Wiley – Godfather // Review

-

(Wiley)

Wertung: Viereinhalb Kronen
Wiley ist cold. War es immer. Ist vielleicht sogar der Erfinder der Kategorie eine Stufe über cool. Schon mit seinem Debütalbum bewegte er sich 2004 auf dünnem Eis. Neben »Boy In Da Corner« Dizzee Rascal hievte Wiley Grime damit in die höheren Stockwerke der Pop-Industrie – nur um ihr danach ein ums andere Mal ins Gesicht zu spucken. Richard Kylea Cowie ist, anders als Titel seiner wegweisenden Grime-Instrumentals Anfang der Zweitausender vermuten lassen – »Frostbite«, »Snowman«, »Eskimo« oder »Blizzard« – , ein Hitzkopf. Immer wieder hat er Plattendeals gegen die Wand gefahren, hat anderen MCs ans Bein gepinkelt, seinen Manager entlassen und ein paar Stunden später wieder eingestellt, ein Album angekündigt, es wieder verworfen und jetzt mit »Godfather« doch noch rausgebracht. Sein Respekt für die anderen machte Wiley immer besonders, macht ihn heute zum Godfather of Grime, zum unnachgiebigen und unabhängigen Botschafter und Supporter der Szene. Auch in den Stücken seines neuen, elften Albums lässt er immer wieder seine Anerkennung für die Arbeit anderer, auch jüngerer MCs wie Stormzy oder Giggs, durchblicken. Hört man dazu den beinahe verträumten Auftakt des Einsteigers »Birds N Bars«, fragt man sich: Ist Wiley etwa altersmilde geworden? Nur um mit bohrenden Geräuschen, schweren Kick-Drums, Sägezahn-Bässen und bissigen Wort-Stakkatos vom Eskiboy eines Besseren belehrt zu werden. Bis auf »U Were Always, Pt. 2«, einem HipHop-Slowjam, bei dem er mit Skepta und Belly den verletzten Partner einer Liebesbezieh­ung mimt, hauen 16 Tracks mit hektischen Beats, vibrierenden Bässen und eingängigen Melodien in klassische Grime-Kerben. Wiley war Grime, bleibt Grime, ist Grime. Er selbst bringt das in seiner Hook bei »Can’t Go Wrong« auf den Punkt: »When it’s straight from the heart, you can’t go wrong/If it’s a real vibe then you can’t go wrong/I won’t forget, I came from the dirt/If I go to a dance to rave, I think smart/Keep humble, I play my part.« Die Rolle des kaltblütigen Hitzkopfs mit großem Herz für die Szene spielt keiner so wie er.

Text: Philipp Weichenrieder

https://www.youtube.com/watch?v=gcroTw04i-w

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein