(S.C. Enterprise / Roc Nation)
Im Hause Carter sorgt man sich um vieles, nur nicht um Geld. Und genau deshalb dreht das lässigste Paar der Popgeschichte auf »Everything Is Love«, dem ersten gemeinsamen Carter-Opus, immer wieder fröhlich Pirouetten um die Dollarnote. Ob mit Forbes-Geprahle oder dem Wohlstandsversprechen an die Großgroßenkel: »Everything Is Love« ist albumgewordenes Millionärsgeprahle und markiert das freudige Finale nach dem zähen Beziehungstief, das noch »4:44« und »Lemonade« bestimmte. Der zum CEO gewandelte Ex-Cornerboy suchte mit seinem Soloalbum die eigene Reife als Mittvierziger, die makellose R’n’B-Queen suchte Klarheit in der Beziehung und zementierte ihre Position als Powerfrau. Im dritten Kapitel ihrer Pärchen-Trilogie nun werden die Versprechen eingelöst. Bey eröffnet mit dem versöhnlichen Dämmerungs-Soul »SUMMER«. Sie zieht Stärke aus der Reunion; die Melancholie schreit: »Dieser Fehler passiert dir kein zweites Mal!« Jay nickt, gibt sich erwachsen zurückhaltend. Und wieder Auftritt Bey: Auf rollenden 808s stürmt die Queen mit »APES**T« zum Angriff auf Rap-Patriarchaten – Quavo kann sich glücklich schätzen, dass er überhaupt ein paar Ad-Libs trällern darf. »BOSS« münzt die Allmachtsattitüde der Carters auf Bläserbombast im Donnie-Trumpet-Style und »NICE« verwandelt sie in die gelungenste Pharrell-Produktion nach dem kreativen N.E.R.D.-Flop. »713« hebt das Produzentenduo Cool & Dre auf großer Bühne aus der Asche, während Queen Bey mit einem »Still D.R.E.«-Zitat die größte Rap-Hommage ihrer Karriere feiert. Möchte man »Everything Is Love« etwas vorhalten, dann die Makellosigkeit der 38-minütigen Carter-Party: Nach dem Opener braucht es bis zum abschließenden »LOVEHAPPY«, um wieder so richtig persönlich zu werden. Von den Fehlern und Schwächen, die die beiden Überlebensgroßen auf »Lemonade« und »4:44« noch so nahbar machten, ist bis auf ein paar kurze Krisen-Rückblenden und Kanye-Fehden wenig übriggeblieben. Im größeren Beziehungsnarrativ der Carters allerdings geht dieses Album vollkommen auf. Auch keine Selbstverständlichkeit in diesem polyamourösen Rap-Game.