Drei Jahre nach »Messer raus«: Brown-Eyes White Boy fängt gerade erst an // Feature

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2016 schlug Brown-Eyes White Boy kleine Wellen mit seiner »Vibes«-EP. Drei Jahre später erschienen mit »Bubblegum Dreams« und »1819« gleich zwei Tapes des Salzburgers, mit denen der 15-Jährige (!) den Coming-Of-Age Soundtrack kreiert, nach dem sich jeder Teenager sehnt.

Seit 2016 ist für Brown-Eyes White Boy alles anders, seine »Vibes« machten es möglich. Kein Geringerer als Trettmann sprang auf den Track »Messer raus« auf. Ufo filmte sich, wie er, mit einem Lemon-Mango-Kush-Baggy in der Hand, eine Stelle aus »Alles Mango« singt. Selbst Jan Delay gibt Props. Dabei hat Brownie mit dem Beginner musikalisch wohl nur so
viel gemeinsam, als dass der junge Eizi Eiz auch mal in Mikrofone gespittet hat. Gefreut hat es den Salzburger trotzdem.

Die Szene fühlte die Songs damals und plötzlich öffneten alle angeblich so harten Rap-Fans ihre Herzen für die positiven Messages seiner Lieder und trällerten die Melodien eines 13-Jährigen. Trotzdem wurde er genau wegen dieser Tatsache und seiner hohen Stimme belächelt. Heute kann er das jedoch gut ab, sagt: »Ist nicht mehr so schlimm wie früher.«

Noch heute reduzieren ihn aber viele auf »Messer raus« und »Alles Mango«, seine beiden kleinen Hits. Dabei war es mutig genug, die Idee, die uns allen heimlich im Kopf rumschwirrte, einfach zu verwirklichen: Type-Beats picken und mit dem Mikrofon der Smartphone-Kopfhörer im Schlafzimmer Raps aufnehmen: #DIY.

Nach seinem Stimmbruch lebt dieser Spirit weiterhin in Brownie. Obwohl immer noch alles über das Internet läuft, nimmt er (fast) keine Beats mehr von Youtube und arbeitet mit festen Produzenten wie Bronko Bammer zusammen, der sechs von zehn Beats auf »Bubblegum Dreams« produziert hat. Die Instrumentals bieten Brownie das musikalische Bett, in dem er sich wohl fühlt: Melodien, die zwischen Psychedelic, Indie, R’n’B und Pop hin und her wechseln und von modernen schallernden Trap-Drums getragen werden, abgemischt von seinem Homie Lux.

Auf »Bubblegum Dreams« führt Brown-Eyes White Boy den Sound seiner vorherigen Releases weiter, aber: »Es ist alles viel fröhlicher und freier.« Das ist auch auf »1819« zu hören, aus dem BEWB jüngst das Splitvideo zu »Dies das/Alles was« auskoppelte. Irgendwo zwischen den Wolken schwebt er verträumt in einer Blase und erzählt aus seiner Welt von Flavoured Soda, Trackpants, süßen Girls und guten Freundschaften. »Viele Filme und Serien inspirieren mich. Hört man ja sogar in meinen Songs, zum Beispiel in ›Mad Max‹ oder ›Moonrise Kingdom‹. Ich liebe Filme«, erzählt er.

Wenn die Animationsserie »Adventure Time« ein Musikalbum wäre, hieße es wohl »Bubblegum Dreams«. Genauso wie der Protagonist Finn aus der Serie von bösen Geistern heimgesucht wird, ist auch in der Welt von Brown-Eyes White Boy nicht alles rosa: Ungewissheit, fehlendes Selbstbewusstsein und Probleme, am Gelaber in der echten Welt
Anschluss zu finden. »Ich bin halt unsicher. Aber das wird schon«, wiegelt der junge Österreicher ab.

In Songs wie »In Mein Weg« und »La Vie« hörte man ihn auf »Bubblegum Dreams« zuvor bereits energischer, als man es auf seinen früheren Mixtapes gewohnt war. In solchen Tracks zeigt er deutlich, dass er nicht immer und grundlegend »Alles Mango« findet; vor allem nicht Leute, die sagen, sie hätten Drip, aber ein T-Shirt von Thrasher tragen. Mit aufgesetzten Fakern kann er nichts anfangen. Zwischen seinen Soundcloud-Uploads verstecken sich mehr solcher Tracks, in denen er sich über Hater und Faker aufregt und sich über sie lustig macht. Hier ist die Verzerrung der Distortion auch gerne mal so stark, dass man die Vocals kaum versteht – als Stilmittel versteht sich.

BWEB vertont die Zwiespältigkeit, in der sich junge Menschen befinden: die Unbefangenheit der freien Jugend gepaart mit der ungeklärten Frage, was da wohl am Horizont auf einen zukommt. Hier kommt Brownie, legt den Arm um die Schulter und gibt einem das Gefühl, dass er dich versteht, aber alles schon irgendwie wieder gut wird. Seine Musik kann Menschen dazu animieren, furchtlos in die Zukunft zu schauen: »Positivität ist mir wichtig. Die Leute sollen mehr das machen, was ihnen Spaß macht. Es gibt im Deutschrap sehr viel Negativität. Viel zu viel sogar.«

»Musik ist das, was ich am besten kann«

Brownie schafft es, sogar notorischen Schwänzern noch Schulreferenzen in den Kopf zu klopfen: »Sommerferien für immer!« (Seine letzte Spanischklausur lief übrigens »überraschend gut, danke der Nachfrage!«) Seinen wunderbar komischen Sinn für Humor verwirklicht er auf seiner Memepage auf Instagram, mit dem Namen »gibmirdensacknohomo«. »Die Memekultur ist sehr groß, auch in Deutschland und Österreich.« Für genauso wichtig hält er auch die Rolle von Clout im Game: »Das ist
überlebenswichtig. Was willst du machen, wenn du auf einmal nur noch 500 Klicks kriegst? Ziemlich madig, Bro.«

Brownie konzentriert seine kreative Energie also nicht nur auf seine Musik, aber natürlich vorwiegend darauf. »Musik ist das, was ich am besten kann. Also werde ich damit wohl am wahrscheinlichsten etwas erreichen. Erst mal die Brand Brown-Eyes White Boy aufbauen, dann Merchandise und Touren.« Er wird also mindestens noch so lange grinden, bis die Leute sagen: »White Boy tell’em!«

Langfristig kann er sich sogar vorstellen, vielleicht mal ein Modelabel zu gründen: »Fashion ist zwar eher nebensächlich, aber schon irgendwo wichtig. Ich liebe es, mich so zu kleiden wie ich es will. Ich kann damit viel ausdrücken und meine Attitüde zeigen.« Vielleicht tragen die coolen Kids von morgen also bald Klamotten von der Braunauge GmbH.

Text: Jesse Schumacher

Dieser Text erschien in JUICE 192. Aktuelle und ältere Ausgaben könnt ihr versandkostenfrei im Onlineshop bestellen.

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