Bushido: »Es bedeutet mir was, wenn die Leute mir Respekt geben.« // Titelstory

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Wann kam die Erkenntnis, dass es sinnvoller ist, sich auf die positiven statt auf die negativen Dinge zu konzentrieren?
Ach, eigentlich war das immer schon meine Denkweise – schon bevor ich mit Fler »CCN« gemacht habe. Fler war ja schon immer der übelste Choleriker und hat sich über jeden aufgeregt, der im Internet etwas Schlechtes über sein T-Shirt gesagt hat. Mich haben ­solche Sachen immer schon kalt ­gelassen. Hater sind mir egal und geben dir ja auch eine gewisse Bestätigung. Wenn dich niemand hatet, machst du irgendwas falsch. Guck dir mal Kollegah an: Den haten jetzt auch viel mehr Leute, nachdem er dieses Jahr so krass rasiert hat. Plötzlich kommt jeder aus seinem Loch und versucht, Kollegah kleinzureden. Wie behindert ist denn beispielsweise diese absurde Diskussion über seinen ­Vornamen? Ob der nun Felix, Sören oder Antoine heißt – was hat das denn mit seiner Mucke zu tun? Das beweist doch nur, dass die ihm sonst nicht an den Karren fahren ­können. Und er studiert Jura? Ganz ehrlich: Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Rapper studieren – dann hätten die nämlich endlich mal was zu tun, wenn es mit der Musik nicht läuft. Leider fehlt den meisten dazu aber der Grips, weshalb ihnen nichts anderes übrig bleibt, als mir mit unnötigen Videos, Songs und Interviews auf die Nerven zu gehen. Man kann es aber auch einfach wie Fler machen und die ­Künstler auf seinem eigenen Label dissen. Das ist ­genial! Für mich der Move des Jahres! (lacht) Und Silla dann auch noch durch dieses ­Telefonat bloßzustellen, als der total besoffen und nicht Herr seiner Sinne war, das dann aber als pädagogische Maßnahme hinzustellen – man, das ist richtige Drecksscheiße. Seitdem er ­diesen komischen Manager hat, der auch diese Verona Pooth betreut, ist Fler eh in einer ganz komischen Ecke gelandet. Er tritt beim Alpen-Flair-Festival im nächsten Jahr neben Bands wie Freiwild auf, kokettiert ­ständig mit dieser Nazi-Kacke, sagt dann zu Farid, er müsse als Gast in Deutschland dankbar sein und tut so, als sei das nicht rassistisch gemeint. Ich bin froh, dass ich mit Fler nicht mehr zu tun habe. Der soll uns nicht mehr auf den Sack gehen.

Knapp vier Wochen später, am 01. ­Dezember 2014 und somit kurz nach der Veröffentlichung von Kay Ones »Tag des jüngsten Gerichts«, ist »Carlo Cokxxx Nutten III« fertig ­aufgenommen. Bei einem kurzfristig und knapp vor der Heftabgabe ausgemachten zweiten ­Interviewtermin spielt Bushido das frisch gemasterte Album vor. Und was er im Interview zuvor nur vorsichtig angedeutet hat, bestätigt sich: Er macht’s alleine. Das Gehörte erfüllt auf Anhieb die geweckten Erwartungen und bleibt konstant auf einem hohen Niveau. Gedisst wird von Politikern, über Rapper und Comedians alles, was nicht bei Zwölf auf den Bäumen ist. »CCN III« ist tatsächlich die erhoffte Fortführung von »Sonny Black« mit noch stärkerem Rückbezug auf die eigene, glorreiche Vergangenheit – inklusive ­Cordon-Sport-Flavour, »Kick In The Door«-Vocal-Cuts und Sample-Beats. Gangsta-Rap par ­excellence, könnte man sagen.

Dein letztes Album »Sonny Black« war musikalisch und sprachlich nah am ersten »CCN«-Teil dran, inhaltlich hingegen klar im Jahr 2014 verankert: Statt anonyme Spasten auf der Badewiese zu klatschen, hast du gegen Prominente gepöbelt. Für »CCN3« gehst du nun noch ein Stück weiter zurück zu den ­Ursprüngen des »CCN«-Kosmos.
Teilweise. Natürlich kann ich mit »CCN3« nicht komplett zurück und so tun, als wäre ich ­immer noch bei Aggro Berlin. Aber die »CCN«-Reihe hat natürlich einen gewissen Retro-Touch. Und wenn Djorkaeff anfängt zu lachen, weil ich in einer Line sage, dass deine Biertrinker-Mutter gerade im Lesben-Chat abhängt, dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin: lustig und asozial.

Warum ist dir dieser Aso-Faktor so wichtig?
Eine Zeit lang wollte ich, dass die Leute in Deutschland Rap verstehen und sich vielleicht in mich hineinversetzen können. Heute will ich hingegen, dass die Leute, die nichts mir Rap zu tun haben, meine Musik richtig scheiße und eklig finden. Ich will, dass mein Nachbar »CCN3« hört und am nächsten Tag die ­Straßenseite wechselt, wenn er mich sieht. Ich habe keinen Bock, jedem zu gefallen.

Dir bereitet es offensichtlich Spaß, Leute richtig asozial zu beleidigen.
Das ist mein Humor – unser Humor. Wenn ich mit den Jungs im Studio bin, also mit Djorkaeff, Beatzarre und Shindy, dann sagen wir sehr oft eklige Sachen über andere Leute. Nicht, weil wir die ernsthaft ­beleidigen wollen, sondern einfach, weil das unser Vokabular ist und wir das witzig finden. Ganz ehrlich: Wenn du mir einen Song von Olson vorspielst, dann finde ich daran nichts lustig oder ansprechend – dann sitze ich da wie Homer Simpson, der nur eine Erdnuss im Hirn hat. Aber wenn du mir einen Song von Farid Bang vorspielst, in dem er sagt, dass er erst dann aufhört zu ­rappen, wenn jede Mutter bläst, dann lache ich mich tot. ­Natürlich ist das ­hängengeblieben, behindert und schlimm, das weiß ich selbst. Aber was soll ich ­machen?

Für »CCN« galt immer: »Bushido ­produziert«.
Das war auch dieses Mal wieder so. Ich saß mit der alten MPC 2000 XL auf dem Schoß im Studio und hab darauf herumgetrommelt, während Djorkaeff und Beatzarre das direkt im Laptop weiterverarbeitet haben. Die komplette Produktion lief aber durch meine Hände. Anders geht es bei »CCN« auch nicht.

Hauptvorwurf in Kays »Tag des jüngsten Gerichts« war der, dass du deine Texte nicht selbst schreiben würdest. Was ist da dran?
(Stöhnt) Gar nichts. Kay musste sich einfach was aus den Fingern saugen, um überhaupt eine Wirkung zu erzielen. Ich kann natürlich nachvollziehen, dass Leute das glauben, aber das ist Quatsch. Selbstverständlich hilft man sich beim Schreiben im Studio aber ­gegenseitig. Gerade eben habe ich einen der letzten Songs aufgenommen, in dem die Zeile vorkommt: »Das ist das Leben, Junge, siehst du, wie die Krähen kreisen/Weil dich die Hunde jagen, darfst du niemals stehen bleiben.« Das Wort »Hunde« hat mich aber gestört, weil die ja eigentlich nicht jagen, woraufhin mir Beatzarre »Hyänen« vorschlug. Deswegen ist aber doch der Text nicht von ihm. Und klar, auch Kay hat mir früher beim Schreiben geholfen, aber für seinen textlichen Input habe ich ihn immer bezahlt.

Was hältst du denn von seinem Disstrack?
Kay wollte beweisen, dass er ein guter ­Rapper ist, aber das hat ja nie jemand in Abrede gestellt. Ich finde ja, dass man seinen Gegner in einem ernstgemeinten Disstrack bloßstellen muss – Kay hingegen hat bloß wiederholt, was er bereits in »Nichts als die Wahrheit« und bei »Stern TV« gesagt hat. Neu waren nur die Beleidigungen gegen meine Frau. Das ist uncool und zeugt von Hilflosigkeit. Am Ende stört mich vor allem, dass er jetzt behauptet, »Nichts als die Warheit« wäre kein Disstrack gewesen und ich hätte das alles gestartet. Dabei hat er meinen Namen in diesem Song zuerst in den Dreck gezogen. Er hat jetzt also zwei Songs, ich einen.

Also wirst du noch einen Song ­nachlegen?
Eigentlich hatte ich das nicht vor, weil ich mit »Leben und Tod des Kenneth Glöckler« schon alles gesagt hatte. Aber die Beleidigungen gegen meine Frau stören mich doch so sehr, dass ich das eigentlich nicht so stehen lassen kann. Ich finde auch, dass Eko auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe reagieren sollte. Ich muss aber erst mal abwarten, was in den nächsten Wochen noch passiert. Kay hatte nun seinen Moment, das hat mich auch mal kurz runtergezogen, aber damit muss ich ­leben. Wenn du dich prügelst, platzt dir halt mal die Lippe auf. Eigentlich freut es mich ja auch, dass das Video so viel geklickt wird – das belegt ja vor allem auch meine Relevanz. Und dass man einen Rapper mit einem einzigen Song vernichten kann, bleibt eh eine Illusion. Die interessante Frage ist: Wie hoch war der Schaden? Und der war bei Kay nach »Leben und Tod des Kenneth Glöckler« enorm. Das haben alle so gesehen, der Track lief eine Zeit lang in jedem HipHop-Wohnzimmer. Wenn ich jetzt noch einen Song machen sollte, dann wird das auf jeden Fall ein totales Massaker. ◘

Text: Sascha Ehlert und Daniel Schieferdecker
Fotos: Sascha Haubold

Dieses Interview ist erschienen in JUICE #164 (hier versandkostenfrei nachbestellen). U1_Cover-1-164_2-JUICE

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