Yung Lean – Poison Ivy // Review

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Sechs Jahre ist es mittlerweile her, dass Yung Lean seinen wolkenverhangenen DIY-Sound erstmals in Online-Gefilde lancierte und damit rückblickend die Ära des schwer definierbaren Genre-Potpourris zwischen Rap, R&B und Grunge einläutete. Was damals noch als unkonventionell galt, schwer zu greifen schien und überwiegend als »Emo-Musik« abgetan wurde, dürfte es durch Lil Peep, XXXTentacion & Co. endgültig aus dem Nischensumpf in die Charts geschafft haben. Umso enttäuschender kommt da die neueste Kreation des einstigen Vorreiters der Generation Soundcloud daher. Nachdem Lean es 2017 auf »Stranger« noch schaffte, Südstaaten-808-Gebrumme, Skater-Punk und Cloud-Balladen zu einem weirden, aber einzigartig emotionalen Werk zu vereinen, scheint »Poison Ivy« nichts von der damaligen Experimentierfreude abbekommen zu haben. Progressive Ästhetik und genresprengende Produktionen weichen einem seltsam deplatziert klingenden Einheitsbrei, dessen Wirkung trotz melancholischer Grundstimmung nicht annähernd so einnehmend ist wie die seiner Vorgänger. Betäubtes Geschwader über Drogen und Depressionen gibt’s zwar immer noch, jedoch ist von Leans einstigen Standout-Merkmalen wie roher Introspektive und ausgeklügelten literarischen Referenzen nichts mehr vorhanden. Stattdessen reicht seine Kreativität für eindimensionalen Drug-Talk à la »No Xans, oh man, why y’all so broke, man« und einfallslose Anspielungen an die Simpsons (»Blow your heart up, Simpson Bar, come and start with me«), Harry Potter (»Got magic like I’m Harry/Dark magician, you a fairy«) und Herr der Ringe (»Feeling like I’m Sauron, got that mask on my face«). Lean hätte sich in Anbetracht des aktuellen Hypes um sein Genre keinen besseren Zeitpunkt für »Poison Ivy« aussuchen können – und doch (oder vielleicht gerade deshalb) klingt er darauf uninspirierter denn je.


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