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Wenn man den letzten Ed Banger »Ed Rec Vol III« aufmerksam durchgehört hat, dann blieb man als aufrechter HipHopper in der Regel bei »Find Me In The World« hängen – jenem Song, der dem Pariser Rap-Trio DSL einen eigenen Deal beim französischen Vorzeige-Electrolabel verschafft hat. Die Brüder ­David, Stéphane und Lionel aus Sarcelles, dem ­»Pariser Harlem«, wie sie ihre Heimatstadt selbst nennen, ­trinken ganz offensichtlich jede Menge Alkohol, droppen aber noch viel mehr dreckige Beats und haben längst ihren ganz ­eigenen Style ­zwischen Crunk, Electro, Funk, Eighties-Rap und Indiepop erschaffen, mit dem sie perfekt in den aktuellen Crossover-Zeitgeist passen. Dieser Tage erscheint ihre neue EP »Stupid ­Bitches«. JUICE-Autor Fred Hanak traf David und ­Stéphane in Paris zum ­Vorstellungsgespräch.
 
Wie lange macht ihr jetzt schon Musik?
David: Seit zehn Jahren. Wir stammen aus ­Sarcelles, einer nördlichen Vorstadt von Paris. Wir mischen HipHop mit Electro und Live-Instrumenten, wir verbinden Rap gerne mit eingängigen Hooks und Gesang. HipHop war stets eine Möglichkeit, unseren eigenen Style auszuleben – und das mit nichts als Worten und Beats. Bevor wir einen Plattenvertrag bekommen haben, haben wir schon viele Jahre live gespielt. Vor fünf Jahren haben wir dann ein Album bei Records Makers [dem Label von Air und Phoenix, Anm. d. Verf.] veröffentlicht, und seitdem führte eins zum anderen.
 
Euer erstes Album »J.A.Y.M.« war leider ein kommerzieller Misserfolg. Wie habt ihr das ­damals aufgenommen?
Stéphane: Wir haben ein paar gute Kritiken und auch ganz gutes Feedback aus der Musikszene bekommen. Unser Video zu »Sexual« lief auf manchen Sendern, wir haben die eine oder andere Show gespielt und die Crew Q8 gegründet, zu der auch die Svinkels, TTC oder Drixxx von Triptik gehörten. Die Verkäufe waren daher gar nicht so bedeutend. Das war schon in Ordnung für uns. Die Musik­industrie ist ja total abgefuckt, also ging es schon längst nicht mehr um nackte Zahlen, sondern darum, was du mit deiner Musik jenseits von reinen Verkäufen machen und erreichen kannst. Trotzdem würden wir uns natürlich nicht gegen das Geld wehren. (lacht)
 
Wo ihr selbst TTC schon ansprecht: Ihr werdet in der Presse oft mit ihnen verglichen. Wie seht ihr diesen Vergleich?
Stéphane: Wir haben nichts Negatives über TTC zu sagen, die machen schon ihr Ding. Allerdings hat es nahezu nichts mit unserem Sound zu tun. Das ist letztlich nur eine Wahrnehmung von Journalisten, die eine diffuse alternative French-Rap-Szene herbeischreiben wollen. Da werden Attribute wie elektronisch klingende Beats oder allein schon die weiße Hautfarbe herangezogen, um irgendwelche Querverweise zu ziehen. Das ist doch kompletter Unsinn.
 
Wie ist die Connection zu Pedro Winter aka Busy P zustande gekommen?
David: Ein Freund von uns kannte ihn sehr gut, und er stellte ihn uns in der berühmten Strip-Bar »Hustler Club« auf den Champs-Elysées vor. Sofort hatten wir bei ihm ein gutes Gefühl und wurden schnell echte Freunde. Wir mochten besonders seine Art und Weise, wie er das Musikgeschäft sieht. Außerdem war er sofort bereit, bei der Promotion unserer Musik mitzuhelfen, also entschieden wir bald, auch auf weiterer Ebene mit ihm zusammen zu arbeiten. Ed Banger haben ja einen richtig guten Labeldeal, und das ist heutzutage echt was Besonderes.
 
Ihr seid der einzige HipHop-Act auf dem Label. Wie wurdet ihr von euren neuen Kollegen wie Justice oder Mr. Oizo akzeptiert?
David: Wir kannten die meisten von ihnen schon vor dem Vertrag, von daher war alles cool und easy. ­Außerdem kommen wir aus ihrer Sicht von einem komplett anderen Hintergrund. Wir sind tatsächlich die einzige HipHop-Band bei Ed Banger, so dass keiner von den etablierten Acts auf dem Label in uns eine Konkurrenz seht. Sie haben uns einfach nur willkommen geheißen, und das war’s dann auch schon.
 
Inwieweit hat sich euer Lifestyle seit dem ­Signing verändert?
Stéphane: Nun, wir leben immer noch in der Vorstadt, aber gehen jetzt häufiger ins Restaurant. (lacht) Weißt du, wir haben hart dafür gearbeitet, dahin zu kommen, wo wir jetzt sind. Busy P verschafft uns eine enorme Aufmerksamkeit, ob es um unsere Musik oder um Auftritte geht. Wir könnten es uns nicht besser vorstellen. In der französischen Rap-szene wandern viele Künstler von Label zu Label, von Major zu Indie, hin und her, vor und zurück. Wir waren aber vor dem aktuellen Deal nur bei Records Makers, die wiederum eine gewisse persönliche Verbindung zu den Leuten von Ed Banger haben, also haben wir eigentlich nie wirklich unser geschäftliches Umfeld verändert. Vorher waren wir auf dem selben Label wie Sébastien Tellier, jetzt sind wir auf dem selben Label wie SebastiAn. (lacht) Für uns ist das eine schlüssige, positive Weiterentwicklung.
 
Gibt es musikalische Einflüsse, auf die ihr alle drei ­gleichermaßen steht?
David: Kaum. Wir haben sehr unterschiedliche Geschmäcker, auch wenn wir Geschwister sind. Aber wir stehen schon alle auf funky Musik, auf so richtige Clubnummern, die jeden zum Tanzen ­bringen – sagen wir so was wie »Don’t Stop ’Til You Get ­Enough« von Michael Jackson.
 
Ebenfalls wichtige Einflüsse sind offensichtlich Zouk und Disco, oder?
David: Klar, wir sagen ja auch immer, dass wir HipHop machen, aber mit einem Zoukadisco-Feeling. Wir machen teilweise Tracks, die auch für Akon oder Pitbull geeignet wären. Wir sind extrem open-minded und lassen uns auch gerne von neuen Acts inspirieren, die aus ganz anderen Genres kommen – beispielsweise haben wir für unsere neue EP auch Remixe von einem kanadischen Künstler namens Rynecologist oder dem Franzosen DATA angefragt.
 
Wie wichtig ist das Internet für eure ­Promotion?
Stéphane: Sehr wichtig. Beispielsweise kann man exklusiv auf mpcshow.com unseren neuen Track »Stupid Bitch« checken. Das Internet ist heute ein ganz normaler Teil der Promotion und des Marketings bei einer Platte. Wir nutzen es auch, um unseren Geschmack zu vermitteln, z.B. durch DJ-Mixes, auf denen wir alle unsere Einflüsse von Gil Scott-Heron über Jackson 5 und Yo! Majesty bis Mr. Oizo und Sefyu spielen. Das Internet ist gerade für unsere Fans ein spannendes Tool, zumal es ständig neue Entwicklungen wie Microblogging oder Podcasts gibt. Man muss ein Teil dieser neuen Realität werden, weil sich alles rasend schnell verändert. Das heißt nicht, dass man jeden Monat ein neues Download-Mixtape raushauen muss. Aber man muss sich vernetzen und die neuen Möglichkeiten für sich nutzen. So sehen wir das jedenfalls.
 
Wie waren die Shows, die ihr im letzten Herbst gemeinsam mit den Jungs von Stones Throw gespielt habt?
David: Super. Es waren richtig nette Partys mit ganz viel toller Musik: James Pants, Dâm-Funk, Peanut Butter Wolf, Busy P, Mayer Hawthorne und DJ Mehdi, alles an einem Abend. Dank Busy Ps außerordentlichem Organisationstalent sind diese Partys zu echt wilden Abenden geworden. Und wir durften ein Teil davon sein.
 

 
Text: Fred Hanak
Foto: Leonardo Papini
 

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