Dendemann – Da nich für! // Review

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(Vertigo)
Wertung: Fünfeinhalb Kronen

Denkbar, dass es keinen Rapper in D gibt, der seinem Glück so sehr im Weg stand wie Dendemann. Dass man es hier mit einer Ikone zu tun hat, ist im Grunde schon 1998 klar, als ein hagerer Dende mit knallgelbem Bucket Hat und regenbogenfarbenem WWF-Shirt bei der Viva-Rap-Show »Word Cup« auftaucht, um mit ätzend-krächzender Stimme von seiner unglaublich alltäglichen Begegnung mit einem Pizzaboten zu erzählen. So schambefreit und unvermittelt berichtete bis dato keiner aus seinem Leben, das plötzlich auch noch total durchschnittlich sein durfte. Vor allem aber erzählte keiner mit solchem Wortwitz und doppelten Boden wie jener Typ, der aus mittelmäßiger Pizza eine Analogie zum oftmals faden Rapgame zog. In den Folgejahren etablierte sich Dende innerhalb der Humorhochburg HH als Storyteller in Ecko-Wear und fand in DJ Rabauke seinen kongenialen Partner, der ihn mit Jeep-Beats ausstattete. Das sträflicherweise nur zwei Alben anhaltende Projekt Eins Zwo war die vertonte Symbiose aus Realness und Humor, aus loyaler (Jugend)Liebe für Rap und gesunder Selbstreflexion. Eins Zwo prägten Casper, hinterließen sogar bei Moses Pelham in Rödelheim bleibenden Eindruck – und mündeten in einer Solokarriere, die zurecht respektiert wurde, aber nie so ganz überzeugen wollte. Daniel Ebel, der verkopfte Über-Nerd mit dem unersättlichen Anspruch, sich niemals zu wiederholen, suchte neue musikalische Inspiration und fand erst verspielt-melodische Beats und dann Vintage-Verstärker, die er mit Gitarren und Synthies verkabelte. Dann kam fünf Jahre gar nichts, bis sich ein blond gefärbter Dendemeier 2015 als Bandleader und musikalischer Anker von Jan Böhmermann bei ZDF Neo anstellen ließ. Der Sage nach schrieb Dende seine Texte – in denen er mal eben das tagespolitische Geschehen und die Medienwelt in D raffiniert durch den Wolf zog – stets auf dem Weg von Berlin nach Köln. Und doch: Als sich Dende im Dezember 2016 aus der Show verabschiedete, um sein Album fertigzustellen, fürchtete man im Rapgame um das deutsche »Detox«. Es ist nicht so, als ob er nicht könnte. Das Gegenteil war das Problem – und ist mit »Da nich für« nun die Lösung. Denn nur einer, der so sehr zwischen Selbstzweifeln und kreativem Geschick schwankt, kann ein Album schreiben, auf dem er romantisch verklärt über die eigene Herkunft aus der Provinz (»Wo ich wech bin«) und den Heimathafen HipHop (»Nochn Gedicht« & »BGSTRNG«) rappt, während er im anderen Moment kritisch auf die eigenen Spleens blickt (»Ich dende also bin ich«) und sich politisch so eindeutig und clever positioniert, wie man es sich von Deutschrap immer wünscht (»Keine Parolen« & »Zeitumstellung«). Womit sich Dende aber wirklich neu denkt, ist die Musikalität, die er zusammen mit den Krauts (und mit Hilfe von KitschKrieg, I.L.L Will, Reaf, Dexter, Torky Tork und KevBeats) findet. Aus Grooves zwischen Atlanta, Detroit und Berlin basteln sie als Team ein so schlüssiges Bild, dass man glatt überhören kann, wie unfassbar locker sich Dende durch unterschiedlichste Stimmungen und Tempi manövriert – und das »mit mehr Galgenhumor als auf den Alben zuvor«. Manchmal darf man sich auch ruhig selbst im Weg stehen. Danke, (sehr, sehr) gut.

6 Kommentare

    • Danke, richtiger Unsinn bei DEM Text fünfeinhalb Kronen zu vergeben… Kritisch wurde sich jedenfalls nicht mit dem Album auseinander gesetzt.

  1. „fand in DJ Rabauke seinen kongenialen Partner, der ihn mit Jeep-Beats ausstattet“… vielleicht hat DJ Raubauke die Beats abgespielt, produziert hat aber bei Eins Zwo Dendemann selbst.
    Ansonsten, muss ja nicht immer die Doktorarbeit sein, aber ein bisschen mehr Infos zum Album hätten nicht geschadet.

  2. YO hab die SPORT, Gefährliches Halbwissen, Zwei und Pfütze…..ABER DIESES DING HOL ICH MIR AUF KEINSTEN. Bin eigentlich ein begnadeter Dendefan. War auch froh über einen der einzig tighten Tracks auf dem neusten Beginner Album, Auch die Sachen bei Böhmi, richtig cool und auch nice. aber das hier ist für mich nichtmehr Dendemann, keinen Euro für diese Schallplatte. Findet keinen Platz in meiner Hip Hop Sammlung. Sorry.

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