V.A. – Sopa De Tartaruga // Review

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(Melting Pot Music/Groove Attack)

Wertung: Vier Kronen

2012 erschien die LP »The Essence Vol. 1« von der Berliner Band The Ruffcats. Das vielseitige Instrumental-Album, das schrammig-rockende wie elegante Soulstücke enthält, wirkt in Kennerkreisen nach. Derart sogar, dass sich Labelkollegen von Melting Pot Music zusammen getan haben, um »The Essence Vol. 1« als Kern für ein neues Projekt zu verwenden. Und das funktioniert sowohl eigenständig, ist aber auch als Referenz gedacht – mit Neuinterpretationen und Remixen wird »The Essence Vol. 1« bewusst in den HipHop integriert. Verantwortlich dafür sind die Beatbastler Dramadigs, Retrogott, V.Raeter, TBRCK & DJ Adlib, Figub Brazlevic, Fid Mella, Shuko und Illiaz. Neun Songs finden sich auf »Sopa de Tartaruga«, zwei davon mit Raps. Zum einen wäre da »Tortuga« von Retrogott und Hulk Hodn: spitzfindige Systemkritik zwischen Schildkrötensuppe und den Ninja Turtles, in der Retrogott mit Lines wie »Die Welt wächst zusammen mit meinen Turnschuhen/aber die internationale Arbeitsteilung hat mit Teilen nichts zu tun/Ökonomiemodelle nehmen Gestalt von Naturgesetzen an« auf atmosphärisch-abseitige Weise seinem Unbehagen gegenüber kapitalistischen Verwerfungen und derzeitigen Gesellschaftsstrukturen Ausdruck verleiht. So etwas nannte man wohl mal »Conscious Rap« und ist auch weiterhin empfehlenswert. Weniger überzeugend ist dagegen »Gefängnisparty« von Veedel Kaztro und Fid Mella. Vielleicht ist es Storytelling, vielleicht Kritik an Polizeigewalt, vielleicht ein zaghaft gebrülltes »ACAB« und womöglich soll es sogar witzig sein. Für all das ist »Gefängnisparty« allerdings zu plump. Umso glücklicher also, dass es auch das astreine Instrumental noch mal eigenständig auf den Sampler geschafft hat. Insgesamt ist die auf »Sopa de Tartaruga« gebotene Aufbereitung und Fortführung des ursprünglichen Materials eine wunderbare Verneigung vor den Ruffcats. Blu würde diese Compilation gefallen, Joey Bada$$ ebenfalls. Das ist Musik, die eigentlich auf Kassetten gehört und von Kassetten gehört werden sollte. Im Zeifel eben auch von Vinyl und zur Not auch vom iPod. Jedenfalls von allen.

Text: Frank Tur

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