tag gesehen, jahrelang. John Redcorn war ein sehr cooler Typ, aber er hat ein trauriges Leben gelebt. Er musste zusehen, wie ein anderer Mann seinen Sohn großzieht, er hatte eine Beziehung, die niemals das werden konnte, was er wollte. Und du weißt, selbst wenn es manchmal so aussieht, als ob die Dinge gut laufen würden, leidet jemand. Und ich glaube, er hat ziemlich gelitten. Ich habe einen Freund, der in einer ähnlichen Situation ist, aber ich wollte seine Angelegenheiten nicht auf den Song packen. Als ich die Hook des Songs geschrieben habe, lief »King Of The Hill« und ich habe John Redcorn gesehen, wie er sich die Augen ausheult und dachte mir: »Das ist exakt das, was bei meinem Freund passiert.« Der Song hat aber viele Ebenen. Er zeigt Leuten eine neue Seite von mir und erzählt, wie man mit verschiedenen Perspektiven auf Situationen schauen kann.

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