Yung Lean – Stranger // Stream

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Gleich am Anfang eine Warnung: Wer auf der Suche ist nach Gute-Laune-Musik, um sich vom grauen Wetter abzulenken und die aufkommenden Winterdepressionen wegzudrängen, sollte einen großen Bogen um dieses Album machen. Yung Lean liefert nämlich vierzehn Songs voller Gefühl, Pathos und Weltschmerz. Songs, um sich in die Badewanne zu legen und über Stunden heißes Wasser nachzulassen. Songs, um sich ins Bett zu verkrümeln und die Decke über den Kopf zu ziehen. Songs, die die Melancholie ansprechen und dann ganz lange daran festhalten. Es handelt sich um den Gegenentwurf zu den hundertfachen Ausbuchstabierungen des Hedonismus, die derzeit die Charts dominieren. Mollys poppen, Schampus sippen, Frauen bezirzen? Fehlanzeige. Statt eine fröhliche Fassade zu präsentieren, gibt Yung Leandeor Einblick in sein von verzweifelter Lethargie geprägtes Innenleben. Der junge Schwede erzählt von Sucht, Antriebslosigkeit und gescheiterter Sinnsuche. Vom Leben eines jungen Mannes, der der Welt und sich selbst immer ein Fremder bleiben wird. So viel Offenheit und Gefühl ist selten in der heutigen Zeit, in der sich die Hörer von Musik oft leichte Unterhaltung statt tiefgehender Beschäftigung mit ernsten Themen erwarten. Den Sadboy interessiert das jedoch nicht. Er schreibt einfach ein weiteres Sitzungsprotokoll seiner Autotherapiestunden. Das Resultat verdient die Bezeichnung »große Kunst«.

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