Album der Ausgabe: Samy Deluxe – Verdammtnochma! // Review (2004)

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(Deluxe / Capitol / EMI)

Wertung: Fünf Kronen

Verdammtnochma, was soll man schon sagen über das zweite Solo-Album dieses Typen, der auf dem Rap-Level seit »Pures Gift« praktisch unfickbar ist? Dass es eine Flowpalette auffährt vielleicht, die zwischen fast schon aufreizendem Verzögerungsstyle über Heatmakersheat und irrwitzigem Zungentwist in bester DD- (»Der Guteste«) und ASD-Tradition (»Champions«) alles abdeckt, was recht und billig ist? Dass es mit Megahertz‘ »Zurück« einen der spektakulärsten Beats der Sommersaison sportet? Dass es in manchen Momenten eine echte Brücke schlägt zwischen zwei Generationen, zwei Schulen deutschen Raps, die zunehmend als (einander) ausschließende Alternativen rezipiert werden? All das ließe sich sagen, ja. Aber wenn man ehrlich ist, hatte man sich all das auch irgendwie erwartet. Wirklich überraschend ist hingegen, über welch subtile Fertigkeiten Sam mittlerweile verfügt, wenn es darum geht, soziale Befindlichkeiten zum Ausdruck zu bringen. Während mich »Weck mich auf« noch eher peinlich als sonst wie berührte, ist etwa »Generationq ein so beeindruckendes wie bedrückendes Portrait unserer Zeit: Wie aus einer Schleuse, die nach einer halben Ewigkeit geöffnet wird, fließen in einem Moment der Klarheit ungebremst Wahrheiten über jene Generation, der die meisten von uns angehören und aus der sich auch Samy ganz bewusst nicht ausschließt. »Was Was« (feat. Charnell) ist gleichzeitig Kanal und Appell –Kanal für die Wut auf die Blindheit des Kollektivs, Appell an ihre Schwestern und Brüder da draußen, niemals aufzustecken. »Es ist wahr« umarmt mit der einen Hand den Ersatzvater Rap, während mit der anderen Deutschland die Fresse poliert wird. Es geht bestimmt nicht darum, jede Zeile von „Verdammtnochma“ bedenkenlos zu unterschreiben. Aber es geht definitiv darum zu erkennen, dass Joints wie »Manchmal« (an die alten Freunde), »Einfach ich« (auf einem weiteren gemeingefährlichen Wajeed-Gerät), »Blick Zurück« (in der Tradition von »Bis Dato«) oder eigentlich auch schon das lntro mehr über den Menschen Sam Sorge verraten als das bisherige Gesamtwerk des Wickeda. Ansonsten natürlich wieder jede Menge Representer-Shit auf einem Level, das nicht allzu viele zu Gesicht bekommen haben, in Deutschland sowieso nicht: »Bereit« feiert die New Era mit Deluxe Records und den Headliners, »Viel mehr« hat 700% Dynamite unter’m Arsch und »Wow« ist gewohnt unterhaltsamer Übertreiberstyle, der zudem symptomatisch für die vielleicht größte Leistung dieses Albums ist: Mit »Verdammtnochma« hat Samy Deluxe einen echten Schritt nach vorne gemacht – seine alten Fans aber, die hat er mitgenommen. Und dies, liebe Freunde, ist verdammtnochma wirklich deluxe.

Text: Davide Bortot

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