The Kii ist ein deutsches Produzenten-Duo, bestehend aus Micha und Jan, das auf seiner Debüt-EP »PIUPIUPIU« (Gunsounds, ihr wisst) eine Auswahl spannender Artists aus internationalen Sphären versammelt hat. Die beiden machen vor, wie das Musikgeschäft global funktionieren kann und dass Produktionen aus Deutschland längst auf einer Bühne mit den Großen der internationalen Szene stehen können. Auf Trap-Brettern, die von organischen Samples geprägt sind, sind meinungsstarke Conscious-Rapper neben experimentierfreudigen Upcoming-Artists der New Wave zu hören. Die Namen reichen von Kelvyn Colt über Mick Jenkins und Serious Klein bis zu Valee. Wir haben Jan und Micha zu ihrem Debüt und dem internationalen Fokus ihrer Musik befragt.
Wann habt ihr beide jeweils angefangen Musik zu machen?
Micha: Wir haben beide im Kindesalter angefangen Musik zu machen. Jan mit Bass und Gitarre, ich mit Schlagzeug und Klavier. Wir hatten beide auch die gleiche brennende Leidenschaft für unser Instrument, haben viel Zeit mit Üben verbracht und dachten, dass wir Drummer und Bassist unser Leben lang bleiben. Bis wir immer mehr angefangen haben Beats zu bauen und Songs zu schreiben. Da wurde uns beiden schnell klar, dass es das ist, was wir eigentlich viel lieber machen wollen.
Und wann und wie habt ihr zueinander gefunden und damit gestartet, gemeinsam an Songs zu arbeiten?
Micha: Wir kennen uns seit dem Studium, haben aber erst in Chicago im Auslandssemester mehr Zeit miteinander verbracht und auch dort die ersten Beats gebastelt. Ursprünglich waren die Beats eher Backing-Tracks für Liveperformances mit denen wir auch aufgetreten sind. Da wussten wir producing-technisch noch nicht so viel und haben uns Unterstützung geholt. Bis wir dann irgendwann dachten »Lass es uns doch einfach selbst produzieren.«
Was würdet ihr sagen sind die Elemente, die euch in der musikalischen Sozialisation verbinden? Oder seid ihr eigentlich eher unterschiedliche Typen, was diese Sozialisation und Prägung angeht?
Jan: Wir haben einige musikalische Gemeinsamkeiten, aber auch manche sehr verschiedene Geschmäcker. Klar ist, dass wir Neosoul, HipHop, Trap etc. beide sehr feiern und auch beide sehr soulige Wurzeln haben und deswegen von Grund auf musikalisch sehr gut zusammenpassen. Ich habe meine Jugend mit Nelly und G-Funk verbracht, Michi mit D’Angelo und J Dilla.
Eure Produktionen vereinen sowohl viele organische Sounds/Samples mit Trap-Elementen. Wo liegt für euch der besondere Reiz, Vintage und State of the Art zusammenzubringen? Und wie habt ihr die Balance gefunden, um ein eigenes, wiedererkennbares Soundbild zu schaffen?
Jan: Unser Grundgedanke war es von Anfang an die Musik zu machen, die wir beide absolut feiern. Und genau diese Mischung ist auch das was wir lieben. Warme organische Sounds in Verbindung mit Trap ist die Musik die wir beide schon immer hören und machen wollten.
Unser Sound hat sich mit der Zeit immer weiterentwickelt und tut es auch jetzt noch. Über die Zeit haben wir uns auf bestimmte Instrumente und Sounds eingeschossen: Wir sind z.B. große Fans vom Prophet, insbesondere dem Prophet 10.[Synthesizer-Modell, Anm. d. Red.] Diesen Vintage-Sound kriegt man einfach nur schwer mit Plugins.
Wie kann sich euren Arbeitsprozess vorstellen? Womit startet ihr einen Beat, wie arbeitet ihr weiter daran, bis er fertig ist?
Micha: Meistens starten wir unsere Beats mit Chords oder einer Melodie. Daran schrauben wir dann so lange bis daraus ein Sample wird. Dabei nehmen wir viel selbst auf, flippen, choppen, pitchen. Wichtig ist uns, dass soundlich etwas Neues entsteht, das eine klare emotionale Message hat. Wenn das da ist, bauen wir meistens erst die 808, denn der richtige 808 Bounce ist einfach super wichtig. Danach kommen dann Drums und evtl. diverse FX Sounds, Transitions etc. Bei uns gibt es keine feste Aufteilung. Jeder macht alles. Oft bringt auch jemand eine Skizze mit, an der wir dann zusammen arbeiten.
Und wie seht ihr euren Arbeitsbereich generell? Seht ihr euch als reine Beatmaker oder Produzenten? Nehmt ihr auch Einfluss darauf, wie die Lyrics und künstlerische Gesamtgestaltung der Songs aussehen?
Micha: Wir sehen uns definitiv als Produzenten im ganzheitlichen Sinne. Unsere oberste Priorität ist der Song. Wir haben für die EP auch bei manchen Songs 3-4 Varianten des Beats gemacht, weil wir fanden, dass der Song noch nicht da ist wo er sein könnte. Deshalb sind wir auch immer im engen Austausch mit den Artists, um einfach am Ende einen Song zu haben, auf den alle stolz sein können.
Wie habt ihr angefangen, mit Rappern zu connecten? Habt ihr erstmal hierzulande geschaut, wer zu eurem Stil passt oder gab es direkt den internationalen Fokus, der auf der »PIUPIUPIU« zu hören ist?
Jan: Wir waren uns einig, dass wir für unsere Beats einen internationalen Sound brauchen. Egal, woher der kommt. Wichtig für uns ist, dass wir den oder die Künstler:in feiern. Die Kommunikation ist natürlich um einiges leichter, wenn die Person aus Deutschland kommt, aber wir gehen immer einfach danach, was uns gefällt.
Ihr habt gemeinsam ein Auslandssemester in Chicago absolviert. Inwiefern hat euch diese Zeit geprägt? Sind dort schon erste Connections zustande gekommen, die man jetzt auf der EP hören kann?
Jan: Die Zeit in Chicago war sehr prägend für uns. Dort haben wir das erste Mal zusammen an Beats gearbeitet und allgemein viel Musik gemacht und konnten auch ein bisschen in die Kultur eintauchen. Von Gospelbands bis Jamsessions haben wir alles mitgenommen und sind dadurch enorm gewachsen. Wir haben natürlich immer noch Kontakt zu Freunden, aber die Connections zu den Artists auf der EP kamen alle erst später.
Was ist euch wichtig, wenn ihr nach Artists sucht, mit denen ihr zusammen Musik machen wollt?
Micha: Das Allerwichtigste ist für uns, dass wir die Musik und den Vibe feiern. Für uns ist es uninteressant Features zu machen nur weil jemand eventuell viel Following hat. Außerdem muss die Kommunikation stimmen. Wir hatten auch diverse Collaborations, die wir letztendlich nicht machen konnten, weil es mit der Kommunikation sehr zäh und anstrengend war. Vor allem wenn man die Leute nicht persönlich kennt.
Wie entstehen die Recordings? Trefft ihr euch mit den Rapper*innen zu Sessions oder habt ihr eher Remote gearbeitet, wie viele Künstler*innen in der Corona-Zeit?
Micha: Alle Vocal-Recordings auf der EP sind ausschließlich remote entstanden. Wir hätten uns sehr gerne getroffen, aber das war einfach wegen der Distanz und Corona leider nicht möglich.
Die Spannweite der Rapper*innen auf der EP ist ziemlich groß und schließt ganz unterschiedliche Stile und lyrische Ausrichtungen ein. Könnt ihr zu jedem Artist in einem Satz zusammenfassen, was ihn/sie aus eurer Sicht besonders macht?
Micha/Jan: Valee’s Flow ist einfach einzigartig. Sein Timing und Attitude sind super besonders.
Wir feiern Kelvyn Colt’s Stimme und Flow extrem. Er ist einfach krass.
Was soll man zu Mick Jenkins sagen? Wir hören ihn seit Jahren und für uns ist es eine Ehre ihn auf der EP zu haben.
Seri is special. Voice, Tone, Flow – einfach top. Die Lyrics auf I Beg to Differ sind unfassbar.
Yung Fume ist fresh und ein spannender Künstler. Er passt perfekt auf Flip the Switch und wir sind gespannt was noch von ihm kommt.
Elijah ist ein Diamond in the rough. Extrem talentiert, vielseitig begabt und wir haben auch noch ein paar Sachen mit ihm in der Pipeline.
K.ZIA’s Stimme und die Toplines haben uns umgehauen und sie ist der perfect fit für »Virgo«. Checkt sie unbedingt aus!
SIIMBI ist schwer vergleichbar mit anderen Rappern. Sehr experimentierfreudig und abseits vom Mainstream unterwegs. Der fährt seinen eigenen Film und passt super zu uns.
Locksmith ist ein wordsmith. Sehr versatile.
Mark Battles hat über der entspannten Produktion von »Bag« einen dopen Job gemacht. Wir feiern ihn sehr.
Wohin geht eure Reise in Zukunft? Habt ihr schon weitere Projekte geplant? Könnt ihr euch auch vorstellen mit Deutschrappern zusammenzuarbeiten oder bleibt der Fokus international?
Jan/Micha: Wohin unsere Reise geht ist noch nicht ganz klar. Wir wollen aber definitiv ein Album machen und werden sehr bald auch eine Merch-Kollektion an den Start bringen!
Was Features angeht bleibt unser Fokus auf internationalem Sound und wenn wir dafür Leute in Deutschland finden, ist das auch top.
Interview: David Regner
Beitragsbild: Sophie Balz