Slum Village – Villa Manifesto // Review

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Slum-Village_Village-Manifesto

 

(Ne’Astra Music/Groove Attack)

Wertung: Vier Kronen

Hört man das neue Slum Village Album “Villa Manifesto”, ohne die Umstände zu berücksichtigen, unter denen es entstand, so scheint der Visionär und Slum Village Bandleader T3 seine Ziele erreicht zu haben. So gelang es ihm nicht nur, die legendäre Band (posthum) wiederzuvereinigen, sondern auch ein Album zu schaffen, das die Slum Village-Diskografie würdig zu schließen imstande ist. Inhaltlich bewegen sich SV seit “Fantastic”-Tagen traditionell zwischen Braggen, Boasten und mehr oder weniger frivolen Bettgeschichten (“Scheming”, “Um Um”). Man ist älter geworden, mittlerweile wurde der Themenkatalog entsprechend um bodenständige Selbstreflektion (“The Reunion Pt. 2”) erweitert. Auch wenn Elzhi zu den technisch versiertesten US-Rappern der Gegenwart gezählt werden muss, ist Slum Village seit den Anfangstagen mit J Dilla eine Kombo, bei der die Beats stets im Zentrum des Geschehens standen. 2005 wurde das vorletzte Slum Village-Album für den jungen Black Milk zum Sprungbrett, als er die komplette Produktion für die Platte übernahm. 2010 unterstützen Khrysis, Dave West, Hi-Tek und Mr. Porter ausgerechnet Black Milks früheren Beat-Spezi Young RJ, der auf “Villa Manifesto” den Löwenanteil der Produktionen besorgt und dabei weitgehend überzeugt. Es gelingt RJ nicht nur, den Ansatz des Großmeisters Yancey ins Hier und Jetzt zu übersetzen, sondern auch noch mit einer eigenen Note zu versehen (“2000 Beyond”, “Earl Flinn”). Dilla selbst ist mit zwei Beats (“Lock It Down”, “We’ll Show You”) und drei Verses an der Platte beteiligt. Für Vereinsmitglieder des “J Dilla Changed My Life e.V.” sollten das genügend Gründe sein, die Platte zu kaufen. Wem es allerdings zuerst um Musik und damit verbundene Emotionen geht, der wird mit dem Manifest seine Probleme haben. Die Querelen vor der Veröffentlichung zwischen den noch lebenden Mitgliedern werfen einen dunklen Schatten auf das Projekt. So war Elzhi ursprünglich auf allen Tracks der Platte, aber wurde nach Auseinandersetzungen mit dem Label von sechs Tunes gebannt. Zum Videoshoot von “Reunion Pt. 2” wurde er nicht eingeladen. Dazu passend erhob er heftige Vorwürfe Richtung T3 und Label, dass Baatin und Illa J lediglich aus Gründen der Vermarktbarkeit in die Crew geholt worden seien und nicht, weil es musikalisch Sinn ergebe. So oder so erlischt mit der Schlammschlacht nach LP-Release auch der letzten Funken Unbefangenheit. Offenkundig sind auch Untergrundveteranen nicht frei von Fehlern und vor den Fängen windiger (Label-)Manager gefeit. Backpackhausen ist abgebrannt, das Slum Village eine Geisterstadt. Ob das letzte Manifest der legendären Gruppe nur unter musikalische Aspekten betrachtet werden kann und das Potenzial hat, zum Vermächtnis der Crew zu reifen, wird die Zeit zeigen. Zumindest wäre eine Antwort auf die ominöse Frage in “The Look Of Love” gefunden. Was Liebe damit zu tun hat? Gar nichts.

 

Text: Julian Gupta

 

 

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