Einmal noch. Und dann? Nach zwei Jahren maskulinem Dasein, einem Kollabo- und einem Soloalbum sowie diversen Mixtape-Beiträgen, schließt Silla nun das nächste Kapitel seiner musikalischen Laufbahn und verlässt Flers Label. Dieses vorerst letzte Kapitel ist aber gleichzeitig auch das wohl Überraschendste in der Karriere des ehemaligen I-Love-Money-Schützlings. Wer Silla bisher nämlich in eine bestimmte Schublade gesteckt hat, wird mit »Audio Anabolika« mehrfach eines Besseren belehrt. Während das erste Viertel des Albums so berechenbar daherkommt wie das kleine Einmaleins, zeigt sich der Berliner spätestens mit »Cheatday« von einer überraschend humorvollen Seite, die auch Nicht-Fitness-Fans so manchen Schmunzler entlocken dürfte: »Ich hab’ die ganze Woche trainiert/Heute ess’ ich alles doppelt frittiert«. Und wenn anschließend mit »Killaware« noch ein Boombap-Beat à la DJ Premier aus den Boxen schallt, bei dem Joka und MoTrip tatkräftig mit anpacken, fällt sogar Rucksackträgern kurzzeitig die Kinnlade auf den Boden. Der Überraschungsmomente nicht genug, hinterlässt Silla zusammen mit Raf Camora sogar auf einem Ausflug in die Reggaewelt (»Stoß es ab«) einen überaus positiven Eindruck. Wer Vielfältigkeit um jeden Preis erzwingen will – oder auch mal den Versuch startet, auf einen Hypezug aufzuspringen – der landet natürlich auch schnell mal leicht abseits des Gleises. So gehören die Gehversuche im Bereich cluborientierter und traplastiger Musik (»Silluminati« & »Wem kannst du trauen«) unbedingt in die Schublade »Aus Fehlern lernt man«. Zwischen diesen neu entdeckten Seiten findet man aber zumeist den altbekannten Straßenrapper Silla, der Straßenrap-typisch mit dezenten Pop-Einflüssen über die Straße rappt. Das klingt nicht immer spannend, aber eigentlich immer gut. Mit »Audio Anabolika« findet Silla ein würdiges Ende für das Kapitel Maskulin und macht im Gesamten eine ähnlich gute Figur wie im Fitnessstudio.
Text: Dennis Jungfleisch