»Wir wollten zeigen: HipHop ist Jazz« // Beat Wars mit Raphael Saadiq

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Raphael Saadiq ist eine Legende im Schatten. Seit 30 Jahren spielt der Produzent, Songschreiber und Multiinstrumentalist auf Releases von A Tribe Called Quest bis zu Solange Knowles Melodien ein, die sich immer gleichermaßen vor der Historie schwarzer Musiker und der Popkultur verneigt haben. Als Teil der Soulquarians um The Roots, D’Angelo und Erykah Badu prägte er maßgeblich den urbanen Sound zwischen Neo-Soul und Rap Ende der Neunziger. Freitag erschien sein fünftes Soloalbum »Jimmy Lee«, auf dem er u.a. mit Kendrick Lamar gearbeitet hat. Mit uns schaut der 43-jährige Oaklander auf seine Diskografie als Produzent zurück.

Erykah Badu feat. Common – Love Of My Life (an Ode to Hip Hop) (2002)


Der Song hat vielen gezeigt, dass HipHop nicht gelöst von anderen Genres betrachtet werden kann. Erykah singt, aber ist trotzdem durch und durch HipHop. Das haben damals nicht so viele auf diese Weise gemacht. Wir wollten zeigen: HipHop ist Jazz, HipHop ist R’n’B, HipHop ist einfach schwarze Musik – alles gehört zusammen. Deswegen haben wir auch einen Chopped & Screwed-Part eingebaut, um die Einflüsse des Südens zu repräsentieren, was damals ja noch nicht so populär war. Da kannst du auch eine Verbindung zu heute ziehen – auch was Drogen angeht. Menschen versuchen ja immer, ihr Bewusstsein zu erweitern, aber blenden die Langzeitfolgen aus. Gerade im HipHop-Kontext hat das viel mit der Neugier zu tun, wie es sich anfühlt, worüber in Songs gesprochen wird. Das siegt oft über die Vernunft. Irgendwann sollte man allerdings erkennen, dass Drogenkonsum nicht der richtige Weg sein kann.

The Roots – What They Do (1996)


Der komplette Track war eine Idee von mir. Die Bassline, die Gitarre, die Akkorde – das Gerüst hatte ich damals mit ins Studio gebracht, und die Roots haben es genau so umgesetzt. Black Thought ist so ein begnadeter MC und Questlove ein Wahnsinnsproduzent, was gerne vergessen wird. Er hat den Song am Ende zusammengeführt. Ich glaube, ich habe in dieser Session auch das erste Mal Spanky angeschleppt, der hier den Gitarre spielt. Er wurde später auch Teil von Soulquarians. Uns ging es darum, eine eigene Note zu haben und uns vom Rest abzuheben. Die Roots waren immer innovativ und haben neue Sachen ausprobiert. Heute interessieren sich Labels nicht mehr für so was. Du wirst für einen bestimmten Sound gesignt, und das wird dann so lange wie möglich ausgeschlachtet. Ich will das gar nicht verurteilen: Trap verkauft sich, Mumble Rap verkauft sich und HipHop ist das meistgehörte Genre heutzutage. Aber wir wollten damals etwas anderes machen.

A Tribe Called Quest – Midnight (1993)


Viele wissen nicht, dass ich die Bassline hier eingespielt habe. Ich glaube, das war in den Battery Studios. Das war ein Netzwerk damals, wo ich viele Freundschaften geschlossen habe. Es ist wichtig, immer open-minded zu bleiben, wenn es ums Musikmachen geht. Ich sehe mich in erster Linie als Musiker, nicht nur als »HipHop«-Bassist. Trotzdem kann ich kann mich glücklich schätzen, auf so einem Klassiker­album gelandet zu sein. Ich sehe Shaheed heute noch fast täglich, weil er ein Studio in meinem Haus hat. ATCQ sind Freunde. Rest in peace, Phife!

Solange – Cranes In The Sky (2016)


Mein Lieblingssong auf Solanges Album. Ich mag das Zusammenspiel aus dem Beat, wie der Bass flippt, die Horns sich einfügen und Solange das alles mit ihrer Performance trägt. Der Song unterscheidet sich etwas vom Rest des Albums. Die Zeit, als wir »A Seat At The Table« gemacht haben, ist mir aber allgemein als sehr intensiv in Erinnerung geblieben. Wenn du zusammen Musik machst, entsteht immer eine spezielle Verbindung, ganz automatisch durch die gemeinsame Zeit im Studio. Umso schöner ist es, wenn diese Verbindung von Erfolg gekrönt ist.

Foto: Aaron Rapoport

Dieses Interview erschien in JUICE #194. Aktuelle und ältere Ausgaben könnt ihr versandkostenfrei im Onlineshop bestellen.

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