OG Keemo – Skalp // EP der Ausgabe

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(Chimperator)

Die Rap-Bubble und Chimperator steckten ihm zwar schon vor knapp zwei Jahren das Rookie-Abzeichen an die Brust, trotzdem ist der Name OG Keemo erst jetzt auch außerhalb des Szene-Buschfunks zu vernehmen. Es war gewissen Trends und dem aus der Bahn geratenen Selbstverständnis von Deutschrap geschuldet, dass zu dieser Zeit kein Platz war für den hochentwickelten Rap-Entwurf von Keemo, der sich schon auf seiner Debüt-EP »Neptun« anhörte wie der Mutualismus zwischen der OG-Attitüde von Freddie Gibbs und dem lyrischen Witz des frühen Eminems. Forward Ende Zwoachtzehn: Deutschrap ist satt. Und »Skalp« kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Ein wortgewaltiges Statement, gepresst auf neun Songs, auf denen verdammt viel passiert. Schon nach dem Opener »Vorwort« sind alle Hüllen gefallen. Es ist fast schockierend, wie unaufgeregt Kee-Mo-Sa-Beh in Inhalt, Delivery und Sound zwischen den Extremen balanciert. Er zeigt sich im einen Moment angriffslustig (»Dicka, glaub mir, kaum ist der Mulatto angetroffen/Ist der Schampus schneller angebrochen als dein Wangenknochen«), nur um wenige Zeilen später den Tod seiner Mutter zu adressieren (»Was nimmst du einem Sohn, der keine Mom mehr hat?/Unterschrieb den Vertrag ’nen Tag nachdem ich sie begraben hab’/Der Start meiner Karriere hat auf ewig einen Nachgeschmack«). Mit nahbarer Thug-Mentalität verbindet der Mannheimer Hüne Authentizität, Härte und eine allumgreifende Coolness und verpackt das in fesselnde Geschichten. Das ist Sound für spärlich beleuchtete Bushaltestellen und Kellertreppen, düster und wie ein Schlag mit dem nassem Handtuch, der einen von der Couch holt – mit Reimketten, die nie enden wollen und einen doch vom ersten bis zum letzten Wort im Schwitzkasten haben. Die Beats von Keemos kongenialem Partner Funkvater Frank sind überall und nirgendwo und lassen sich kaum definieren. Knarzende Sinister-Basslines und zitternde Hi-Hats – das ist mit Sicherheit kein Boombap, genau so wenig ist es Trap. In diesem eigenen Kosmos sind Keemo und Frank Deutschraps schlüssigste Zusammenkunft seit Trettmann und KitschKrieg. »Skalp« ist die dringend benötigte Antithese zum Einheitsmüll an der Oberfläche. Während es sich Deutschrap gut gehen lässt, rappt dieser Typ so, als hätte er nichts zu verlieren. Dieser Typ ist »25, doch bereits ein Veteran«. Dieser Typ macht Deutschrap wieder groß.

Text: Juri Andresen


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