Marteria – Zum Glück in die Zukunft II // Review

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(FOUR Music/Sony)

Wertung: Sechs Kronen

Erstmal Klartext: Natürlich hätte »Zum Glück in die Zukunft« damals die sechs Kronen verdient gehabt, selbst wenn von heute aus betrachtet zwei, drei Songs nicht mehr ganz so knallen. Gleichzeitig lässt sich aber heute mit Sicherheit sagen: Auch bei »Zum Glück in die Zukunft« ist der zweite Teil wirklich der beste. Diese Platte ist so gut, dass sie spielerisch jedes Hindernis umschifft, das Klassiker-Nach­folgern häufig im Weg steht. Stattdessen setzt sie sogar in jeder Hinsicht noch einen drauf. Vor allem aber ist ­Marteria heute ein noch besserer Songwriter. Casper sucht die Wahrheit in großen Parolen und Aphorismen, Prinz Pi findet sie im Kleinen und Klaren. Marteria hingegen schreibt in seine Songs kleine, persönliche ­Geschichten, die häufig wirken wie Songtext gewordene Comics. Aller­dings nicht solche mit Superhelden, sondern welche, die von einem ganz normalen »Bernd«, also natürlich Marten selbst, handeln. So erzählt dieser beispielsweise auf »Die Nacht ist mit mir« von einem ­Trinkenden. Der weiß um die Sinnlosigkeit seines Tuns, stürmt aber dennoch wieder und wieder an die Bar, bis das unvermeidbare, üble Erwachen ansteht. Eine alte Erkenntnis, die jedoch zuvor kaum so treffend wie hier verpackt wurde. »Jeder Schluck macht Glück, Glück, Glück« ist eine Zeile so witzig wie wahrhaftig. Der sirupige Beat schleppt sich langsam voran, sein Vibe erinnert an Outkast. Überhaupt: Bereits auf der Ohrwurm-Single »Kids (2 Finger an den Kopf)« wird in der Bridge die Hook-Melodie aus Andrés und Antwans »Player’s Ball« zitiert und allgemein erinnert auf »ZGIDZ 2« einiges frappierend an die großen Stärken des vielleicht großartigsten aller Rap-Duos. Jeder Song auf diesem Album ist so frei, Einflüsse von überall zuzulassen, trägt aber dennoch HipHop in jedem Chromosom und transportiert zudem etwas: ein Thema, eine zentrale Aussage. »Und dann kommt Louis« schafft es, die Gemütslage eines werdenden Vaters fühlbar zu machen. »Eintagsliebe« ist nicht nur ein wunderschönes Wort, sondern auch eine treffende Typ-Beschreibung des sprunghaften Liebhabers und »Welt der Wunder«, sowie »Mein Rostock« funktionieren als toll-kitschige Liebeserklärungen an die Welt respektive die eigene Stadt fantastisch. Und damit ist noch nicht mal ansatzweise erfasst, was man an perfekt sitzenden Beats, witzigen Marsi-Adlibs, schönen Zeilen und klugen, einfachen Gedanken (immer noch die besten!) auf diesem Album finden kann. Große Popmusik beobachtet hervorragend, wird aber häufig von im Grunde unzufriedenen Melancholikern geschrieben. Marteria hingegen, so scheint es, hat seinen Weg zum Glück gefunden. Und deswegen kann man dieses Album nur lieben.

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