»Rap Unit«: Wie die New Yorker Polizei in die HipHop-Szene eingreift // News

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Rapper und die Polizei haben alleine schon historisch ein schwieriges Verhältnis. In der Liste der 25 besten HipHop-Tracks aller Zeiten, die von der BBC kuratiert und von Journalisten aus mehreren Ländern gewählt wurde, haben es NWA mit »Fuck Tha Police« von 1988 nicht ohne Grund auf den 18. Platz geschafft. Auch heutzutage ist Polizeigewalt gegen People of Color in den USA ein bestehendes Problem, das in etlichen Raptexten angesprochen wird.

In New York zeigt sich jetzt ein Konflikt, der nicht direkt in Zusammenhang mit Polizeigewalt steht. Stattdessen nimmt die Polizei vermehrt Einfluss auf HipHop-Veranstaltungen in der Stadt und sorgt damit für Ärger bei Künstlern und Veranstaltern. Am 12. und 13. Oktober fand das Rolling Loud Festival im Stadtbezirk Queens in New York statt. Es ist das erste Mal, dass das Festival in New York veranstaltet wurde, gegründet wurde es in Miami, weitere Ausgaben finden in Kalifornien statt. Das Rolling Loud ist eines der größten HipHop-Festivals des Landes, in New York standen unter anderem Travis Scott, der Wu-Tang Clan, A$AP Rocky, Lil Uzi Vert und Pusha T auf dem Line-Up. Kurz bevor das Festival startete, wurden allerdings auch fünf Artists aus dem Ablauf gestrichen. Betroffen waren 22Gz, Casanova, Pop Smoke, Sheff G und Don Q – allesamt Rapper aus New York. Grund für die Absage war ein Brief des New York City Police Departement (NYPD) an die Veranstalter des Rolling Loud Festivals, der dem Fader vorliegt. In dem Schreiben vom 9. Oktober fordert die Polizei, dass die fünf New Yorker aus Gründen der öffentlichen Sicherheit nicht auf dem Festival auftreten sollen. Sie begründet dies damit, dass alle Rapper in Verbindung mit gewalttätigen Handlungen stünden, die in der letzten Zeit im Raum New York begangen wurden. Aus Sicht der Polizei erhöhe dies die Gefahr, dass es auch auf dem Festival zu Gewalt komme.

Die Veranstalter nahmen die Rapper daraufhin aus dem Programm. Das gefiel einigen Fans nicht, die sich unter anderem auf Twitter kritisch zu der Entscheidung äußerten. Rolling-Loud-Mitbegründer Tariq Cherif meldete sich daraufhin und erklärte, dass er versucht habe, die Polizei davon zu überzeugen, die Rapper trotzdem auftreten zu lassen. Er schreibt weiterhin, dass hinter den Kulissen mehr passiert sei, als nur der Brief, der der Öffentlichkeit bekannt ist. Wenn das Festival noch einmal in New York stattfinden soll, hätten sie keine andere Möglichkeit gehabt, als zu kooperieren. Rapper Casanova meldete sich bei Instagram zu Wort und zeigte sich erstaunt darüber, dass er als eine potentielle Quelle für Gefahr ausgemacht wurde. Seine letzte strafrechtliche Verurteilung reiche zurück bis ins Jahr 2007, er habe sich damit auseinandergesetzt und würde nun für seine Vergangenheit stigmatisiert werden.

Abgesehen davon, dass die fünf New Yorker Rapper bei weitem nicht die einzigen Künstler des Festivals sind, die sich in der Vergangenheit vor Gericht verantworten mussten, wirkt das Vorgehen der New Yorker Polizei auf viele sehr willkürlich. Auch, weil es nicht erste Mal ist, dass die New Yorker Polizei gegen Rapper vorgeht.

Schießbefehl auf 50 Cent? Die »Rap Unit« des NYPD

Anfang des Jahres machte ein Bericht die Runde, bei dem ein New Yorker Polizist im Fokus stand. Dieser hatte anscheinend bei einer internen Besprechung mit anderen Polizisten gesagt, dass sie auf den Rapper 50 Cent schießen sollten, wenn sie Sichtkontakt zu ihm hätten. Grund für die Besprechung war ein Boxkampf in der Bronx, bei dem 50 Cents Anwesenheit erwartet wurde. Vorher hatte sich der fragliche Polizist bereits auf Instagram mit dem Rapper angelegt.

Noch systematischer mischt sich allerdings die sogenannte »Rap Unit« der NYPD in die lokale HipHop-Szene ein. Die Einheit mit dem offiziellen Titel »Enterprise Operations Unit« erstellt wöchentlich einen Bericht, in dem HipHop-Konzerte in New York aufgelistet und danach bewertet werden, wie hoch das Risiko für Gewalt und Verbrechen bei den jeweiligen Gigs ist. Dabei nehmen die Polizisten offenbar auch bekannte Künstler in den Blick und beobachten ihre Aktivitäten, selbst wenn aktuell nicht gegen sie ermittelt wird. So wurde bei einem Konzert von Terror-Squad-Lady Remy Ma offenbar ein Undercover-Polizist in das Irving Plaza eingeschleust, um das Publikum im Auge zu behalten. Remy beschrieb die sogenannte »HipHop-Polizei« als eine »schattenhafte […] Einheit, die übermäßig aggressive Ermittlungen durchführt«. Einem Bericht der New York Post zufolge, werden bestimmte Locations und Veranstalter, die in der Vergangenheit mit Straftaten in Verbindung standen, regelmäßig bewertet und je nachdem, welche Künstler dort erwartet werden, Maßnahmen zur Gewaltprävention ergriffen.

Das Eingreifen der Polizei ist nicht unbegründet. Erst 2016 fand im Irving Plaza im Rahmen eines T.I.-Konzerts eine Schießerei im VIP-Bereich statt, bei dem der Bodyguard des Rappers Troy Ave, Ronald McPhatter, starb. Troy Ave war selbst in die Schießerei verwickelt und wurde nach dem Vorfall angeklagt. Im Zuge der Aufarbeitung hatte sich ein NYPD-Beamter gegenüber einer Radiostation kritisch zu Raptexten geäußert und sie als hauptverantwortlich für die gewalttätigen Auseinandersetzungen eingestuft. Eine veraltete Sichtweise, die ähnlich kurz greift, wie die Argumentation, dass Videospiele Amokläufer hervorbringen. Die Aussage zeigt exemplarisch, wie schwierig das Verhältnis der »Rap Unit«, die bereits in den späten 90ern gegründet wurde, und den schwarzen Communities in New York zu sein scheint. Immer wieder wird der polizeilichen Arbeitsgruppe vorgeworfen, dass Investigationen unter voreingenommenen Perspektiven stattfinden, die insbesondere People of Color in den Fokus rücken.

Auch das aktuelle Eingreifen der Polizei beim Rolling Loud scheint bereits seine Nachwirkungen zu zeigen. Ein Konzert von Pop Smoke, das im Februar 2020 in der Sony Hall in New York stattfinden soll, ist auf der Website der Location aktuell mit dem Hinweis »verschoben« deklariert. Ein angekündigtes Konzert des Rappers Casanova, das am 4. Dezember im S.O.B.S in New York stattfinden soll, ist im dortigen Kalender nicht zu finden. Der Ticketshop, der bei der zugehörigen Facebookveranstaltung verlinkt ist, markiert den Gig ebenfalls als »verschoben«. Ob dies in direktem Zusammenhang mit dem Eingreifen der Polizei beim Rolling Loud Festival steht, ist nicht eindeutig. Das New Yorker Magazin Complex gibt allerdings unter Berufung auf Quellen an, dass die Locations auf das Klima reagieren, was die Intervention der Polizei erzeugt hat. Für die betroffenen Rapper bedeutet dies, erschwerte Bedingungen bei Umsetzung ihrer Konzerte in ihrer Heimat – aufgrund ihrer nicht immer glanzvollen Vergangenheit?

1 Kommentar

  1. Is irgendwo ein krasser Zustand das auf der eine Seite die Aggressionen Öffentlich (in Videos, mit Texten und aktiv auf der Straße) die Polizei dazu bringt eine jetzt große und bekannte Rap Szene derart anzugehen (auch teils mit Recht) aber auf der anderen Seite der Rapper sich dann wundert warum sein Land sich nicht locker machen kann und will, weil Sie doch nicht so Frei sind wie sie gerne währen. American Dream

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